Archiv des Autors: Sabine Büttner

Buss words

„Buss words“ sind Klingelworte. Sie sollen uns erreichen, neugierig machen, Emotionen wecken und aufstacheln. Typische Klingelworte sind „Nudging“, „Achtsamkeit“ und „Nachhaltigkeit“. Das ist nur eine geringe Auswahl derjenigen Worte, die im öffentlichen Raum summen und brummen, Betroffenheit oder Aufmerksam wecken.

Diejenigen, die Klingelworte nutzen, sind die Meister, die sie virtuos nutzen, Gesellen und Lehrlinge sind in der Mehrzahl die Ahnungslosen, die noch Auszubildenden. Alle verbindet der meditative Raum des Wichtigen, des Notwendigen und der Möglichkeit. Klingelworte sind Kontrastworte, zeigen angeblich den Kontrast zur Dummheit und zur Bildungsferne.

Auf mich wirken Klingelworte allerdings überheblich, abgedroschen und selbstbespiegelnd. Meist werden diese Worte ihrer ursprünglichen Bedeutung entkleidet, schaffen wohlfeile Argumentationsreibungen ohne Inhalt und verlieren sich im Ungefähren. Sie entsprechen zudem einer Erwartungshaltung, die nicht der Meister des Worts an sich selbst richtet, sondern an die Anderen, die Lehrlinge, oft vielfach sekundiert durch die Gesellen.

Statt ständig die Selbstbetrachtung zu feiern und dies mit Klingelworten aufzuhübschen, sollten die Meister in die Welt gehen, sich einlassen auf das Wissen, das Empfinden und die Leistungsbereitschaft anderer Menschen. Eine echte menschliche Rückbezüglichkeit, die lösungsorientiert ist, kann auf Klingelworte verzichten.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Fremdes

Unser Leben besteht aus Selbstversicherungen. Wir gestatten uns, auf Wagnisse nur kontrolliert einzugehen oder im Spiel, weil es da nichts kostet. Bei allen anderen möglichen Wagnissen in unserem Leben rechnen wir das Risiko mit dem Gewinn auf, und zwar auch dann, wenn dieser sich letztlich nicht einstellen sollte.

„Wer wagt, gewinnt“, so heißt es zwar im Sprichwort, aber in Wirklichkeit ist uns das unbekannte Risiko nicht geheuer. Das ist zum einen genetisch bedingt, zum anderen fehlt uns die positive Erfahrung mit dem Fremden, dem Unbekannten, dem Wagnis. Dabei haben wir die ungewissen Möglichkeiten doch ständig im Blick, ob bei der Geburt oder dem ersten Baumausschlag im Frühling.

Diese Fremdheit anzunehmen, könnte sich bewähren. Sie kann auch methodisch gutgeheißen werden. Ganz anders verhält es sich allerdings mit Risiken, deren Wirkung wir nicht von vornherein abschätzen und kalkulieren können. Diese Fremdheit macht uns nicht nur Angst, sondern steht auch in Konkurrenz zu unserer Gewissheit. Das Fremde könnte uns herausfordern, uns überlegen sein. Deshalb sind wir gegenüber dem Fremden, selbst wenn es uns nützen könnte, eher kritisch und ablehnend.

Dabei ist es nur eine Frage der Anschauung und des Vertrauens, zu sehen, wie sich das Fremde entpuppt, ihm eine Chance zu geben und auf den eigenen Mehrwert bei der möglichen Bereicherung unseres Lebens zu hoffen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Mehrwert

Nicht nur zu Wahlkampfzeiten klingen Parolen wie: „Arbeit muss sich wieder lohnen!“ durch unsere Landen. Lohn ist in Geld geronnene Arbeit, das wusste nicht nur Karl Marx zu berichten. Das ist die tägliche Erfahrung aller, die für ihre Dienste entlohnt werden. Dabei geht es nicht nur um Arbeiter, sogenannte Werktätige, wie im Maschinenzeitalter, sondern um alle Menschen, die Leistungen für Andere erbringen.

Leistungen für Andere zu erbringen bedeutet aber auch, dass in der Regel mehr geschaffen als durch Entgelt kompensiert wird. Dieser Mehrwert täglicher Arbeit schafft Befriedigung und Reichtum bei denjenigen, die lohnfähige Beschäftigungen anbieten. Sie werden reich, manche derart über alle Maßen, dass ein Zusammenhang zwischen Ihrem eigenen Zutun und dem abgeschöpften Gewinn nicht mehr erkennbar ist.

Der Mehrwert aber, der Reichtum verschafft, steht dann merkwürdigerweise auf der Arbeitsebene nicht mehr zur Disposition. Er wird vielleicht verspielt, verzockt, durch Fehlinvestitionen verausgabt, aber ein Leistungsequivalent soll daraus nicht wieder entstehen. So ist es für mich erklärbar, dass gerade reiche Menschen enorme Schwierigkeiten damit haben, etwas von ihrem Reichtum abzugeben, wenn er ihnen nicht 1 : 1 wieder selbst wohltätig zur Verfügung steht.

Sie jammern über Einsamkeit, fehlende Zuwendung oder Pflege, aber dass sie selbst vielleicht die Ursache ihres eigenen Unvergnügens sind, das dämmert ihnen noch nicht einmal ansatzweise. Der Nimbus des Reichtums verschafft ihnen Gehör, verführt andere wenig begüterte Menschen, ihnen ihre Zeit zur Verfügung zu stellen, zuzuhören und Dienstleistungen zu verrichten. Dies alles in der vergeblichen Erwartung, für ihre Aufmerksamkeit, ihre Zuwendung oder Dienste entlohnt zu werden. Das ist aber nicht so. Dem System entspricht, dass ihnen zwar zuweilen Lob und Geschenke, Vertröstungen auf testamentarische Zuwendungen, Vermächtnisse etc. zuteilwerden, aber niemals tätige Zuwendungen und uneigennützige Hilfe seitens der Vermögenden.

Der Mehrwert zu deren Gunsten bleibt erhalten. Der Mehrwert bleibt selbst dann erhalten, wenn er die Grundlage eines Stiftungsgeschäfts schafft. Es ist dann der steuerliche Mehrwert bis hin zum gesellschaftlichen. Immer steht der Zeiger auf Kompensation, ggf. argumentativ auf „zurückgeben“, aber nie auf geben aus dem geschaffenen Mehrwert als private oder gesellschaftliche Vorleistung.

Dabei könnte die Geschichte vom „Hans im Glück“ auch die Reichen so zufrieden stellen, wenn sie begriffen, dass eine gebende Hand nicht nur Bewunderung hervorruft, sondern auch eine anspruchslose Bereitschaft anderer Menschen, dem Gebenden auch zu geben. So kann der geschaffene Mehrwert allen nutzen und nicht nur dem Vermögenden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Zeit

Wer hat schon Zeit? Mit Zeit lässt sich trefflich argumentieren. Zeit kann man rauben, verschwenden, nehmen, verlieren, gewinnen, stehlen und darüber verfügen. Manche behaupten, sie seien Herr ihrer Zeit, andere behaupten gerade das Gegenteil.

Dabei gibt es eine biologische Zeit und ein planetarische. Wir nennen Zeit auch das, was ganz unterschiedlichen Rhythmen folgt. Wir behaupten Jahreszeiten, Lebenszeiten, Arbeitszeiten und historische Zeiten.

Wir kategorisieren, um dadurch unser Leben verfügbar zu machen, weil wir glauben, dass wir ohne diese Orientierung die Herrschaft über unser Leben verlieren. Wir kategorisieren das Leben selbst in Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter. Wenn wir diese Denkweise aufbrechen würden, begriffen wir, dass es kein abgrenzbares Davor oder Danach gibt, sondern nur Metamorphosen derselben.

Es gibt keine Vor- und Frühgeschichte. Es gibt keine Gegenwart in eine sich davon absetzende Zukunft. Die Zeit ist ein Prozess von Möglichkeiten, der auf unseren Zugriff angewiesen ist, aber die Gestalt ändert, sobald wir ihn anhalten wollen. Die Zeit ist unendlich gedehnt und ist eingeschlossen in den kleinsten denkbaren Augenblick. Sie hat keine Bedeutungen in unserer Begrifflichkeit, sondern richtet sich nach unserer Wahrnehmung.

Wir alle kennen die langen Augenblicke der Langeweile oder des Erstaunens. Wir alle kennen die kurzen Augenblicke der Freude und des Glücks. Es liegt an uns, die Zeit als Gradmesser unserer Befindlichkeit zu verabschieden und immer das Komplexe zu sehen und zu empfinden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Vergebung

Kürzlich las ich in der „Zeit“ von einer Mutter, die dem Mörder ihres Sohnes vergibt. Weitere Beispiele der Vergebung werden in diesem Beitrag auch genannt. Vergebung? Was bedeutet das eigentlich und was ist damit gemeint?

Vergebung bedeutet sicher nicht Billigung einer Verletzung. Sie bedeutet aber, dass sich der Verletzte mit dieser Verletzungshandlung auseinandergesetzt hat. Er hat vergebend begriffen, dass jeder Mensch verletzlich ist und auch verletzend sein kann. Durch die Vergebung bekennt sich der Mensch zunächst einmal zu sich selbst und seinen eigenen Schwächen und Fehlern. In der Distanzierung vom eigenen Schmerz, Wut oder Enttäuschung erfährt der vergebende Mensch Perspektiven für seine eigene Heilung. Wenn ich vergebe, erfahre ich die Gnade von der Befreiung eigener Last. Eine Verletzungshandlung bedeutet nicht nur den Eingriff in fremde Wesenheit, sondern der Verletzte selbst kann der Verletzungshandlung nie wieder entgehen, es sei denn, er kann vergeben und verzeihen.

Leider hilft hier eine Wiedergutmachungshandlung des Verletzers oder gar eines Dritten, zumal in finanzieller Art und Weise kaum. Eine Verletzungshandlung ist nicht kompensierbar. Jede Opferhilfe lindert vielleicht graduell den Schmerz, dieser flammt gleich wieder auf, weil ein richtiger Ausgleich gar nicht stattfinden kann. Der Verletzte selbst muss die Initiative ergreifen und ausloten, ob er in der Lage ist, um seiner selbst willen dem Verletzer zu vergeben. Diese Souveränität zu nutzen, ist selbst dann sinnvoll, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Verletzer das Geschenk annehmen kann oder will.

Eine Vergebung darf sich auch nicht von der Billigung anderer Menschen oder Institutionen abhängig machen, denn eine Verletzung ist stets ein individuelles Erfahren und kein kollektives Erleben. Die Interessen sind vielschichtig, um die Vorstellungen anderer Menschen an die Stelle des eigenen Wollens zu setzen. Wer vergibt, gewinnt an Stärke. Er vergisst nicht, aber kann mit sich selbst wieder ins Reine kommen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Rosige Zukunft (Teil 2)

Was ist nun zu tun:

  • Einschränkung des Welthandels auf den notwendigen Warenbestand nicht im Sinne der Gewinnmaximierung, sondern des allseitigen Nutzens. Wir benötigen zum Beispiel kein Obst oder Gemüse aus Brasilien, weil wir alles in Europa haben.
  • Einschränkung des Individualverkehrs einschließlich der Flugbewegungen. Wer muss schon Urlaub auf den Cayman Islands machen, es sei denn, es geht ihm darum, Geld in diesem Steuerparadies zu verstecken.

Tourismus ohne konkretes Interesse am Zielort ist Verschwendung an Zeit, Natur und Lebenskraft. Kurzum, es ist bezogen auf den Lebenssinn belanglos, ob wir in den Urlaubsländern dieser Welt gewesen sind oder nicht.

  • Verbot der Verpackung von Obst und Gemüse, insbesondere in Folien jeder Art, generelle Berechnung jeglicher Verpackung zum Zwecke der Abschreckung.
  • Einschränkung des Energieverbrauchs durch Anbringung von Gerätschaften, die den Verbrauch steuern und minimieren sowie weitere Maßnahmen der positiven Energieumwandlung und Einsparung.
  • Anleitung zur Müllvermeidung und Bezuschussung vorbildlichen Verhaltens.
  • Tauschen bzw. Mehrfachnutzung von Gegenständen zur optimalen Auslastung zur Minderung des Verbrauchs und der damit verbundenen umweltrelevanten Kosten.

Geht das? Ja! Es ist auch erfahrungsgemäß gar nicht schwer, wenn man angefangen hat, sich einzuschränken, bei Handlungen zu reflektieren, ob sie sinnvoll sind, und/oder sich zu begnügen und neue Kooperationen des gemeinsamen Nutzens von Gegenständen etc. einzugehen. Wenn das Karussell einmal in Gang gesetzt wurde, macht es jedem Mitreisenden Spaß, selbst zu entde­cken, was alles geht und welche Freiheiten möglich sind: weniger Konsum ist mehr.

Alles, was wir auf diesem Planeten tun, ist von Menschen für Menschen. Es geht überhaupt nicht um kaufen und verkaufen, Geld scheffeln und dieses zu bewahren, nicht um Gewinnmaximierung zum Wohle der Dinge, sondern zum Wohle von Lebenskraft und Lebensfreude. Es geht die kurze Zeit unseres Lebens nicht um den ständigen Ballast von Gegenständen, sondern um Zuversicht und Glück.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Rosige Zukunft (Teil 1)

Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Das Lamento ist allenhalben groß. Kein Mensch kann es dem anderen noch recht machen. Dies schließt Politiker, Verkehrsteilnehmer und Nachbarn mit ein. Es gibt nichts, was bei uns nicht beklagenswert wäre. Ich kann es mir wohl ersparen, all dies aufzuzählen, weil ohnehin jeder Leser weiß, um was es geht und fast alle Menschen etwas zu beklagen haben. Wenn der beklagenswerte Gegenstand der Betrachtung nur weit genug weg ist, also den Klagenden eigentlich nicht berührt, klagt es sich am besten.

Das mag man Klagen auf hohem Niveau nennen. So weit würde ich allerdings nicht gehen. Ich halte das Niveau der meisten Klagen für eher bescheiden. Oft bringt schon eine einfache Frage, was der Klagende denn so beklage, ihn völlig aus dem Konzept: „Ja, weil ….!“ Die selbstverständlich nicht ausgesprochene Antwort ist, dass, wenn alle klagen, keiner am Rande stehen will.

Wenn nun der verständnisoffene Empfänger dieser Klage nach Abwägung aller Umstände meint, dass es doch noch nicht so schlimm sei, denn Ungerechtigkeiten, dumme Po­litiker, Volksverführer, Rassisten, Zerstörer und Migranten habe es schon immer gegeben und man habe doch zumindest in Europa schon erhebliche Fortschritte in der – zum Beispiel –Kriegsvermeidung gemacht, so folgt sofort ein: „ja, aber…“.

Wenn der Empfänger des Klagegesangs auch noch meint, dass wir in Deutschland vielleicht in einem der schönsten, erfolgreichsten und sichersten Plätze der Erde leben, dämmert allmählich das „Aber“ dahin und es folgt die Irritation des Klagenden, wenn der Empfänger der Klage den Spieß umdreht und selbst gedankenvoll auf die Probleme im Klimaschutz, Müllvermeidung und Bevölkerungswachstum hinweist.

Darüber ordentlich und nachhaltig zu klagen, fällt aber schwer, weil diese beklagenswerten Gegenstände komplex sind und sich einfachen Zuordnungen entziehen. Wir sollten eine Verständigung darüber finden, dass wir unsere ganze Hoffnung in unsere Kinder und Enkelkinder setzen, das bereits begonnene Werk der Verbesserung unserer Welt in allen wesentlichen Fragen fortzusetzen, wie dies trotz aller Rückschläge schon immer gewesen ist. In der Erwartung der fortschreitenden Verbesserung unseres Lebens haben wir unsere Kinder in die Welt gesetzt und beabsichtigt, ihnen Aufgaben anzuvertrauen oder etwa nicht?

Sollte es auch im Interesse unserer Kinder darum gehen, unseren Planeten zu erhalten, müssten wir allerdings drastische Maßnahmen ergreifen, obwohl wir uns davor fürchten, dies zu tun. „Es ist ja schon immer gut gegangen ist.“ Wir sind es nicht gewohnt, in größeren Zusammenhängen als den lokalen zu denken. Wenn Deiche brechen, schleppen wir Sandsäcke bis zur Erschöpfung, wenn allerdings sämtliche Deiche brechen und der Klimawandel unaufhaltsam ist, stehen wir im Norden Deutschlands permanent knietief im Wasser, und zwar auf Grundstücken, die wir nicht mehr die unseren nennen dürfen, sondern der Natur zurückgegeben haben werden. Das ist dann reichlich spät für grundsätzliche Überlegungen.

Wir sind dann mit der plötzlichen und permanenten Migration in höher gelegene Regionen, mit Verteilungskämpfen und Überlebensstrategien beschäftigt. Was folgt, ist mutmaßlich der Bürgerkrieg.

Können wir das noch verhindern? Ja! Gibt es einen anderen Weg? Nein!

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Dämon

Bei Geld hört die Freundschaft auf. So lautet eine gängige Volksweisheit. Was hat es damit auf sich, warum hat Geld ein so dämonisches Image? Möglicherweise hat es mit der Anonymität des Geldes zu tun, der fehlenden Realität einer konkreten Leistung, die dagegensteht und seiner Flüchtigkeit. Es heißt: Wer Geld hat, der hat auch Macht. Es wird aber auch gesagt, dass diejenigen, die Geld haben, vor allem auch viel Geld, trotzdem nicht sehr glücklich seien. Wie ist das zu erklären?

Ich glaube, dass im Gegensatz zu konkreten und auch ideellen Dingen die Substanzlosigkeit des Geldes die Verlustangst beim Menschen steigert, anstatt diese zu begrenzen. Geld steht in Konkurrenz zur Leistung. Meist wird die Leistung an sich weniger geschätzt, als das Geld, welches die Leistung kompensieren soll. Das ist paradox, weil das Vermögen eines Menschen eigentlich nicht Geld ausmacht, sondern seine Fähigkeit, etwas zu gestalten, zu denken, zu empfinden und uneigennützig zu geben.

Aber, was nichts koste, sei nichts wert, sagt der Volksmund. Also steht jede Leistung im Wettbewerb zum Geld und zieht dabei immer wieder den Kürzeren. Dabei ist es eigentlich leicht einzusehen, dass das Geld wertlos ist, wenn der Leistende nicht mehr bereit ist, sich unter Wert „zu verkaufen“.

Gelänge es uns, den Spieß einmal zu umzudrehen und den Geldverwaltern zu zeigen, dass sie für ihr Geld nur Leistungen bekommen, wenn sie sich darum bemühen, den Leistenden von sich zu überzeugen, dann käme eine Entwicklung in Gang, die Dämonen vertreibt und Leistende wie Geldbesitzer glücklicher macht.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

 

Beifang

Moderne Medien brüsten sich damit, dass sie Dank Digitalisierung und Algorithmen in der Lage seien, individuell auf die Wünsche der Konsumenten einzugehen. Dabei geht es in den Printmedien um die von den Kunden nachgefragten Informationen aus Politik, Wirtschaft, Kul­tur und Technik. Was Printmedien als verbraucherfreundliche Zukunft beschreiben, gilt natürlich auch für das interaktive Fernsehen und alle Projekte des Internets.

Der Kunde ist König. Er kann wählen und aus dem vielfältigen Angebot aussuchen, was er will, wenn er nicht selbst Ansprüche stellt und fordert, wonach ihm verlangt.  Das können Kriminal- oder Liebesfilme sein, Berichte über Intrigen, Folter, Vertreibung und Verschleppung oder auch Schnulzen, Traumfahrten und schöne Landschaften. Hass und Liebe, Wut und Sanftmut, alles liegt nur einen Knopfdruck voneinander entfernt.

Nach etwas Eingewöhnung weiß das digitale Medium selbst, was der Konsument beansprucht, sei es an Informationen, Waren oder Dienstleistungen. Eigentlich alles wunderbar, genauso, wie es vorgesehen ist. Wir hören, sehen und lesen, was wir wollen. Wo ist der Haken? Das Problem ist, dass wir selbst nur noch das aussuchen, was in unsere Welt passt, wobei allmählich die Algorithmen die Kontrolle übernehmen, weil sie gespeichert haben, was wir wollen. Schließlich befinden wir uns in einem medialen Kokon, der undurchdringlich für Informationen ist, die wir sonst beim Durchblättern einer Zeitung, beim Zappen durch Fernsehsender oder Radiohören noch nebenbei mitgenommen haben.

Es erreicht uns nur noch das, was zu unserem Gefallen individualisiert wurde. Mangels Spiegelung mit anderen Meinungen oder Eindrücken, müssen wir glauben, dass das, was uns erreicht, der Wahrheit entspricht. Wir sind verwundert, entrüstet und ggf. sogar aggressiv, wenn wir feststellen, dass unsere Wahrheit keine Allgemeinverbindlichkeit haben soll. Unsere Welt hat mit den Welten anderer Menschen nichts mehr zu tun. Fremde Räume bleiben uns verschlossen, auch im Vorübergehen erhaschen wir keinen Blick in diese Räume. Wir sind aber darauf angewiesen, dass unsere Räume sich wieder weiten.

Das wird dauern, erleben wir doch in den Vereinigten Staaten von Amerika gerade das Gegenteil. Ein Präsident, ein Fernsehsender, eine Anhängerschaft und eine Botschaft. Sie lautete: Ich.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

 

Gedankenwechsel

Meist mit Anglizismen wird in letzter Zeit ein Vorhaben beschrieben, das mit „Mind Change“ und dem Prozess des Changemanagements zu tun haben soll. Damit wird die Erwartung verbunden, dass dann, wenn überhaupt irgendein Wechsel vom bisherigen Denken weg vollzogen sein sollte, sich irgendwelche Probleme lösen ließen. Diese Probleme sind etwa: Klimaveränderungen, Verdichtung der Städte, Vertreibung und Flucht, Alterung der Gesellschaft und Überbevölkerung, um nur ein paar Felder zu nennen.

Dass es Probleme im Großen und Kleinen gibt, um die wir uns kümmern müssen, dürfte jedem klar sein. Das war schon immer so. Nicht ganz klar nachvollziehbar ist mir allerdings die Feststellung, dass die bisherigen Methoden des Denkens und Argumentierens keine Lösungen mehr bieten würden, vielmehr ein „Change of Mind“ erforderlich sei. Darunter mag man disruptive Prozesse verstehen, „Design Thinking“ und was immer da noch angeboten wird.

Ich will das überhaupt nicht herabwürdigen, denn alles, was geeignet sein sollte, Probleme zu lösen, ist hoch willkommen. Aber ist es nicht so, dass wir schon immer ein Problem betrachten, dieses von allen Seiten her einhegen und unter unsere Möglichkeiten subsummieren, um es so zu lösen? Eine Art Relationstechnik, der sich die Lösung jeglichen Problems zu stellen hat. Der Bestandsaufnahme des Problems eröffnet sich die Vielfältigkeit der Betrachtungen aus unterschiedlichsten Perspektiven, die zum Denken in Sinnzusammenhängen veranlassen und durch Anreicherungen mit vielerlei Wissen Lösungen andeuten, die im wahrsten Sinne des Wortes überschlafen werden müssten. Problemlösung ist ein Prozess.

Problemlösung ist auf Zeit angelegt, weil unser Problembewusstsein selbst dann an diesem arbeitet, wenn wir uns dessen zumindest momentan gar nicht bewusst sind. Dies gilt individuell, wie auch kollektiv. Nicht auf hektisches „Mind Change“, sondern nur auf unsere Fähigkeiten, Probleme zu meistern, ist Verlass. Ist es uns gelungen, ein Problem gemeinsam zu erkennen, es in seiner Vielfältigkeit zu beschreiben und eine Lösung aufzuzeigen, steht der Beseitigung dieses Problems schon deshalb nichts mehr im Wege, weil wir nicht von der Beseitigung des Problems, sondern von dessen Erkennen her unseren Weg zur Lösung genommen haben.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski