Die Wirtschaft wieder ankurbeln. Das ist das zentrale Anliegen der Regierungen trotz Corona-Epidemie. Die ist nicht vorbei, hat aber einen anderen Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung erfahren. Menschenleben gegen Wohlstand. Die Abwägung geschieht klammheimlich, denn mit der Wirtschaft geht es bergab und wenn der Markt nicht mehr funktioniert, hat der Staat auch keine Einnahmen. Steuern sind indes wichtig, um die ungeheuren Schulden zu bezahlen, die sich in Europa und jeder anderen europäischen Nation auftürmen.
Da die Märkte global angelegt sind, beschränkt sich die Verschuldung nicht auf Europa, sondern hat globale Aspekte. Wer soll die Wirtschaft wieder in Schwung bringen? Unsere Regierung gibt die Antwort: der Konsument. Deshalb wird zumindest vorübergehend die Umsatzsteuer gesenkt und werden und wurden Geldgeschenke verteilt. Die Aufforderung ist unmissverständlich. Der Konsument soll alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einschließlich Reserven nutzen, um auf den Markt zu gehen und zu kaufen und die Käufe zu feiern. Dies natürlich vorzugsweise nicht im Ausland, sondern im Heimatland.
Das ist nicht der Ruck, sondern der „Wumms“, der durch Deutschland gehen soll. Der Konsument ist gefragt, die Shopping Malls sind rund um die Uhr wieder geöffnet. Der strategische Nutzen für die Wirtschaft, wie wir sie bisher kannten, ist nachvollziehbar. Die Frage ist allerdings, ob dies so weitergehen kann und soll.
Erlaubt uns Corona nicht vielleicht die Möglichkeit, wieder grundsätzlicher nachzudenken? Hat denn Menschen das Shoppen, der ständige Konsumismus attraktiver und glücklicher gemacht? Ich glaube nicht. Über die Vorsorge, die Bedürfnisse und die Notwendigkeiten hinaus zu konsumieren, schafft einen Warenreichtum, der nicht nur die Umwelt belastet, sondern auch keinerlei Befriedigung verschafft. Durch den Konsumismus werden die Menschen in ein Anspruchsverhalten gelockt, dass wie eine Droge ihnen abverlangt, dieses Anspruchsverhalten nie wieder aufzugeben.
Ansprüche machen indes nicht nur einsam, sondern verstärken die Ich-Sucht. Wenn Anspruch auf Anspruch folgt und dies auch staatlich befürwortet wird, dann ist es naheliegend, dass jeder, ob reich oder arm, und zwar jeder auf seinem Niveau den Eindruck hat, er sei zu kurz gekommen, seine Ansprüche seien nicht hinreichend bedacht und befriedigt. Die Folge von Konsumismus ist Egozentrik, die unnachgiebig auf das eigene Wohl bedacht ist, das allerdings aufgrund des permanenten Anspruchsverhaltens niemals befriedigt werden kann.
Wenn wir in Corona-Zeiten etwas lernen dürften, dann Aussagen, wie das Handeln des Staates, der Gesellschaft, der Wirtschaft und unser eigenes Verhalten zu hinterfragen sei. Wir sollten anfangen, uns auf unsere wirklichen Bedürfnisse zu beschränken und dadurch zu einer Entlastung der Gesellschaft von Überflüssigem beizutragen. Dann würde ein Ruck durch Deutschland gehen, der uns hellsichtiger und reicher machen würde.
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski