Wohnstiften (Teil 2)

Schließlich ist es denkbar, auch Mieter steuerlich zu privilegieren, indem ein Teil der Miete als Spende qualifiziert wird. Dies gilt auch für Renovierungsarbeiten in der Wohnung oder sonstige Tätigkeit innerhalb der Wohngemeinschaft, für die dann jeweils Spendenbescheinigungen ausgestellt werden könnten. Dies schafft Mieterbindung und Verantwortung für das gemeinsame Projekt.

Die Entwicklung stiftungsorientierter Wohnformen ermöglicht auch die Differenzierung zwischen aufgefächerten spezifischen Anforderungen, wie zum Beispiel altersgerechtes Wohnen, gemeinschaftliches Wohnen und familienfreundliches Wohnen.

Dort, wo gemeinschaftliches Wohnen im Vordergrund steht, wäre zu bedenken, ob die von den einzelnen Mietern geleisteten finanziellen Beiträge nicht ebenfalls steuerlich privilegiert werden könnten mit der Maßgabe, dass bei Ausscheiden eines Mieters aus der Gemeinschaft oder Auflösung der Gemeinschaft ähnlich wie bei der gemeinnützigen GmbH der Anteil nicht zurückgezahlt, sondern einem satzungsgemäß definierten gemeinnützigen Zweck zugeführt wird. Dies könnte auch gegen die Gewährung eines Vorteils erfolgen, d. h. zum Beispiel die Erhaltung eines Anspruchs auf Pflegeeinsätze bei Gebrechlichkeit oder im Alter, Vergabe von Bildungsgutscheinen etc.

Schließlich erlaubt dieses Modell Investoren, sich steuerwirksam mit Spenden durch Zustiftungen zu beteiligen und auch als nicht unmittelbar Betroffene an der Umsetzung eines gesamtgesellschaftlichen Projekts mitzuwirken.

Kurz und knapp:

Stakeholder value first, share holder value second.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wohnstiften (Teil 1)

Wohnraum zu schaffen, zu unterhalten und anderen Menschen zu vermieten, stellt eine gemeinnützige Tätigkeit dar. Deshalb ist es naheliegend, dass Stifter entweder bereits bestehenden Wohnhäuser oder auch Grundstücke in eine Stiftung einbringen, um diese dann mit Mietshäusern zu bebauen. Stiftungen, wie auch andere gemeinnützige Einrichtungen können dafür eigene Wohnungsprojekte umsetzen, da sie nicht nur Renditeerwartungen verfolgen.

Abgesehen von bereits bestehenden steuerlichen Vorteilen für Stiftungen sollte auch der gesamte Erwerbs-, ggf. Bebauungs- und Unterhaltungsvorgang steuerliche privilegiert sein. Stiftungen ist es nicht verwehrt, einen Teil des in die Stiftung eingebrachten Vermögens zu verbrauchen und somit für die Erhaltung und den Ausbau eines Mietobjektes zu sorgen. Nicht nur bei einer Vermögenseinbringung von Mietgrundstücken in Stiftungen von Todes wegen, sondern auch generell bei der Leistung unter Lebenden, sollte eine umfassende Steuerbefreiung greifen. Bei der Einbringung kommunaler Wohngrundstücke in eine Stiftung stellen sich schon derzeit kaum steuerlichen Probleme. Stets aber sollte auch bei kommunalem Wohneigentum ein Stiftungsmodell gewählt werden, dass sich an einer Stiftung bürgerlichen Rechts orientiert und auf Dauer dafür sorgt, dass nicht das politische Interesse der Einflussnahme den Vorrang vor einer verantwortlichen Stiftungsführung hat.

Abgesehen von steuerlichen Privilegierungen auf Seiten des Stifters können dieser und auch etwaige Mitstifter Aufgaben in der Stiftung gegen eine entsprechende Vergütung übernehmen. Es ist sogar denkbar, den Stifter und seine Angehörigen aus den Stiftungserträgen zu begünstigen. Die Kontrolle des Stiftungsvorstands erfolgt durch einen satzungsgemäß eingerichteten Stiftungsrat, der gemeinsam mit dem Vorstand dafür sorgt, dass die für die Prüfung zuständige Stiftungsaufsicht und das zuständige Finanzamt für Körperschaften geeignete Prüfunterlagen erhalten. Stiftungen gewährleisten absolute Transparenz und können auch weitere Geldgeber veranlassen, als Zustifter, als Spender oder Darlehensgeber eigene steuerliche Vorteile zu verfolgen und Vermögen vernünftig anzulegen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethical and Philantropic Solutions (Teil 2)

Der Mehrwert menschlichen Handelns kann sich dabei anders ausdrücken, als nur in vorgegebenen Maßeinheiten und Kosten. Den Menschen als Kostenfaktor zu betrachten, widerspricht ebenso dem Grundgesetz, wie auch kapitalistisches Gebaren, das den Gemeinsinn unserer Gesellschaft außer Acht lässt. Zum Beispiel verpflichtet die Sozialbindung des Eigentums, an der Schaffung von Wohnraum mitzuwirken, Landschaftspflege zu betreiben und Infrastrukturmaßnahmen für Städte zu unterstützen. Wir alle sind gefragt. Es geht um die Anwendung und Umsetzung ethischer Grundsätze sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich, in der Familie, am Arbeitsplatz, in Unternehmungen und in der Politik. Wir haben alle schon als Kinder von unseren Eltern vernommen, was man zu tun habe und was man besser ließe. Manche Menschen halten sich später nicht mehr an diese Regeln, dabei ist ein integres Verhalten sehr erfolgreich. Warum ist das so? Wenn sich die Menschen daran orientieren, was richtig oder falsch ist, dabei anderen Menschen nicht schaden, sondern nutzen, überträgt sich diese Gewissheit auf unser gesamtes Denken, Handeln und Empfinden, und zwar bei allen unseren Vorhaben. Dabei können wir nicht nur Einigen, sondern Allen Vorbilder sein und dafür sorgen, dass wir wertorientiert leben. Lösungen für unsere Lebensprobleme finden sich unter dieser Prämisse in konkretem Handeln auf allen Gebieten, auch in den Mixbereichen der Realwirtschaft und Philanthropie, in Umwelt- und Klimaschutz und in der Digitalisierung.

Es stehen uns viele Möglichkeiten für die Umsetzung neuer Vorhaben zur Verfügung, sei es durch klassische Unternehmen als auch Genossenschaften und Stiftungen, durch neues kooperatives Handeln, als auch durch Anstiften und Wegführung.

Eine Gesellschaft, die sich in der Gemeinschaft wiederentdeckt hat, ist unanfälliger gegen die Zerstörung durch Macht und Rechthaberei, Populismus, mediale Verführung und Fake News. Autokratische Verhältnisse bleiben undenkbar.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethical and Philantropic Solutions (Teil 1)

Unser Grundgesetz manifestiert nicht nur den Abwehranspruch der Bürger gegenüber dem Staat, sondern die Selbstverpflichtung der Bürger, die Gebote des Grundgesetzes in der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik auch umzusetzen. Jeder Bürger ist dabei gefordert, sowohl solidarisch, als auch individuell.

Die Gesellschaft, die uns das Grundgesetz vorgibt, ist plural, im Kern achtsam und auf Ausgleich bedacht.

Narzissmus und Selbstsucht sind keine günstigen Merkmale einer Gemeinschaft. Dies genauso wenig wie Habgier und Anspruchsverhalten. Eine Gesellschaft, die die Gemeinschaft fokussiert, findet einfache Antworten auf die Probleme unserer Zeit. Es ist wichtig, der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik Denkanstöße zu bieten, und zwar auf bekannten und neuen Handlungsfeldern.

Eine besondere Bedeutung beansprucht dabei die Beschäftigungsmöglichkeit eines Menschen als grundgesetzlich verbürgtes Erhaltungsgebot der menschlichen Würde. Dabei steht das bisher fast ausschließlich kapitalistisch geprägte Beschäftigungsverhältnis auf dem Prüfstand. Dessen Ziel war es, unter Einsatz eigener Arbeitskraft vor allem Geld zu erringen, um dieses zur Deckung von Bedürfnissen einzusetzen. Der Wert der Arbeit drückte sich dabei fast ausschließlich in Geld aus. Ist das weiterhin zielführend und vernünftig? Menschliche Tätigkeit ist weder auf Belohnung noch Entlohnung angewiesen, sondern entspringt dem natürlichen Bedürfnis, etwas zu tun, sich einzubringen in die Gemeinschaft. Geld als Äquivalent für Arbeit ist nach wie vor sinnvoll, aber nicht als Macht- und Anspruchsinstrument. Das Maß des zu Leistenden muss das Bedürfnis eines Menschen sein, sein Leben in Würde zu begehen. Wenn wir dies bedenken, eröffnen sich weitere Betätigungsfelder auch in den Bereichen der „Sharing-Economy“, der Abfallvermeidung, der Ressourcenschonung, der Energie, der Pflege, der Bildung und des Lifestyles, um nur einige Gebiete zu benennen. Es geht dabei auch um die Schaffung einer modernen philanthropischen Industrie, die neue Beschäftigungsformen ermöglicht, Verantwortung von den Menschen einfordert, aber auch vermittelt, dass alles, was wir machen, von Menschen für Menschen gedacht ist.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wahlen

Wenn es richtig sein sollte, dass Emotionen Wahlentscheidungen maßgeblich bestimmen, dann ist zu vermuten, dass Donald Trump alles richtig gemacht hat. Übertragen auf die deutsche Parteiensituation bedeutet dies allerdings, dass die Sozialdemokratie auf unbestimmte Zeit hin erfolglos bleiben wird.

Diese Erfolglosigkeit hat sie bereits bei der letzten Wahl unter Beweis gestellt durch wohlmeinende programmatische Ankündigungen, umfassend und detailliert für ein selbstdefiniertes Klientel der Abgeordneten sorgen zu wollen. Damit hat sie genauso wenig gepunktet, wie zum Beispiel auch die CSU mit einem Ausländerverhinderungsprogramm.

Keine der großen Parteien schafft es, auf die Bürger mit einem Versprechen zuzugehen, dass diese emotional fesselt und Perspektiven einer verheißungsvolleren Zeit eröffnet. Statt Gerechtigkeit, Mindestlohn, Grenzschutz und Armutsbekämpfung warten die Menschen auf ein Zeichen des Aufbruchs in dieser Gesellschaft hin zu mehr ethischem Grundverständnis anstatt Nützlichkeitsdenken, hin zu gemeinsamen gesellschaftlichen Anstrengungen in Fragen des Umweltschutzes, der Bildung und der Pflege anstatt Delegation drängender Themen in langwierige bürokratische Entscheidungsprozesse.

Dabei ist nicht gefragt, dass Politiker großmundig Versprechungen abgeben, sondern nüchtern und in klarem Fokus auf das Gelingen eines Vorhabens Geschichten erzählt werden. Politiker müssen entschieden, nicht ausdeutbar, prinzipienfest und unbequem, mit Realitätssinn ausgestattet sein. Sie müssen auch eine eindeutige ethische Gesinnung haben. Dann sind sie glaubwürdig und erfolgreich, und zwar selbst dann, wenn sie eine Wahl verlieren sollten. Es folgt ja die nächste. Der Wähler spürt, wer ihm Orientierung gibt, auf wen er sich verlassen kann.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Erbe

Eine Erbschaft wird vor allem mit dem Tod eines Menschen und der Weitergabe seines wirtschaftlichen Vermögens in Verbindung gebracht. Historisch ist dies nicht begründbar. Vererbt werden die genetischen Eigenschaften und bestimmte Verhaltensauflagen. Deshalb ist es im historischen Kontext gesehen nicht verwunderlich, dass die Vererbung von Rechten und Vermögen, wie zum Beispiel dem Hof oder dem Unternehmen, auch mit Pflichten einhergeht, die gleichermaßen vererbt wurden.

Diese Pflichten bestanden zum Beispiel in der Erhaltung des Vermögens, aber auch in der Sorge für die Arbeiter und Angestellten und die Familie. Erbschaft war somit ein umfassendes Sicherungssystem und diente nur mit entsprechenden Auflagen der Weitergabe von Vermögen zu dessen Erhaltung und Mehrung. Und heute?

Auflagen spielen bei Erbschaften auch heute noch eine Rolle, aber oft nicht mehr vordringlich. Nur noch selten werden Höfe und betriebliche Erhaltungsverpflichtungen innerhalb der Familie weitergeben. Im Vordergrund stehen Aktien, Wertgegenstände und Geldmittel, die von Todes wegen verteilt werden sollen. Es ist dabei mehr der Überfluss, als die Notwendigkeit, der das Handeln bestimmt. Wem gebe ich was und warum? Diese Fragen stellen sich viele Erblasser, ohne sie hinreichend begründen zu können.

Mit dem weitgehenden Verlust des Erhaltungsgebots geht das zunehmen fehlende Bedürfnis einer Erbengeneration einher. Sicher, ein vererbtes Vermögen wird nicht verschmäht, aber es verpflichtet in der Regel zu nichts und folgt meist anderen Regeln, als das früher der Fall war. Das Verhalten der Erben ist nicht auf Vermögenserhalt und die sinnvolle Nutzung auch im Sinne des Erblassers gerichtet, sondern Nachlässe werden zur Stillung eigener Bedürfnisse eingesetzt.

Dabei spielen die stets als ungerecht empfundene Erbschaftsteuer, Verschonungsbeiträge und Prüfung der Zuwendungen unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten eine viel ausschlaggebendere Rolle als die Sinnhaftigkeit der Erbschaft an sich. Umsichtige Erblasser fangen an, dieses Missverhältnis zu begreifen und versuchen, auch post mortem dem Nachlass einen bleibenden Sinn zu verleihen.

Dies geschieht durch die Einrichtung und Unterhaltung gemeinnütziger Einrichtungen, zum Beispiel Stiftungen, die nicht nur Vermögen erhalten, sondern auch dem ursprünglichen Ideal der Erbschaft entsprechend, das heißt der Erblasser selbst verpflichtet sich, kommenden Generationen eine Grundlage für das weitere Fortkommen zu schaffen, und zwar materiell als auch ideell.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

SGB II

Feierlich verkünden Politiker bei Gelegenheit, dass die Würde des Menschen unantastbar sei. Dies ist sogar unter Artikel 1 unseres Grundgesetzes verbürgt, und zwar als ein direkter Anspruch gegenüber dem Staat. Der Staat hat unsere Würde zu achten und alles zu unterlassen, was dieses Grundrecht beeinträchtigt.

Was macht nun die Würde eines Menschen aus? Zum einen geht es um seine persönlichen Belange wie Schutz vor Gewalt, ungestörtem Leben unter Beachtung der Rechtsordnung und den Erhalt materieller Lebensgrundlagen als auch garantierter Respekt vor seiner Selbstbestimmung als Mensch.

Das scheint mir aber durch SGB II nicht gewährleistet zu sein. Alles ist dort reglementiert, von der Grundsicherung bis zu Verschonungsbeiträgen. Was einem Menschen einerseits gewährt wird, kann ihm unter Umständen woanders wieder abgezogen werden. Es geht dabei auch um einmalige Ausstattungszuwendungen und Abschläge. Die als Sozialfälle hiervon betroffenen Menschen wissen viel weniger von den Grundlagen all der im Sozialgesetzbuch festgeschriebenen Anordnungen als die in den Sozialämtern tätigen Angestellten des öffentlichen Dienstes.

Sie kennen aber deren Wirkung. Die Wirkung ist Entmündigung. Wie oft auch als Konsument, wird hier der bedürftige Mensch zum Gestaltungssubjekt mächtiger staatlicher Anonymität. Ist diese Form der Ausgeliefertheit gegenüber staatlicher Macht noch mit der Würde des Menschen vereinbar? Ich glaube nicht. Ich glaube, dass wir anfangen müssen, die Bedeutung des Menschen in unserer Gesellschaft völlig urteilsfrei neu zu erfassen und in einer sich ändernden Wirklichkeit zu erproben. Wir müssen dem Menschen zutrauen, für sich selbst verantwortlich zu sein, Anspruchsverhalten nicht als Maßstab zu begreifen. Er muss vielmehr selbstbewusst einschätzen, was er für sich selbst und andere leisten kann.

Gefordert ist die Familie, die Gemeinschaft und schließlich wir alle. Jeder Mensch hat ein Recht auf ein würdevolles Leben, materiell und ideell. Die Würde des Menschen erfordert, dass man ihm Wohnraum zur Verfügung stellt, Kindergärten und Schulen ausrüstet, damit sie dem Bildungsauftrag gerecht werden können. Er muss Gelegenheit zur Beschäftigung haben, für die es sich lohnt zu leben. Wir müssen heraus aus der Beliebigkeit, aus der Bevormundung und dem Versuch, mit materiellen Zuwendungen nach Gutsherrenart den Menschen gefügig zu halten.

SGB II gehört abgeschafft. Grundeinkommen allein ist auch keine Lösung. Wir benötigen ein gesamtgesellschaftliches Modell aus familiärer Verantwortung, gesellschaftlicher Sinn, Beschäftigung, Pflege und Bildung. Mit den alten kapitalistischen Ansätzen ist das nicht zu schaffen, wagen wir daher einen Blick in eine Zeit philanthropischer Lösungsmöglichkeiten.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Selbsterkenntnis

„Erkenne dich selbst.“ Dieses Zitat wird Chilon von Sparta zugeschrieben. Selbsterkenntnis? Wer bin ich, wer sind wir? Ich weiß es nicht, vielleicht aber meine geneigten Leser. Möglicherweise dadurch, dass sie mir dabei behilflich sind, durch die dialogische Praxis des Schreibens zumindest Aspekte meines Selbst zu erfahren. Schaffen sie Erkenntnis?

Meine Leser sind dann der Lackmustest, Katalysator oder Spiegel. Auch, wenn ich meine Leser nicht kenne, bin ich doch in deren Augen nach ihrer Beurteilung und in ihrem Empfinden der- oder diejenige Person. Ich bin selbst für mich aber eher unbekannt, ein Mensch aus Körper, Genen, Geist und Seele, von der Natur vorgegeben, von den Umständen geprägt, programmatisch auf dieses Leben eingerichtet. Die Umstände schaffen dann eine Eigenbewertung, die in der Gemeinschaft eine stete Anpassung erfordert, mich prägt und meine Fähigkeit, mich selbst zu täuschen, verstärkt und mich stets zwingt, Opportunitäten folgende neue Identitäten zu schaffen.

Dies geschieht durch andauernde Selbstbetrachtung und Einübung von Rollenklischees, und zwar mit einer derartigen Intensität, dass ich letztlich geneigt bin zu glauben, das eigene entworfene Ich sei für mich stimmig. Glauben das andere auch? Zu meiner Beruhigung und Enttäuschung bin ich selbst davon überzeugt, weil sie ihrerseits Kostüme schneidern, in die sie mich einzwängen, darauf beharren, das Kleid sei für mich stimmig, obwohl es aus den Nähten platzt, in allen Generationen-, Alters- und Geschlechterklischees.

Das Selbst wird vom Klischee bestimmt, die Selbsterkenntnis verweigert. Um aus den Klischees herauszufinden, benötigen wir die Erarbeitung einer ganzheitlichen wissenschaftlichen Erfahrung des Menschen, die weder selbstbehauptend, noch reaktiv ist, weder vorspiegelt noch eingrenzt sondern offen ist. Das Selbst ist facettenreich, komplex und einzigartig. Dies zu erfahren und zu erfassen, könnte uns dabei helfen, uns in Zeiten eines sich bereits am Horizont schemenhaft abbildenden Maschinenwesens, in Stellung zu bringen als uns selbst erkennende Menschen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethic Solutions (Teil 2)

Kein Bereich ist ausgenommen und kein Instrument ungeeignet, dafür einen menschlichen Mehrwert unter Einschränkung des Ressourcenverbrauchs zu schaffen. Wir begreifen, dass der Lebenssinn im Tätigsein an sich und nicht im Geld besteht. Macht ist eine Frage der Fähigkeit, mit vorhandenen Instrumenten Neues zu erproben und Erfolge in der Reduzierung von Verschwendungen zu erlangen. Die Konzentration auf das Wesentliche und der Pluralität ist ein Teil des ethischen Kanons.

Dass wir uns etwas vormachen, glaube ich nicht. Wir haben nur den Hebel noch nicht gefunden, um unsere Ansprüche in eine neue Richtung zu lenken. Revolutionen sind uns verdächtig und angepasst lebt es sich scheinbar bequemer. Aber nicht die Angst, sondern die Neugier führt zur Erprobung von Möglichkeiten, die uns dabei helfen können, auch unseren Kindern eine Welt zu öffnen, die ihnen Lust und Freude bei der Verwirklichung ihrer Bedürfnisse erlaubt.

So geht es um die Anwendungen und Umsetzungen ethischer Grundsätze im privaten und öffentlichen Bereich, in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft, in Unternehmen und der Politik. Wir alle haben schon als Kinder von den Eltern vernommen, was man zu tun habe und was man besser lässt. Diese Grundsätze müssen Auswirkungen auf unser integres Verhalten lebenslang haben und unsere Kinder ermutigen, diese Grundsätze ebenfalls zu beachten. Allein schon die Beachtung des Fremdnutzens vor Eigennutz, die Bereitschaft zu geben, anstatt immer nur zu fordern, kann ein Schlüssel zur philanthropischen Welt bieten, der Ressourcen schont, wahre Bedürfnisse erkennen lässt, Anmaßungen vermeidet und Verantwortung wahrnehmen lässt.

Es kommt nicht darauf an, ob alle gleich mitmachen, denn jeder kann Vorbild sein und desto mehr Vorbilder es gibt, desto mehr Nachahmer sind erwartbar. Dank Influencer und Enabler wächst die Schar derer, die den Planten für erhaltungswürdig erachten. Na dann mal los!

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethic Solutions (Teil 1)

Die Welt ist schön! Vor Jahrtausenden haben wir damit begonnen, sie nach unseren Bedürfnissen zu gestalten. Wir haben immer alles von Menschen für Menschen gemacht und dabei entsprechend unserer Bedürfnisse auch auf die Ressourcen dieser Welt zurückgegriffen. Bei der Übertreibung unserer Nutzungsmöglichkeiten haben wir viele Fehler gemacht. Wir haben großen Schaden angerichtet, aber vieles ist uns auch gelungen. Probleme, die im Anthropozän besonders sichtbar geworden sind, beruhen auf unserer Fähigkeit, Entwicklungen auf allen Gebieten voranzutreiben.

Das Ergebnis ist ein enormes Bevölkerungswachstum, aber auch weniger Seuchen und Krankheiten, eine enorme Energieausbeute mit allen bekannten Konsequenzen, aber auch weniger Hunger, mehr Arbeit und Beschäftigung, kurzum mehr Lebensperspektive. Wir müssen alles sehen. Auch die großen Fortschritte, obwohl sie stets eine Kehrseite aufweisen, die uns Angst macht und uns verzagen lässt: Überbevölkerung, Verseuchung der Meere, Abschmelzen der Pole, Klimawandel, Atomkraft, Digitalisierung und schließlich „artificial intelligence“. Wir dürfen uns aber von der Verantwortung nicht zurückziehen, sondern haben Grund zu handeln, nicht völlig anders, weil dies unserem Leben nicht entspricht, aber mit abweichenden Perspektiven als bisher.

Kein „anderes Wesen“ kann uns retten, sondern wir können selbst unsere Fähigkeiten nutzen, die wir bei der Ressourcenausbeutung erworben haben. Vor dem Handeln steht das Erkennen. Unsere Welt ist unternehmensbestimmt. Sie ist aufgrund der industriellen Revolution, wie wir sie nennen, auf den Warenverkehr ausgerichtet, der den Stakeholdern, aber auch den Destinatären nutzt. Die dadurch gewonnenen Erfahrungen im Kapitalismus sollten ausgedehnt werden auf einen bisher kaum erschlossenen Bereich, um auch dort Mehrwerte zu schaffen, die uns gesellschaftlich und persönlich voranbringen. Philanthropie steht da für ein ethisches Verhalten, das kapitalistische Befähigungen mit den Möglichkeiten verbindet, ideell und finanziell einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen und zu nutzen.

Dies kann in allen Bereichen geschehen und geschieht bereits jetzt schon in der Gesundheitsfürsorge, der Pflege, der Bildung, der Müllvermeidung, der Zweit- und Drittnutzung von Gegenständen, der Finanzierung, der Ernährung, der Energie und der Wohnungswirtschaft.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski