Es ist sicher nicht nur Instagram zu verdanken, dass wir diese Welt vorwiegend bildhaft begreifen. Durch Selfies versichern wir uns und anderen, dass wir vorhanden sind, teilhaben am großen Weltspektakel. Nicht Texte, sondern Bilder fluten die Smartphones insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Die Pose ist Bildinhalt und muss den „Wischtest“ bestehen. Die Interaktion zwischen Bild und Betrachter ist entscheidend für die Beständigkeit im Konsum des bildhaft Dargestellten.
Auf der Konsumentenebene beanspruchen Bilder aber keine Ewigkeit. Sie vermitteln vielmehr zeitlich und örtlich Zustände, die mit jeder neuen Aufnahme wieder zur Disposition gestellt werden können. Die durch das Bild vermittelten Eindrücke sind niemals wahr, denn sie berücksichtigen keine Umstände, die außerhalb des Bildausschnittes liegen.
Woher wissen wir aber, dass selbst das, was wir vordergründig als Abbildung der Wirklichkeit begreifen, in Wahrheit nicht nur ein durch Manipulationen erzeugter Bildeindruck ist?
Das Bild ist eine Fiktion der Wirklichkeit, hat aber die Kraft, uns täglich nicht nur bei der optischen Wahrnehmung, sondern auch in unserem Handeln zu beeinflussen, selbst gar zu bestimmen. Zu dem Abbild einer konkret behaupteten Wirklichkeit, gesellt sich aber auch das Bild, dass zwar niemals behauptet, die Wirklichkeit zu kopieren, aber in seiner Ausdrucksstärke geeignet sein kann, uns einen Aspekt der Wirklichkeit aufzuzeigen, der unsererseits zwar mit Augen aufgenommen, aber nicht visuell verarbeitet werden kann.
Diese Bilder erzeugen Geschichten, die uns dabei unterstützen können, die Wirklichkeit zu begreifen und uns Möglichkeiten eröffnen, mehr zu erkennen, als ein Abbild dies jemals vermag.
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski