Schlagwort-Archive: Erwartungen und Hoffnungen

Schwarzmalerei

Malewitsch, sein schwarzes Quadrat! Es scheint aufnahmefähig zu sein für alle denkbaren Betrachtungen der Wirklichkeit. Wie dies? Was verbirgt das Schwarze, was drückt es aus? Was gab es vor dem Schwarz und was wird sein, wenn das Quadrat nicht mehr schwarz oder gegenwärtig ist?

Jedenfalls birgt das Quadrat ein Geheimnis und zeigt doch seine Offensichtlichkeit, typische Schwarzmalerei! Sie verschafft Aufmerksamkeit, bedient Vermutungen, Argwohn und Skepsis, erlaubt aber dennoch eine Entlastung des Betrachters: „Ich hab das doch immer schon so gesehen!“

Schwarzmalerei wirkt wissend, persönlich und kollektiv, verunsichert, stärkt Zweifel, spiegelt aber auch Erwartungen und Hoffnungen, dass sich hinter dem Schwarzen etwas Erhellendes verbergen möge. Schwarzmalerei ist „Magic“ und geeignet, alle sonstigen Wahrnehmungen so zu verschaffen, dass der Betrachter kaum in Erklärungsnot gerät, wenn er mehr sehen sollte, als da ist, Schwärze. Er ist entlastet, muss selten zugeben, dass er sich etwa geirrt habe. Die Schwarzmalerei entspricht der Sehnsucht nach Entlastung vom Irrtum, während leuchtende Farben Argwohn und Misstrauen erzeugen. Schwarz bleibt schwarz, aber bei Gold weiß doch jeder, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, überhaupt sind alle Farben verdächtig. Die Mischung machts. „Weiße Wäsche“ ist dabei eine Behauptung, die nach Hinterfragung oft Farbblindheit offenbart.

Schwarzmalerei und seinem weißen Pendant ist eigen, dass die Wirklichkeit keiner dieser Anspruchsformen entspricht.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski