Archiv für den Monat: April 2014

Der „Ruck“-Beitrag im philanthropischen Bereich

Deutschland  boomt  im  philanthropischen  Bereich.  Jährlich  werden  derzeit  ca.  1.000 Stiftungen neu gegründet. Insgesamt gibt es bis heute ca. 20.000 Stiftungen. Hiervon sind 13.000 staatlich anerkannte selbstständige Stiftungen des privaten Rechts und ca. 2.500 unselbstständige Stiftungen bzw. Treuhandstiftungen, deren Vermögen von anderen Stiftungen, gemeinnützigen Einrichtungen oder Privatleuten verwaltet wird. Der Rest sind staatliche und kirchliche Stiftungen. Stiftungen sind in der Regel gemeinnützig. Der Name Stiftung  ist  allerdings  nicht  geschützt,  sodass  auch  Vereine  und  Gesellschaften  den Hinweis  auf  eine  Stiftung  führen  können.  Die  ältesten  Stiftungen  sind  übrigens  1.000 Jahre  alt.  Stiftungen  sind  in  der  Regel  fördernd  tätig,  das  heißt  sie  geben  zur Durchführung von Projekten entsprechende Geldmittel an andere Einrichtungen oder sie sind operativ tätig, das heißt sie führen Projekte, die ihrem Satzungszweck entsprechen, selbst  durch.  Stiftungen  sind  oft  auch  Träger  von  Wirtschaftsunternehmen  wie  zum Beispiel  Bosch,  Bertelsmann  oder  Carl  Zeiss  oder  dienen  als  Familienstiftungen  dem Erhalt des Unternehmens oder einer Regelung der Unternehmensnachfolge.

Der Anreiz, Stiftungen zu gründen, entspringt meist dem Willen des Stifters, ein Anliegen, das er für wichtig erachtet, das ihm also nahe am Herzen ist, zu seinen Lebzeiten oder von Todes wegen dauerhaft zu verwirklichen. Steuerliche Anreize spielen dabei auch eine Rolle. Die steuerliche Entlastung kann beträchtlich sein und insbesondere im Bereich der Einkommensteuer   eine   Entlastung   von   20 %   bzw.  1  Mio.   Euro  vom  veranlagten Einkommen bedeuten. Selbst spätere Zuwendungen, welche Stiftungen erhalten, sind steuerlich absetzbar.

Zum einen entäußert sich eine Persönlichkeit mit der Gründung ihrer Stiftung eines Teils ihres Vermögens mit dem in der Satzung festgeschriebenen Stiftungszweck, etwas dauerhaft Bedeutsames zu schaffen, wie zum Beispiel im Bildungsbereich die Förderung des Schüleraustauschs oder im medizinischen Bereich die Behandlung seltener Erkrankungen. Oft sind es aber auch Persönlichkeiten, die sich in Gruppen- bzw. Bürgerstiftungen organisieren und oft auch mit wenig Geld gemeinsam etwas in ihrer Gemeinde bewirken wollen. Stiftungsinitiativen machen an Ländergrenzen nicht halt, sondern  deutsche Stiftungen  können  auch  europaweit  Stiftungsprojekte  in  anderen Ländern verwirklichen, ohne ihre Gemeinnützigkeit hiermit zu gefährden. Mit gewissen Einschränkungen gilt dies auch weltweit. Damit werden Stiftungen zu einer sehr interessanten  Organisationsform, wenn  es  gilt,  in  der  augenblicklich  herrschenden Finanzkrise eine vertrauensbildende Einrichtung zu finden, die Vorbildfunktionen erfüllen kann bei der Schaffung einer philanthropischen Gesellschaft, in der ideelle Ziele und wirtschaftlicher  Erfolg  zusammengeführt  werden.  Bei  ca.  20.000  Stiftungen  in Deutschland beläuft sich das gesamte Stiftungsvermögen auf ungefähr 120. Mrd. Euro, wovon das meiste Geld krisenfest angelegt ist und dem allgemeinen Pessimismus zum Trotz arbeitet, Erträge  abwirft,  hilft,  Projekte  umzusetzen,  und zur Stabilität im dritten Sektor beiträgt.

Deshalb empfinden wir die von uns gegründete staatlich anerkannte Ruck – Stiftung des Aufbruchs sozusagen als eine Klammer in dem Sinne, die Bestrebungen guter Unternehmensführung,   Corporate   Social   Responsibility  und  Prosperität  im  ideellen Bereich zusammenzubringen, um eine andere menschliche Perspektive aufzuzeigen als diejenige, die nur von Gewinnmaximierung geprägt ist.

Die Berliner Rede des früheren Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog, die sogenannte Berliner Adlon-Rede aus dem Jahre 1997 „Es muss ein Ruck durch Deutschland  gehen“   war unser   Signal,   diese   Gruppenstiftung   mehrerer  Stifter   zu entwickeln. Wir verstehen dies als Bekenntnis, durch Eigeninitiative zu zeigen, dass wir für uns selbst und andere Verantwortung übernehmen und uns nicht erschöpfen im Beschreiben  von Missständen, sondern  tatkräftig  an  ihrer  Beseitigung  arbeiten.  Die Stiftung,   die   im  Bildungs-,   Gesundheits-,   Beschäftigungs-  sowie  im  Kunst-   und Kulturbereich aktiv ist, will durch ihre Projekte und Projektideen aufzeigen, welche Spielräume die Bürgergesellschaft  hat, um in  Kooperation  mit  anderen  Stiftungen, Bürgern  und staatlichen  wie  nicht  staatlichen Einrichtungen  nachhaltig  wirksam  zu werden. Dabei pflegt die Stiftung keinerlei Projekt-Egoismus, sondern ist die Stiftung von allen für alle, geöffnet jeder Bereitschaft mitzumachen, sich einzubringen und daran mitzuwirken, dass die Ideale dieser Stiftung verwirklicht werden, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt.

Dabei steht im Vordergrund der integre Mensch oder die integre Einrichtung, die durch ihr Verhalten Vertrauen schafft, welches sowohl ideell als auch wirtschaftlich Erfolge bringt. In diesem Sinne zertifiziert die Stiftung eine derartige Verhaltensweise auch bei anderen Menschen und Einrichtungen, die gleiche oder ähnliche Ziele verfolgen und damit auch dem Zweck und den Zielen der Ruck – Stiftung des Aufbruchs entsprechen.

Im Bereich Bildung und Wissenschaft fördert die Stiftung grenzüberschreitendes Denken und den Austausch von Ideen, Visionen und Erfahrungen. In der Erkenntnis einer ganzheitlichen Bildungsaufgabe unterstützt sie die Erschließung von Bildungsressourcen, erweitert Bildungsangebote für Eltern, Kinder und Jugendliche, aber auch für ältere Menschen. Sie steht Bildungseinrichtungen bei strukturellen Änderungen zur Seite mit dem Ziel, Menschen jeglichen Alters bei der Bewältigung ihrer Lebensaufgaben zu unterstützen.

Die Stiftung fördert die Kulturnachfrage dadurch, dass sie private und staatliche Institutionen bei der Überwindung ihrer verfestigten Strukturen unterstützt. Dabei sollen die organisatorischen, wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten bei der Umsetzung künstlerischer Projekte gebündelt sowie geografische, alters-, materiell- und bildungsbedingte Zugangssperren zu kulturellen Erfahrungen überwunden werden.

Die Stiftung will helfen, den Appell des I. Artikels des Deutschen Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ in allen Lebensbereich umzusetzen. Sie will ferner dazu beitragen, dass ein Paradigmenwechsel „Geben ist schöner als Nehmen“ von uns Besitz ergreift, Einfluss auf unser soziales Verhalten nimmt, u. a. durch die Übernahme von Verantwortung für unsere Gesundheit und die anderer Menschen.

Die Stiftung tritt dafür ein, an den Schnittstellen zwischen Staat und Bürgern unnötige strukturelle Hürden abzubauen und stärker auf zivile Formen gegenseitiger Hilfeleistung zu  setzen.  Darüber  hinaus  sollen  Möglichkeiten  der  umweltschonenden Ressourcennutzung im alltäglichen Leben ermittelt werden.

Politischer Wandel, Gesetzesänderungen und Strukturreformen hinsichtlich des Arbeitsmarktes sind dringend erforderlich. An diesem Punkt will die Stiftung mit verschiedenen Projekten Abhilfe schaffen: So sollen Jugendlichen der Einstieg in die berufliche Beschäftigung erleichtert, jugendliches Gestaltungs- und Kreativitätspotenzial genutzt und vor allem ein Bewusstseinswandel zu mehr Mut, Eigeninitiative und Selbstbewusstsein der jungen Generation bewirkt werden. Darüber hinaus bemüht sich die Stiftung um die Ergänzung und Optimierung von Ausbildungsangeboten und die effiziente Reintegration von Arbeitslosen in feste Beschäftigungsverhältnisse.

Ein Motto ist: „Mach es selbst, bevor die anderen dich zwingen, es zu tun“. Anknüpfungspunkt   für   dieses   Stiftungsprojekt   ist   die   weit   überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit von Jugendlichen aus Migrantenfamilien. Ausländer sind von Bildungsdefiziten besonders betroffen, die soziale Situation und sprachlichen Probleme sind dafür verantwortlich. Defizite in der Schulausbildung setzen sich in der beruflichen Ausbildung fort. Die Geringschätzung formeller beruflicher Abschlüsse sowie fehlende Unterstützung oder Information im Elternhaus sind hierfür verantwortlich. Besonders drastisch  wirkt  sich  dies  für  Ausländerinnen  aus.  Daraus  folgt  nicht  nur,  dass  die schulische Ausbildung von Jugendlichen deutlich verbessert werden muss, sondern es muss auch eine sozial adäquate Ausbildung gewährleistet werden, die dem Jugendlichen das Erfolgsgefühl vermittelt, etwas Sinnvolles mit einer bestimmten Lebensperspektive zu tun.

In der Stiftung wird im Übrigen auch die Auffassung vertreten, dass es jenseits der Politik, die in den Gremien der Europäischen Union verabredet wird, eine lebendige europäische Kultur gibt, die sich schon heute zwischen den Menschen und ihren Einrichtungen grenzüberschreitend ausgebildet hat. So gibt es zum Beispiel viele regionale Interessen, die die Bürger in Deutschland und Frankreich verbinden, aber auch die in allen anderen Anrainerstaaten. Diese aufzudecken und bestehende Anliegen und Probleme gemeinsam zu bewältigen,  ist  auch  einer  der  Gründe  dafür,  dass  eine  Stiftung  wie  die  Ruck  – Stiftung des Aufbruchs ins Leben gerufen wurde. In diesem Prozess stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung des Menschen zum „Social Entrepreneur“, der seinem Leben einen befriedigenden und erfüllenden Sinn geben will.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Vorteile der Philanthropie

Die Beschäftigung mit der Philanthropie hat mein Leben maßgeblich geprägt, aber auch verändert. Wenn ich mich früher ohne große Erwartungen mit der Verwirklichung meines Berufes beschäftigt habe, mich ansonsten um meine Familie kümmerte  und Freundschaften pflegte, liegt es mir heute vor allem am Herzen, etwas für andere zu tun. Etwas für andere zu tun, kann eine professionelle Herausforderung sein und sich darin gegen Entgelt erschöpfen. Kommt ein wirkliches Kümmern dazu, wird die Hilfe für andere zur  Aufgabe.  Diese  Form  der  Zuwendung  erwartet,  dass  der  Zuwendungsempfänger diese Form der besonderen Leistung nicht oder nicht nur wirtschaftlich honoriert sondern auch das Maß des Engagements erkennt. Andererseits erwartet derjenige, der sich im philanthropischen Bereich besonders einsetzt, dass die Gesellschaft mit Anerkennung, Respekt,  aber  vor allem dadurch  reagiert,  dass  sie  sich  von  ihm  anstecken  lässt, ebenfalls mitzumachen.

Das   ist   der   springende   Punkt.   Briefe,  die  ich  schreibe, Gespräche, die ich führe, ja die gesamte Korrespondenz und alle Handlungen zeigen, dass viele andere  Menschen durchaus  in  der  Lage  sind,  die  Vorteile  eines philanthropischen Engagements zu begreifen, selbst aber für sich zu einer solchen Erfahrung  auf  Abstand bleiben.  Briefe werden  nicht  beantwortet,  finanziellen  Einsatz können sich viele nur in ganz bescheidenem Rahmen vorstellen und überhaupt wird mir oft die Frage gestellt, wo ich denn die Zeit hernehme, neben Beruf und Familie mich noch für andere einzusetzen. Dabei spielt oft auch Misstrauen eine Rolle, höhere Motive für das  Engagement  werden  –  zumeist  verdeckt  –  aberkannt  oder  zumindest  so  infrage gestellt, ob das, was ich und andere Stifter vorhätten, überhaupt zu bewältigen sei. Es fällt manchmal schwer, nicht Misanthrop zu werden, und zwar gerade wegen des philanthropischen  Engagements.  Die  Enttäuschungen  wiegen  schwer.  Der  Weg  ist mühevoll und auch bestmeinende Menschen reduzieren ihr Verständnis für philanthropisches Verhalten zuweilen auf einzelne Projekte, sozusagen als Spielwiese für diejenigen, die trotz Golf, Beruf, Urlaub, Essen, Familie noch nicht genug vom Leben hätten. Dabei ist es gerade anders. Philanthropie ist eine kalkulierte Aufgabe, um nicht zur Entlastung des Staates, sondern parallel und oft auch in staatliche Kompetenzen eingreifend Dinge zu tun, die man als Bürger dieser Gesellschaft dieser und sich selbst schuldet. Ein Bürger tut so etwas. Das sollte und muss die Losung sein. Oft erfahre ich Aufmerksamkeit dann, wenn ich von der Anzahl bereits vorhandener Stiftungen und der Größe des kumulierten Stiftungskapitals spreche. Ich vermute allerdings, dass Auslöser dieses Interesses weniger das inhaltliche Engagement dieser Stiftungen ist, sondern eher die Höhe des verfassten Kapitals und die Vorstellung des Nachfragenden, dass sich damit einiges bewegen lassen könnte und dies für die Handelnden guten Profit abwerfe. Die Menschen denken und handeln eigensüchtig. Sie sind Sammler und Jäger. Diese Verhaltensweise ist zutiefst menschlich, und deshalb ist es erforderlich, die Menschen dort zu treffen, wo sie sich mit ihren Vorteilen auseinandersetzen. Wir müssen also denjenigen,  die  wir  für  die  Philanthropie  gewinnen  wollen,  ein  Angebot  unterbreiten. Dieses Angebot muss in der Sphäre eines Menschen wie „du und ich“ umsetzbar sein. Angebote sind zum Beispiel:

ƒ- Zertifizierung  des  Menschen  oder  seiner  Einrichtung  unter  dem  Gesichtspunkt  der Integrität,  Schaffung  vertrauensbildender  Maßnahmen,  mit  dem  Ziel,  ideelle  und wirtschaftliche Erfolge zu erreichen,

– Ehrung oder Anerkennung durch Verleihung z. B. einer Stifternadel, einer Stifterstatue oder eines -porträts,

– die Förderung des Besonderen, zum Beispiel durch die Einladung zum Stiftermahl oder Stifterclub,

– der  Erwerb  von  etwas  Besonderem,  welches  die  Türen  zu  anderen  Möglichkeiten eröffnet, zum Beispiel durch den Erwerb von Credits, Reiseveranstaltungen und Ähnlichem unter dem Motto „Geh mal stiften“, d. h. der Reisende genießt und hat seine Vorteile, aber ein Teil der Aufwendungen fließt in Stifterprojekte. Das gibt auch ein gutes Gefühl.

Die  Liste  der  Möglichkeiten  ist  hier  nur  angerissen  worden,  muss  permanent fortgeschrieben werden. Je mehr die Vorteile für den Interessenten dabei aufscheinen, umso erfolgreicher ist seine Werbung. Ist ein potenzieller Stifter (Geld- oder Zeitstifter) einmal   von   den   Möglichkeiten   angezogen,   wird   er  selbst  daran  arbeiten,  seine Möglichkeiten zu erweitern. Immer ist es daher auch wichtig, dass der potenziell im philanthropischen Bereich engagierte Mensch selbst die Chance erhält, sich zu positionieren  und  ihm  nicht  nur  ein  finanzieller  Beitrag  zu  einem  fremden  Projekt abgetrotzt wird. Ein solcher Mensch fühlt sich in der Regel entreichert, aufgrund seines Status  oder  seines  Geldes  abgezockt.  Vielmehr  muss  ihm  die  Gelegenheit  gegeben werden, selbst den Gedanken dahingehend zu entwickeln, ob, auf welche Weise und womit er sich in die Philanthropie und in einzelne Projekte einbringt.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Verweigerung

Wenn ich mich verweigere, missachte ich ein bestehendes Gebot. Ich mache nicht mit, widersetze mich, setze mich darüber weg, folge weder einem Trend, noch einer Anordnung. Mit Konsequenzen muss ich üblicherweise rechnen, allerdings ist dies nicht zwangsläufig.

Verweigerungen können sowohl mehrheitsfähig sein, als auch dazu führen, dass meine Haltung mich ausgrenzt und für mich Nachteile bringt. Soweit meine Verweigerung nicht nur die Reaktion auf unterschiedliche Angebote darstellt, kann sie systemische Auswirkungen sowohl für mich als auch für andere haben.

Verweigere ich es zum Beispiel aus politischen, ethischen oder religiösen Gründen, eine Waffe in die Hand zu nehmen oder die Nahrungsaufnahme, um einen für mich wichtig erscheinenden Erfolg durchzusetzen, müssen sich andere Menschen mit der durch meine Verweigerungshaltung provozierten Situation beschäftigen.

Verliert die Verweigerung dabei ihren ausschließlich persönlichen Charakter und wird Teil einer gesellschaftlichen Programmatik, so kann sie die Grundlage dafür sein, dass sich aus der Verweigerung Gebote entwickeln. Nicht jede Weigerung kann mit einem Erfolg rechnen, außer sie besteht darauf, dass eine Entscheidung des Menschen niemals programmierbar ist.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Social Entrepreneur

Ich  möchte  alle  Menschen,  junge  und  alte  Menschen,  Geschäftsleute,  Rechtsanwälte, Ärzte, Investoren, Vorstandsmitglieder von Unternehmen, Handwerker und Arbeiter begeistern, aufrütteln, sie gewinnen für eine lebensbejahende Sache. Ich möchte, dass sie sich zur eigenen Bereicherung ihres Lebens einbringen in die Möglichkeit, Neues zu erleben,   Genuss   dabei   zu   empfinden,   im   gemeinnützigen  Bereich  tätig  zu  sein. Stattdessen erfahre ich oft halbherzige Anerkennung, distanzierende Skepsis und sogar Hilflosigkeit.  Meinen  Gesprächspartnern,  die  vorwiegend  meinen  eigenen gesellschaftlichen  Kreisen  angehören,  bleibt  es  zuweilen  verwehrt,  ihren  Unmut  zu äußern oder mir gar direkt ins Gesicht hinein zu sagen, dass sie dies alles nichts angeht, sie unbehelligt bleiben möchten, zufrieden mit ihrem Leben seien. Einerseits heißt es im Volksmund bewundernd: „Der hat viele Eisen im Feuer.“ Andererseits gibt es den begründeten Argwohn: „Der tanzt auf vielen Hochzeiten.“ Eulenspiegeleien, die taugen nicht für eine anständige bürgerliche Gesinnung. Genau diesen Vorbehalt lassen Sätze erahnen wie diese: „Wie schaffen Sie dies nur alles?“ oder „Ich muss mich auf eine Sache konzentrieren, kann mich nicht noch verzetteln!“ und schließlich „Sie haben sich aber viel vorgenommen!“ Gespräche, die zunächst in freundschaftlichster Atmosphäre geführt werden, enden oft damit, dass der Gesprächspartner beginnt, die überreichten, näherführenden   Informationen   zur   Stiftung   und   ihren   Projekten  zu   studieren   und schließlich erklärt, einmal überlegen zu wollen, was man dann mal Gemeinsames tun könnte. Das Sprichwort sagt dazu: „Aus den Augen, aus dem Sinn“ – und genauso ist es. Auf dieser Ebene verlaufen die Gespräche im Sande. Wäre ich Millionär und hätten die von mir vertretenen Stiftungen großes Stiftungsvermögen, wäre ich Everybody’s Darling und viele meiner Gesprächspartner wären froh, wenn wir uns bei allen möglichen schönen Events über Projekte und Ideen austauschen würden. Das kostet ja nichts, schafft ein Wohlgefühl und ändert an der geschaffenen Ordnung des bereits Erreichten nichts. Ist Geld da, wird auch akzeptiert, dass die damit finanzierten Projekte vielleicht konfus sind, kaum  nützen  und  zuweilen  nur  der  Imagepflege  dienen.  Wenn  Geld  da  ist,  ist  alles erlaubt. Wenn es fehlt, muss derjenige, der gleichwohl etwas bewegen will, sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht etwas falsch mache. Ja, er macht etwas falsch. Er hat die falsche Zielgruppe für seine Bemühungen gewählt. Ein glühendes Herz ist das eine, das andere ist der kompetente Träger für Ideen und Projekte. Junge Menschen, die in der Regel über kein Geld verfügen, sind nicht nur begeisterungsfähig, sondern sie haben auch Sinn und Verstand für die Umsetzung von Ideen, weil sie diejenigen sind, die am Anfang  stehen,  noch  mit  nichts abgeschlossen  haben,  Appetit  auf  das  Leben  haben.

Ihnen bieten philanthropische Ideen und Projekte Gelegenheit, sich zu erproben, sich einzubringen in einen startenden Lebensprozess der Möglichkeiten. Auch sie sind im wahrsten Sinne des Wortes eigennützig, und daher ist dieser Eigennutz ein probates Vehikel der guten Idee. Wir müssen also, um die Philanthropie zu befördern, auch auf junge Menschen setzen, sie bitten, vorhandene Impulse aufzugreifen, zu verstärken und wirksam werden zu lassen. Nur sie sind in der Lage, nachhaltig dafür zu sorgen, dass philanthropische  Produkte  weiterentwickelt  und  vertrieben  werden.  Sie  verfügen  auch über die mediale Kompetenz, um das, was sie entwickelt haben, auch im Internet abzubilden. Vor allem haben sie noch ein großes Gemeinschaftsgefühl, kennen viele gleichaltrige Menschen, mit denen sie etwas auf die Beine stellen können und wollen, haben noch nicht die Vereinzelung erfahren, die vielen lebenserprobten älteren Menschen oft   zuteil   wird.   Sie   haben   in   der   Regel   wenig   Geld  und  sind  daher  zuweilen erfindungsreicher in der Umsetzung ihrer Vorhaben auch auf der Basis eines kleinen Budgets. Dies drückt sich in einer großen solidarischen Haltung aus, und zwar beispielsweise dadurch, dass einer dem anderen verspricht, seine Website kostenlos zu gestalten,  wenn  dieser  ihm  andererseits  auch  einen  weiteren  Auftrag  zu  besorgen vermag. Im Übrigen sind viele bereit, für wenig Geld etwas zu tun in der Hoffnung, sich eine berufliche Grundlage zu schaffen, um dann daraus mit der Zeit profitable Erfolge zu erzielen.  Also:  Auf  die  Jugend  kommt  es  an.  Damit  sind  wir  Älteren  aber  nicht ausgegrenzt, sondern entlastet. Wir dürfen Impulse setzen, Rat und Anregungen geben, Jugendlichen finanzielle Hilfe zuteil werden lassen, aber müssen nicht mehr unbedingt diejenigen sein, die die Philanthropie im Alleingang auf der Welt durchsetzen, damit sie nicht untergeht. Diese Erleichterung könnte uns in Ruhe Golf spielen lassen, aber auch ins Gespräch  bringen  mit  jungen  Menschen,  deren  Entrepreneurship  wir  bewundern dürfen, ohne vom schlechten Gewissen geplagt zu sein. Wir könnten lustvoll, ohne Selbstkasteiung mitwirken und uns mitfreuen an den Erfolgen aller Menschen im philanthropischen Bereich.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

„Mir Wohl und keinem Übel“

Auch bei unseren potenziellen Partnern gilt:

Eigensüchtigkeit und Eigennützigkeit sind die Vorder- und Rückseite derselben Medaille. Eigennützigkeit bedeutet aber nicht, dass der derjenige, der aus einem bestimmten Verhalten  Nutzen  zieht,  auch  nur  sich  selbst  im  Auge  hat.  Die  Eigennützigkeit  des Menschen ist darauf gerichtet, dass das, was ihm nützt, anderen nicht schadet, sondern ihnen zum eigenen Nutzen ebenfalls nützlich ist. Geht dem eigennützigen Menschen die Basis verloren, ist auch sein Nutzen gefährdet. Ein alter Sinnspruch lautet daher: „Mir Wohl und keinem Übel“. Zudem muss derjenige, der es sich wohl gehen lässt, anderen nicht die Pest noch an den Hals wünschen. Ihm geht es ja gut, deshalb kann er es sich leisten, dass andere auch nicht schlecht dastehen und dass sie von dem, was ihm gut tut, auch profitieren.

Zu   Eigensucht   und   Eigennutz   gesellt   sich   aber   auch  noch  ein  weiterer  Aspekt menschlicher Sinnstiftung, und zwar die Bewahrung des Lebens. Mögen auch Zerstörung, evolutionäre,  ja  sogar  revolutionäre  Elemente  und  neben  persönlicher  Revolte  auch andere aggressive Verhaltensweisen menschliches Verhalten auszeichnen, bleibt doch insgesamt der Wunsch des Menschen, seine Spezies nicht endlich werden zu lassen. Dies drückt sich im familiären Erhaltungswillen aus, betrifft aber auch die Gesellschaft insgesamt. Die Übernahme persönlicher und gesellschaftlicher Verantwortung ist dabei nur die gängige Metapher für eine ganz selbstverständliche menschliche Logik. Trage ich selbst zur Erhaltung meiner Familie und der Gesellschaft nicht im Rahmen der mir gebotenen Möglichkeiten bei, wird diese Gesellschaft nicht mehr in der Lage sein, für mich   und  meine   Nachkömmlinge,   also   für   meine  Familie  einzustehen.  Deshalb übernehme ich diese als mir geringer erscheinende Last und beuge der Endlichkeit menschlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor, indem ich mich im philanthropischen Bereich engagiere. Dabei mache ich eine geradezu umwerfende Entdeckung, und zwar die, dass zwar  Wirtschaft  und  Geldverkehr  wesentlich  unser  veröffentlichtes  Leben  bestimmen, aber philanthropische  Strukturen,  d. h.  dichte   kulturelle  Verflechtungen,  Solidarität, Mitgefühl  und  gesellschaftlicher  Zusammenhalt,  Schutz  bieten  gegen  fremde Begehrlichkeit und sozusagen eine Gesellschaft immunisieren gegen ihre Zerstörung von außen durch Terror, religiösen Fanatismus und hemmungslosen Merkantilismus. Die Philanthropie und die in ihr schlummernde Erkenntnis bewahren daher unsere Gemeinschaft  vor  ihrer  Zerstörung  und  lassen  in  ihren  vielfältigen  Ausdrucksformen weder eine Überlegenheit staatlichen Handelns noch Wirtschaftsmächtigkeit oder Willkür zu. Deshalb ist jede Diktatur vordringlich daran interessiert, alle denkbaren Strukturen der Philanthropie zu zerschlagen und sich des Gemeinsinns unter dem Aspekt des gleichförmigen Verhaltens zu bemächtigen. Die Vielfältigkeit, welche die Philanthropie auszeichnet,  spiegelt  sich  aber  auch  wider  in  unseren  Heilserwartungen.  Der  Mensch mag die religiösen Verheißungen durchschaut haben, bleibt aber gleichwohl ein religiöses Wesen. Auch wenn es ein transzendentes Jenseits nicht mehr geben sollte, sondern in einer säkularisierten Welt sich scheinbar alles um uns und unsere materiellen Wünsche dreht, bliebe doch die Hoffnung des Menschen, sich zu bewähren, sich freizukaufen von seiner Last, ein fehlbares Wesen zu sein. Auch dies ist eine mögliche Motivation philanthropischen Handels, d. h. belohnt, ggf. einfach nur nicht abgestraft zu werden für das,  was  man während  seiner  Lebenszeit  getan  hat  und  was  nicht  oder  doch  im Gedächtnis der Menschheit bleiben soll. Fast jeder würde meinen, er tue Gutes nur der guten Sache wegen. Dies so zu erklären ist sogar gerechtfertigt, denn der Mensch tut Gutes schließlich auch der guten Sache wegen. Dies bedeutet die Erkenntnis, dass gut ist, was mir Vorteile sichert, die Gesellschaft erhält, mich und andere bereichert, Anerkennung  bringt,  anderen  nicht  schadet  und  Erlösung  von  dem  bietet,  was,  mich selbst  oft  belastet.  Menschliches Verhalten  im  philanthropischen  Bereich  hat  viele Zeugen, Paten, Weggefährten und Meister. Eines wird aber jedem, der sich engagiert, deutlich, nämlich dass es ein besonderes Glück ist, die Chance zu erhalten, dies zu erkennen und zu gestalten. Ein alter Sinnspruch lautet: „Nur wer sich ganz verliert, der wird sich finden“. Auf die Philanthropie übertragen heißt das, so meine ich: Wer loslassen kann von eindimensionalem menschlichen Handeln, dem öffnet sich ein Kosmos neuer Möglichkeiten, denn die Philanthropie bedeutet nicht nur, Gutes zu tun und zu helfen, sondern auch, dadurch wieder neue Erfahrungen zu sammeln. Dies ist nicht zu unterschätzen. Diejenigen, die bisher nur berufsbedingte Kontakte gepflegt haben, stellen plötzlich  fest,  dass  viel  selbstverständlichere  Bindungen  zwischen  Menschen  möglich sind, weil sie nicht durch Vorteilssuche, Überlegenheit und Abgrenzung geprägt sind, sondern  echtes  Interesse  zulassen.

Für  viele  Novizen  im  philanthropischen  Bereich eröffnen  sich  ganz  andere  neue Perspektiven  des  Hörens,  Fühlens,  Schmeckens, Sehens, der menschlichen Begegnung, des Miteinanders und der Seinserfüllung. Gespräche  sind  in  der  Regel  nicht  in negativer Weise  atmosphärisch  aufgeladen, aggressiv,  sondern  geduldig  und  erkenntnisfroh. Sicher  spielt  auch  hier  Eitelkeit  eine Rolle, aber diese Eitelkeit beruht nicht auf einer Überlegenheit, die damit zu tun hat, wie sehr sich ein Akteur gegenüber anderen durchgesetzt hat, sondern damit, was er geleistet hat   für   andere.   Sie   korrespondiert  mit   der   persönlichen   und   gesellschaftlichen Anerkennung, die derjenige erfährt, der für andere etwas getan hat. Selbst dort, wo ich vielleicht etwas euphorisch überzeichnen sollte, bleibt der Kern der Botschaft doch authentisch. Der philanthropische Mensch erfährt dadurch, dass er etwas für andere tut, eine auch für andere nachvollziehbare Bereicherung seines Lebens. Die Philanthropie gibt dem Menschen Würde und Lebenssinn.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Kommunikative Philanthropie

Ein denkwürdiger Satz lautet: „Alles wurde schon gesagt, aber noch nicht von mir.“ Einen solchen Satz quittieren wir regelmäßig mit einem Lächeln oder stöhnen sogar, weil wir uns an  die  langatmigen  Podiumsdiskussionen  erinnern,  auf  denen  scheinbar  nichts gesagt wird.  Dabei  sollte  man  aber  nicht  vergessen,  dass  die  Wiederholung  von Bekanntem Sicherheit  schafft,  und  zwar  insofern,  als  jeder  Gesprächspartner  dem anderen versichert, dass er dessen Anliegen zu seinem gemacht hat und an einem gemeinsamen Prozess zu partizipieren bereit ist. Durch diese Verstärkungsrituale wird eine Idee kraftvoll und es werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sie dann auch  umgesetzt  wird. Insofern  ist  jeder  zu  loben,  der  bereit  ist,  sich  mit  seiner Persönlichkeit  in  die Diskussion  zur  Stärkung  philanthropischer  Unternehmen einzubringen.

In unseren Bemühungen, Kontakte zu schaffen und andere für gemeinnützige Projekte zu werben, dürfen wir die Sprache als die prägende Art und Weise unserer Kommunikation keinesfalls unterschätzen. Es ist selbstverständlich, dass derjenige, der ein Vorhaben anderen Menschen vorstellt, überzeugen will und meist auch in seinem Anspruch so gefestigt ist, dass er fast keinen Widerspruch duldet. Es geht ja um die gute Sache. Dabei wird aber oft unterschätzt, dass gerade das Fordernde, das eindeutig Bestimmte und anscheinend Überlegene, was sich in der Sprache ausdrückt, eher abschreckt als anzieht. Meist tritt noch hinzu, dass derjenige, der ein Anliegen verfolgt, glaubt, er müsse von diesem möglichst viel berichten, ein umfassendes Bild zeichnen und etwaigen Einwendungen schon von vornherein  begegnen.  Das Gegenteil ist allerdings der Fall. Denn nach wenigen Minuten erlischt die Aufmerksamkeit und wächst die Bereitschaft des Gesprächspartners, darüber nachzudenken, ob es nicht für ihn jetzt an der Zeit wäre, selbst etwas zu sagen. Kommt er dann schließlich zum Zuge, muss er aber befürchten, dass er nach kurzer Zeit wieder in seinem Redebeitrag unterbrochen und dank des besseren Wissens, der zugkräftigeren Argumente oder nur der überlegenen Artikulationsfähigkeit des Gesprächspartners wieder das Nachsehen hat. Das ist unerfreulich und führt nach gebotener Zeit des Anstandes und der Rücksichtnahme dazu, dass sich die Gesprächspartner wieder trennen mit dem nie einzulösenden Versprechen, das Gespräch gelegentlich fortzusetzen. Besser, weil zielführender, ist es dagegen, auf den zu Werbenden einzugehen, ihm schon nach wenigen Stichworten die Möglichkeit zu eröffnen, selbst zu berichten, wie er sich grundsätzlich ein Engagement vorstellen könnte, und ihm zu erlauben, die Fragen selbst zu formulieren, deren Beantwortung er benötigt, um sich einen Eindruck über seine die Möglichkeiten zu verschaffen, wie er sich in ein Projekt einbringen kann. Auch wenn wir dies stets kaschieren, sind wir Menschen in unserem Wesen vorsichtig, argwöhnisch, oft  auch scheu. Dies selbst dann, wenn der erste Eindruck etwas ganz anderes vermittelt. Wir überspielen meist unsere Unzulänglichkeiten,  vergessen  aber  dabei,  dass  unsere  Gesprächspartner  diese  sehr wohl als ihre eigenen Schwächen erkennen. Im Übrigen sind die Erfahrungen aus dem Raum der gesprochenen auch auf den der geschriebenen Sprache übertragbar. Kurze und knappe Stellungnahmen sind meist besser als langatmige Ausführungen, die in sich hermetisch abgeschlossen und völlig unangreifbar sind. Derjenige, der zum Lesen gezwungen wird, ist unwillig, und zwar zum einen deshalb, weil er sich nicht wehren kann, zum anderen deshalb, weil sein Interesse erlahmt. Die meisten Leser erfahren nicht mehr, was bei einem sechsseitigen Brief auf den letzten zwei Seiten steht. Besonders verhängnisvoll ist es, sozusagen opulent die eigenen Aktivitäten auf mehreren Seiten möglichst per E-Mail auszubreiten und zu erwarten, dass der Adressat dieser Sendung mehr als nur den Eindruck gewinnt, dass sich jemand offenbar mächtig aufplustert.

Alle diese Erfahrungen muss jeder von uns machen, der im gemeinnützigen Bereich tätig ist. Es gibt selbstverständlich kein einzigartiges Rezept dafür, wie man es richtig macht, aber genug Anregungen dazu, aus gemachten Erfahrungen zu lernen. Für den einen mag es richtig  sein,  klare  Beiträge  zu  fordern,  für  den  anderen  ist  Bescheidenheit  angesagt. Wichtig  ist  vor  allen  Dingen,  dass  wir  stets  aufnahmefähig  für  sämtliche  Argumente unserer potenziellen Partner sind und sie niemals beiseitewischen. Nehmen wir unsere Partner  nicht  ernst  oder  vermitteln  wir  ihnen  das  Gefühl  unserer  Überlegenheit,  ist jegliche Form der Kooperation erledigt. Dabei sind es nach unserem Verständnis doch wir,  die  geben  und  erwarten,  dass  Geben gibt,  also  unsere  Partner  eine  ähnliche Einstellung  wie wir selbst zum philanthropischen Bereich entwickeln. Diese Erwartung erfüllt sich jedoch nur in einem individuellen, eigenständigen Prozess und kann selbst durch  wohlmeinenden  Druck  nicht  erzwungen  werden.  Wir  müssen  unseren  Partnern immer eine Chance geben, den Zeitpunkt und das Maß des Engagements selbst mitzubestimmen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Stiften gehen!

Bei aller Euphorie – woran liegt es, dass potenzielle Stifter statt zu stiften, oft lieber stiften gehen?

Kann man es einem Bürger unserer Gesellschaft verargen, wenn er nicht bereit ist, sich an einem Projekt zu beteiligen, von dessen Sinn, Nutzen oder Professionalität er nicht überzeugt ist? Im wirtschaftlichen Raum gibt es vielfältige erwerbsorientierte Energien, die genutzt  werden  können,  es  gibt  Unternehmensberater,  Geschäftsmodelle,  eine Vielzahl von Marktorientierungen und -analysen. Im gemeinnützigen Bereich glaubt man, weitgehend darauf verzichten zu können. Im wirtschaftlichen Bereich stehen Investoren – angefangen von der „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ sozusagen als kleinstem Nenner – die unterschiedlichsten Verwirklichungsmodelle bis hin zur Aktiengesellschaft zur Verfügung, um das zu schaffende Produkt an den Mann oder die Frau zu bringen. Die Stiftung selbst dagegen taugt für viele nicht aufgeklärte Menschen allenfalls als Beteiligungsmodell an Gesellschaften, um Vermögen vor der Steuer oder der Familie zu retten. Wo sind heute die kühnen Gedanken eines Ernst Abbe, der im 19. Jahrhundert die Zeiss-Werke als unmittelbares Stiftungsunternehmen konzipierte mit dem Ziel, daraus ein Erfolgsmodell für die Belegschaft seines Werkes zu gestalten? Bis zum Jahre 2000 waren Zeiss und die Schott Glaswerke unmittelbare Stiftungsunternehmen. Angeblich taugen Stiftungen  nicht  als  unmittelbarer  Unternehmensträger,  weil  sie  weltweit  unbekannt, weniger kreditfähig, mangels Rendite unattraktiv, überhaupt antiquiert seien. Der Beweis für solche Thesen muss allerdings noch erbracht werden. Aktiengesellschaften werden heute verscherbelt, ausgebeutet, fusioniert und  wie z. B. Arcandor nach Zerschlagung leicht in die Insolvenz geführt. Wenn Stiftungen als Unternehmen nicht taugen sollten, gibt es hierfür Gründe: Einer der Gründe ist die staatliche Kontrolle, die sie erfahren, das Kapital, welches in der Stiftung als Vermögen zu bleiben hat und nicht an sogenannte Investoren abfließen kann oder beleihbar ist. Gleichwohl ist auch die Stiftung in der Lage, selbst  Unternehmen  auszugründen  und  diese  als  Gesellschafter  zu  führen.  In  diesem Sinne ist die Stiftung eigentlich ein Erfolgsmodell und sollte gerade in Krisenzeiten neu erprobt werden.

Die Zukunft wird uns beweisen, dass es wichtiger ist, grundsätzliche Aussagen zu allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens zu wagen und sich nicht in Projekten zu verzetteln.  Wir  benötigen  nicht  nur  eine  grundlegende  Beratung  von Stiftungsunternehmen  im  organisatorischen  und  wirtschaftlichen  Sinne,  sondern  die Stiftungen    selbst    müssen    aktiv    werden,    anderen    –    d. h.    auch    traditionellen Wirtschaftsunternehmen – den Weg aufzeigen, wie sie mit ihren Mitteln und Ressourcen effektiver  handeln  könnten.  Natürlich  sind  Wirtschaftsberater  vonnöten.  Deren Qualifikation wird sich künftig aber auch anders und unabhängiger erweisen müssen, als dies bei traditionellen Wirtschaftsunternehmen bisher der Fall war. Die Vermittlung von Vertriebs- und Absatzstrategien alleine wird nicht weiterhelfen. Auch Einsparmodelle an Menschen sind nicht gefragt, sondern gerade die Einbeziehung vieler Menschen („hands on“), die Erschließung von Mitwirkungspotenzialen und finanziellem Engagement bis hin zu einer kybernetisch verknüpften kooperativen Gestaltung von Produkten und Vertrieb sind Erfolgssignifikanten eines zukunftsweisenden Modells.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

„Yes, WE do.“

Einige Worte zur Hugo Tempelman Stiftung für Südafrika. Unter dem Motto „positiv verändern“, unterstützt die Stiftung, deren Treuhänder ich bin, seit 2007 die Arbeit des Arztes Hugo Tempelman und seines Teams beim Aufbau von medizinischer Betreuung und Sozialprojekten in Südafrika, bei der Aids-Aufklärung und bei Langzeittherapien. Das Besondere  dieser  Stiftung  ist  neben  der  Förderung  der  gemeinnützigen  Tätigkeit  des Arztes  Hugo  Tempelman  in  Südafrika  die  Möglichkeit,  dieses  Projekt  in Verfahrensschritten wie ‚Copy and Pace’ sowie ‚Social Franchising‘ auch in andere gefährdete Regionen dieser Welt zu übermitteln, zum Beispiel nach Moldawien in enger Kooperation mit anderen dort vor Ort tätigen NGOs (Non-Governmental Organisations). Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden, sondern es ist wichtig, sich darauf zu konzentrieren, nachvollziehbare Anliegen und deren Marktfähigkeit im Auge zu behalten, Partner  dafür  zu  gewinnen,  diese  Anliegen  gemeinsam  umzusetzen  und  den  Mut  zu haben, dies auch konsequent zu tun. Der amerikanische Präsident Barack Obama sagte einmal: „Yes, we can.“ Das dürfte in der Regel zu wenig sein. Unser Bekenntnis muss lauten: „Yes, we will.“ oder „Yes, we do.“ Demjenigen, der handelt, erwächst ungeheure Kraft.  Das  weiß  jeder, der politisch  oder  auch  wirtschaftlich,  überhaupt  in  welcher Funktion auch immer, als Überzeugter unterwegs ist. Deshalb ist es so wichtig, nicht nachzulassen bei der Selbstbefragung: Was kann ich tun, was kann ich besser tun und wie kann ich vielleicht sogar noch umfassender Anliegen befördern, für deren Sinn und Nutzen ich stehe? In der Erkenntnis, dass Kooperationen unabdingbar sind, um die philanthropische Gesellschaft zu formen, haben wir uns mit unseren Partnern zusammengeschlossen, um in Berlin nicht nur Stiftungsberatung anzubieten, sondern werdende   Stiftungen   sozusagen  in  Patenschaften   zu   begleiten   und   den   an   der Philanthropie interessierten Menschen eine ständige Anlaufstelle bei unserer „Stiftungs-Task-Force“ zu bieten. Es gibt auch sonst viele Projekte, in die jeder Bürger sich als ´ einbringen kann. Ferner wird er zum Beispiel Mitglied eines Stiftungskuratoriums oder Beirats, einer Einrichtung, in der er sich mit Gleichgesinnten zum regen Meinungsaustausch und zur Erörterung der weiteren Möglichkeiten seines Engagements treffen kann.

Nicht vergessen werden soll natürlich die Vielzahl an bereits vorhandenen Gruppenstiftungen, gemeinsamen Stiftungen, Einzelinitiativen und Bürgerstiftungen. Sie alle bieten das verlässliche Fundament für die Entwicklung einer prosperierenden philanthropischen   Bürgergesellschaft,   die   nötig   ist   als   Ergänzung   des   staatlichen Handelns in unserer Gesellschaft und für sie. Nicht gegeneinander arbeiten Staat und Gesellschaft, sondern sie ziehen nur mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen am selben Strang, können voneinander lernen und sich gemeinsamen Herausforderungen stellen, die leichter und oft auch flexibler gelöst werden können, weil der gemeinnützige, nicht staatliche  Akteur  unabhängig  von  politischer  Legitimation  durch Parteien  und Wahlen, aber  durch  seine  Gremien  legitimiert  äußerst  kompetent  und  wirksam  handeln  kann. Selbst die Wirtschaft kann von der Philanthropie lernen, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt CSR (Corporate Social Responsibility), sondern indem sie sie als Herausforderung hinsichtlich Ideen, Produktion und Vertrieb auf einem global spannenden Markt der sozialen Unternehmen wahrnimmt.

Lassen Sie uns gemeinsam Märkte der Begegnung schaffen, Gelegenheiten kreieren, uns näher kennenzulernen, festzustellen, wie wir voneinander profitieren können und wo wir Gelegenheiten haben, unsere vielfältigen Fähigkeiten zu allseitigem Nutzen fruchtbar einzubringen. Das Leben ist eine wunderbare Herausforderung, sich zu entwickeln, sich zu bestätigen und sich in der Kommunikation mit anderen Menschen seines Daseins zu versichern.  Es  ist  zudem  eine  einmalige  Gelegenheit.  Wir  sollten  sie  mit  Interesse, Sorgfalt, Genauigkeit, aber auch mit Freude und lebendigem Einsatz nutzen, dabei aber wir selbst bleiben und uns in dem Maße auf andere einlassen, wie wir glauben, dies gegenüber uns selbst verantworten zu können.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Zertifizierung

Vertrauen  ist  gut,  Kontrolle  ist  besser.  Woher  rührt  das  Misstrauen  gegenüber  der eigentlich guten Sache, die es zu unterstützen gilt? Möglicherweise daher, dass es schwerfällt, eine gute Sache zu definieren. Eine gute Sache ist aus dem Blickwinkel des Gebenden etwas anderes als aus Sicht des Empfängers. Daher ist es erforderlich, eine Annäherung  in  der  Übereinstimmung  beider  Wahrnehmungskreise  herbeizuführen,  um nicht Gefahr zu laufen, dass Anliegen schon deshalb scheitern, weil der Empfänger der Botschaft  bzw.  Destinatär  einer  Zuwendung  das  Gute  einer  Handlung  nicht  erkennt, sondern dahinter eher Eigensüchtigkeiten, Profilierungsinteressen, Entmündigung oder schlicht Abzockerei vermutet. Es ist daher problematisch, wenn die eigentlich gute Sache zuweilen mit Kitsch, zum Beispiel mit anrührenden Kinderbildern, überklebt wird. Mit unschuldigen  Kindern   wird  selbstverständlich   stets  und  gerne  die  gute  Sache  in Verbindung  gebracht,  aber  das  Bild  ersetzt  nicht  die  Überzeugungskraft,  die  dahinter stehen  muss,  um  das  Anliegen  selbst  glaubwürdig  zu  vermitteln.  Glaubwürdigkeit  ist dabei das Schlüsselwort. Es drückt aus, dass der Initiator eines Projektes dem Empfänger Angebote  unterbreitet,  die  dieser  annehmen  kann,  weil  er  mit  dem  Anliegen  an  sich, seiner Zielsetzung, den vermittelten Werten, der Kompetenz der Durchführung und den Perspektiven übereinstimmt. Glaubwürdig: Das bedeutet, die Form der Darstellung ist es wert, dass der Angesprochene darauf vertrauen darf, dass das, was ihm vorgestellt wird, auch gut ist. Es sind also nicht die mediale Verführbarkeit, die rhetorische Überzeugungsfähigkeit, Tricks und Täuschungen die Vehikel, um andere Menschen für gemeinnützige Zwecke zu gewinnen, sondern Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen nicht nur in das einzelne Vorhaben, sondern in die veranlassende Einrichtung selbst und ihre verantwortlich handelnden Menschen, die das Projekt initiieren.

In  dieser  Erkenntnis  zertifiziert  die  Ruck  –  Stiftung  des  Aufbruchs  gemeinnützige Einrichtungen nach folgender Maßgabe:

Eine integre Einrichtung oder Person ist glaubwürdig, schafft Vertrauen in ihr Handeln und befördert dadurch den ideellen und wirtschaftlichen Erfolg des Projekts. Im Übrigen gilt dies für jegliche gesellschaftliche Einrichtung und wird sich daher in allen Lebensbereichen durchsetzen wie jener berühmte Satz, nach dem jedes Projekt gelingt, bei dem folgender Dreischritt gewährleistet ist: Idee, Produktion und Vertrieb. Wenn diese drei Dinge organisiert sind, kann man sicher sein, die entsprechenden finanziellen Mittel – also in der Wirtschaft Kredite, im gemeinnützigen Bereich Spenden für dieses Vorhaben – auch zu erlangen. Unter der Zertifizierung durch die Ruck-Stiftung ist zu verstehen, dass die  Ruck  – Stiftung  des  Aufbruchs  auf  gemeinnützige  Einrichtungen  zugeht,  ihr Verhalten im Sinne der Ruck-Stiftung anerkennt und dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten künftig zum Beispiel auf ihrer Website, in Gesprächen, E-Mails, überhaupt überall wo es geht verdeutlicht. Gleichzeitig bietet die Stiftung an, dass den gemeinsamen Überzeugungen  entsprechende   gemeinnützige  Unternehmen  sich  der  Ruck-Stiftung, ihrer Projektideen und Projekte umfassend bedienen dürfen, damit werben und – wenn es so gewollt ist – sich damit auch schmücken können. Die Ruck – Stiftung des Aufbruchs ist für alle da, eine Gruppenstiftung und nicht das Anliegen Einzelner. In diesem Sinne pflegt die Ruck – Stiftung des Aufbruchs eine umfassende Kommunikation, bietet ihre Projektideen allen Menschen an und verknüpft in allen Bereichen bürgerlichen Engagements unterschiedlichste Einrichtungen miteinander im Sinne einer kybernetisch aufregenden, höchst aktiven und erfolgreichen philanthropischen Gesellschaft.

Die Stiftung Rotary Club Berlin-Humboldt ist partnerschaftlich mit der Ruck – Stiftung des Aufbruchs verbunden, verfolgt ähnliche Ziele, allerdings mit dem Schwerpunkt der Förderung frühkindlicher Bildung unter anderem dadurch, dass Eltern frühzeitig, das heißt schon vor der Geburt ihrer Kinder, auf deren Bildungschancen und Bildungsinteressen aufmerksam gemacht werden. Eltern werden darin geschult, von Anfang an, das heißt unmittelbar nach der Geburt, sprachlich und musikalisch mit ihren Kindern zu kommunizieren zum Beispiel durch Singen, Vorlesen und dergleichen. Erst jüngst hat die Stiftung mit dem deutschen Chorverband eine Initiative gestartet, Eltern das Singen beizubringen. Einfache, fast selbstverständliche Dinge schaffen so einen großen, einschneidenden Erfolg.

Die Ruck – Stiftung des Aufbruchs ist Treuhänder einer Stiftung, deren Kapital von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie zur Verfügung gestellt wird. Diese Stiftung  „Achtung  Kinderseelen!“  setzt  ein  Zeichen  gegen  seelische  Not  von Kindern und Jugendlichen durch Aufklärung und Förderung von Vorbeugungs- und Früherkennungsprogrammen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Philanthropische Motive

Natürlich  gibt  es  auch  die  Lästigkeitsprämie,  die  ein  möglicher  Spender  bereit  ist  zu zahlen, um nicht mehr angesprochen, sondern in Ruhe gelassen zu werden. Das ist aber eher die Ausnahme, da ein derartiges Verhalten meist einen persönlichen Verlust signalisiert, Unbehagen schafft und trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der bedachten gemeinnützigen Einrichtung Irritationen über den Sinn und Zweck der finanziellen Zuwendung erzeugt. Andere Motivationen sind bei Stiftern und Spendern auch nicht von der Hand zu weisen, steuerliche Aspekte, Aspekte der Unternehmensnachfolge, Vermögenssicherung, Absicherung der eigenen Familie und/oder Befreiung von Vermögensmassen unter anderem aus religiösen Gründen. „Ins Grab kannst Du nichts mitnehmen.“ Die Menschen haben eine Fülle von Gründen für ihre Verhaltensweisen, die es jeweils zu analysieren und zu respektieren gilt. So wenig wir Anspruch auf Förderung haben, haben wir auch den Anspruch darauf, dass andere sich für uns engagieren. Schließlich haben Stifter und Spender auch nicht das Recht, sich einzumischen, sondern müssen  stets  gerufen  werden.  Dabei  ist  es  oft  sinnvoll,  sich  nicht  nur  finanziell anzudienen, sondern auch sehr intensiv nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für die Verleihung  eines  Preises  oder  einer  Fördermaßnahme  auch  tatsächlich  gerechtfertigt sind. Oft könnten stattdessen strukturelle Probleme bei potenziellen Zuwendungsempfängern festgestellt werden und dazu zwingen, diese zu beseitigen. Dies könnte in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Hilfe und Unterstützung in einem viel geringeren Maße als zunächst vermutet erforderlich ist. Förderbeträge verführen den Zuwendungsempfänger zuweilen zur Verschwendung. Er freut sich möglicherweise über die Unterstützung, hat aber etwa kein Konzept, wie er sinnvoll mit dem Zugewendeten umgehen sollte. Deshalb ist es seitens des Fördergebers unabdingbar, Hilfestellungen zu geben, um zu gewährleisten, dass mit den Fördergeldern und anderen Zuwendungen sinnvoll und nachhaltig umgegangen wird.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski