Archiv für den Monat: Juli 2014

II. ASPEKT GESUNDHEIT – 1. Ich, das unbekannte Wesen

Der Mensch an sich ist gesund und nicht krank. Daher beschäftigt sich die Studie in erster Linie damit, wie der Mensch sich als gesundes Wesen erkennt und seine Gesundheit erhält, aber im Weiteren auch damit, was er tun muss, eine etwaige Krankheit zu überwinden. Der gesunde Mensch, der nicht aktiv daran mitwirkt, seine Gesundheit zu erhalten, sondern die Bereitschaft zur Krankheit hat, ist eine Belastung für unsere Gesellschaft im gleichen Maße wie der kranke Mensch, der seine Krankheit nicht mehr verlassen kann. Die Gründe hierfür sind vielfältig und beruhen oft auf Lebensenttäuschungen. Die daraus entstehenden finanziellen Belastungen lassen sich nicht nur finanziell auszudrücken, sondern gefährden insgesamt den Erhalt unserer solidarischen Gesellschaft. Für den Prozess des Krankwerdens gibt es Indi- katoren, die bereits pränatal beginnen, sich im Mutterleib fortsetzen und sozusagen als schwarzer Faden durchs Leben ziehen. U. a. sind dabei zu benennen:

  • ƒ die ungewollte Schwangerschaft
  • ƒ die psychische Verfassung der Mutter
  • ƒ die körperliche Verfassung der Mutter
  • ƒ die körperliche, emotionale und sprachliche Aufnahme des Neugeborenen
  • ƒ die Ernährung des Kleinkindes
  • ƒ die häuslichen Verhältnisse
  • ƒ die schulischen Verhältnisse
  • ƒ Nahrung und Umwelt im Allgemeinen
  • ƒ Bildung und Lebenseinstellung
  • ƒ Arbeit und Freizeit
  • ƒ Erholung und Ausgleich
  • ƒ Erkenntnis und Inspiration.

Die vorgenannte Liste ist erweiterbar. Schwerlich lassen sich sämtliche die Gesundheit gefährdenden Umstände aus dem Leben eliminieren, jedoch besteht die Chance, diese Umstände zu erkennen und bewusst mit ihnen umzugehen. Im Mittelpunkt steht dabei der verantwortliche Mensch, der erkennt, dass er für seinen Geist, seinen Sinn und seinen Körper eine eigene Verantwortung trägt und diese nicht Dritten, geschweige denn der Gesellschaft, überlassen darf. Auch ist die Gesellschaft nicht verpflichtet, für ihn etwas zu tun, sondern er gibt, damit ihm auch gegeben wird.

Dabei geht es nicht um Geldopfer, sondern die Bereitschaft, füreinander einzustehen, mitzuhelfen, dass die Gefährdung Anderer und die eigene Gefährdung sich in Grenzen halten.

Die Bewahrung der Gesundheit ist erlernbar, aber auch Staat, Versicherungen und die Gemeinschaft insgesamt müssen ihre Strategien überprüfen, wie sie dem krank werdenden bzw. in der Krankheit gefangenen Menschen helfen können, in das gesunde Leben wieder zurückzufinden. Es sind nicht in erster Linie nur technische oder finanzielle Probleme, sondern strategische Überlegungen, die darauf gerichtet sind, Anreize dafür zu schaffen, dass der Mensch erfährt, dass sich seine Gesundheit für ihn lohnt. Dies ist nicht nur im Sinne von Gesundheitsprämien gedacht, sondern vor allem ideell in dem Sinne, dass dem Menschen sein Lebensreichtum als gesunder Mensch in der Gesellschaft mehr bewusst wird, als dies bisher geschieht. Der kranke Mensch ist nicht das Opfer dieser Überlegungen, sondern ihm gelten alle Bemühungen, ihn in die Gemeinschaft der Gesunden zurückzuführen und ihn auch dort zu halten. Dies sollte gleichermaßen auf körperlichem, spirituellem und emotionalem Gebiete geschehen.

Aspekte, die bei der Gesundung und Gesundhaltung des Menschen eine Rolle spielen:

  •  Ferien vom Ich
  • ƒ Essen und Trinken
  • ƒ Genuss
  • ƒ Unterhaltung/Zerstreuung
  • ƒ Arbeit und Freizeit
  • ƒ der Mensch in der Erkenntnis seines Körpers
  • ƒ der Mensch als spirituelles Wesen
  • ƒ heilen und sich selbst heilen
  • ƒ Bildungschancen
  • ƒ Zukunftschancen.

Auch der an sich selbstbewusste Mensch ist vor Krankheit nicht gefeit. Hat er aber die Möglichkeiten für sich entdeckt, selbst etwas zur Überwindung seiner Krankheiten zu tun, so belastet er die Gemeinschaft nicht mit einem passiven Verhalten, sondern schafft aktive Beiträge, die die Gemeinschaft entlasten.

Auf dem institutionellen Sektor ist insbesondere die Versicherungsmentalität dazu angetan, Passivität zu fördern. Dem Menschen, der sich Krankheitserfassungseinrichtungen ausliefert, wird leider eher geholfen, als demjenigen Menschen, der von vornherein auf seiner Gesundheit beharrt. Eine Entlastung unseres Staates und der gesamten Gesellschaft könnte dadurch eintreten, dass das tradiert einseitige Bild der mildtätigen Hilfe ersetzt wird durch eine kompetente und am Menschen orientierte Dienstleistungs-bereitschaft. Damit würde der Kranke aus seiner Opferrolle entlassen und hätte Gelegenheit, würdevoll, aktiv und partnerschaftlich an seiner Gesundheit mitzuwirken. In Krankenhäusern, Pflegeheimen und dergleichen darf der soziale Anspruch, den der Mensch außerhalb der Institution in seiner Gemeinschaft erlebt, in keiner Weise aufgehoben werden. Auch sollte sich dem kranken Menschen, wenn er zum Arzt oder einer anderen Institution geht, nicht der Eindruck vermitteln er sei jetzt bei der Obrigkeit und sonst nur Objekt des Heilungsprozesses. Auch der kranke Mensch steht immer verantwortlich im Mittelpunkt. Er verdient Respekt und soll die Möglichkeit erfahren, sich selbst zu respektieren, seine Aura zu erhalten. Nur so kann auch der Heilungsprozess stimuliert werden und der Mensch erfahren, dass es für ihn keinen sozialen und persönlichen Vorteil darstellt, krank zu sein.

Begleitend darf im Gesundheitswesen in keiner Weise beim Menschen eingespart werden, weder bei den heilenden Methoden der Ärzte, sei es in konventioneller oder alternativer Sicht noch bei unseren Einrichtungen. Krankenhäuser sind keine Bewahranstalten, sondern Kranke müssen ihre körperliche und soziale Pflege zumindest auf dem Niveau eines 3- bis 4-Sterne-Hotels erfahren. Kranke sollen dazu angeleitet werden, sich selbst zu helfen und dies nicht nur dem Apparat zu überlassen. Der Verschwendung in Krankenhäusern ist Einhalt zu gebieten. Diese sind augenblicklich strukturell bedingt und beruhen neben anderen Faktoren im Wesentlichen auf staatlicher Einflussnahme und der Unfähigkeit von Körperschaften des öffentlichen Rechts, den Markt und seine Wettbewerbsbedingungen als gesund- heitsfördernd zu begreifen. Statt flächendeckender Subventionen müssten die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Kranken- und Pflegeeinrichtungen evaluiert werden.

Das System der Krankenversicherung ist ernsthaft zu überprüfen, auch unter dem Aspekt, dass derjenige, der Versicherungsbeiträge bezahlt aufgrund seiner am Warenaustausch orientierten Sichtweise auch etwas dafür haben will. Derjenige, der keinerlei Beiträge zur Krankenversicherung erbringt, wird die Fürsorge möglicherweise auch in Anspruch nehmen, jedoch ist sein Umsetzungswille unter dem Aspekt persönlicher Gerechtigkeit stark eingeschränkt. Richtig wäre es daher, dass unsere Gemeinschaft die Grundsicherung für die Krankheitsfürsorge erbringt und jeder Einzelne berechtigt ist, einen Aufstockungsbeitrag über eine Eigenversicherung abzudecken. Die Grundlast könnte so ein Steuerbestandteil sein, der in eine nationale Gesundheitsstiftung eingeführt wird, in der auch Erträge erwirtschaftet werden können. Private Beteiligungen an dieser Stiftung mit dem Ziele der Stärkung einzelner Disziplinen könnten steuerwirksam einsetzen, aber auch ein Präventionsprogramm aufgebaut werden. Im Umfeld der Stiftung sind im Übrigen eine Fülle von Institutionen denkbar, deren Reiz darin besteht, zusätzliches Kapital der Stiftung und ihren Verpflichtungen zuzuführen.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

12. Projekte

Für die Bereiche Bildung und Wissenschaft hat die Ruck – Stiftung des Aufbruchs mehrere Projektvorschläge unterbreitet, die sich in einem gesonderten Projektordner befinden oder unter www.ruck-stiftung.de abrufbar sind. Es handelt sich hierbei u. a. um folgende Projekte:

  • ƒ „Lehrer-Lease“ – Personalagentur für Lehrer
  • ƒ Schule „plus-plus“
  • ƒ Seniorenhochschule
  • ƒ Wissenschaftssalon
  • ƒ Appell – Projekte zur Beschäftigungsintegration
  • ƒ Show case
  • ƒ „Progression“ Projekt zur Förderung der Weiterbildung und ergänzenden

Ausbildung

  • ƒ „May Time“ Projekt zur Förderung der Kreativität.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

11. Seniorenbildung

Das beste Alter wird unter Bildungsaspekten unterschätzt. Anstatt das Bildungspotenzial älterer Menschen abzuschöpfen und für unsere Gesellschaft nutzbar zu machen, werden ältere Menschen meist in ihre Privatheit entlassen und ihnen dazu noch erklärt, dass sie allenfalls noch für die Freizeit taugen. Das ist nicht überlegt. Der ältere Mensch ist aufgrund seiner Erfahrungen meist weit bildungsoffener als jüngere Menschen und zudem in der Lage, zusätzlich, und zwar in aller Ruhe auch das zu erfahren und zu bedenken, was er während der stürmischen erwerbsorientierten Zeit seines Lebens noch nicht verarbeiten konnte. Es ist daher naheliegend, Seniorenhochschulen einzurichten und Jüngeren Gelegenheit zu geben, an Veranstaltungen dieser Seniorenhochschulen teilzunehmen, um vom Bildungsreichtum älterer Menschen zu profitieren.

Die Menschen im besten Alter sind besonders bildungsbereit, da sie sich zum Einen im Wesentlichen aus dem Arbeitsleben verabschiedet haben und zum Anderen Ersatz für das Fehlen sozialer Kontakte bzw. Raum für die Vertiefung der eigenen Interessen und Wünsche durch die Bildung geschaffen werden kann. Bildungsangebote für ältere Menschen umfassen ein breites Spektrum insbesondere derjenigen Bereiche, die nicht Gegenstand der unmittelbar beruflichen Tätigkeit gewesen sind. Die Ausbildung von älteren Menschen hat dabei eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion, denn der ältere Mensch erfährt oft größere Anerkennung durch Kleinkinder, Heranwachsende und pubertierende Jugendliche als die Eltern selbst. Die Schaffung eines bildungsfreundlichen Milieus kann daher durch ältere Menschen besonders gefördert werden.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

10. Vorbilder

Bildung hat mit Orientierung zu tun. Diese Orientierung übernehmen u. a. Vorbilder. Unter Vorbildern sind Menschen zu verstehen, die durch ihre charakterliche Festigkeit, ihre Integrität und durch ihren Einsatz anderen Menschen Halt und Wegweisungen bei der Einrichtung ihres eigenen Lebens geben.

Das gelebte Vorbild ist unverzichtbar. Vorbildfunktionen übernehmen zwar nicht nur diejenigen Personen, die in einen lebendigen Dialog mit dem Orientierung Suchenden eintreten, sondern auch andere Personen und Persönlichkeiten durch ihre Schriften, ihr veröffentlichtes Leben, durch ihren Mut und ihren Einsatz. Dabei denke ich z. B. an Dietrich Bonhoeffer. Vorbilder haben bestimmte Eigenschaften, die sie dazu befähigen, Vorbilder zu sein. Dazu gehört nicht nur eine aus der Integrität sich ableitende innere Verfassung, sondern auch stetige Überprüfung und Skrupel. Das Vorbild glaubt beileibe nicht, dass es alles richtig macht, sondern überprüft seine Ansichten und gibt auch demjenigen, von dem es als Vorbild gewählt wurde, Gelegenheit, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Die Dialogfähigkeit des Vorbilds ist daher eine seiner herausragenden Qualitäten. Die Vorbildfunktion des Dalai Lama besteht u. a. darin, dass er mit Witz und Heiterkeit, aber auch mit gläubiger Bestimmtheit anderen Menschen demonstriert, das Lebenswille und Spiritualität sich nicht ausschließen.

Vorbilder des Sports zeigen auf, dass sie viel von sich abfordern, sich einer Sache ganz widmen, andererseits aber auch davon absehen, sich dadurch zu verbessern, dass sie andere erniedrigen. Sie gehen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, aber sie bewahren ihre Fairness. Insbesondere sind sie dazu angetan, Teamgeist, Konfliktschlichtung und körperliche Auseinandersetzung ohne Verletzung zu lehren.

Vorbildfunktionen müssen Erzieher und Lehrer wie auch die Eltern übernehmen. Sie sind diejenigen, an denen sich Kinder und Heranwachsende messen und von denen sie aufgrund der daraus gewonnenen Erfahrung entsprechend dazu begeistern lassen, einen Erkenntnisprozess einzuschlagen oder desillusioniert und wankelmütig sich ständig wechselnden Tagesaktualitäten auszusetzen. Die Dialogmöglichkeit mit dem potenziellen Vorbild ist eine der existenziellen Voraussetzungen für das Gelingen einer sachgerechten Orientierung. Diese ist nach meiner Einschätzung dann nicht gegeben, wenn zur Orientierung ausschließlich Medien zur Verfügung stehen. Medien sind nicht dialogfähig. Sie bedienen die Anpassung und nicht die Orientierung, d. h. sie geben vor, in bestimmten Bereichen Vorbildfunktionen zu übernehmen. Sie sind aber nur in der Lage, hartnäckig eine bestimmte richtige Haltung zu behaupten, und zwar solange, bis sie durch ein anderes mehrheitsfähiges Orientierungsmuster ersetzt werden. Medien geht es in erster Linie um ihren Absatz. Die damit verkaufte Orientierung soll die Lust am Medium steigern und dient nicht der Orientierung an sich. Keine Medienaussage ist durch den einzelnen Menschen überprüfbar. Es bedarf einer enormen geistigen Leistung und seelischen Anstrengung, sich aus der Fülle der teilweise diffusen angeblichen Vorbildsangebote dasjenige herauszupicken, welches den Charakter günstig formen könnte. Mediale Vorbilder sind nicht ansprechbar und tragen daher enorm zur Verunsicherung von Kindern und Jugendlichen bei. Bei aller Selbstsicherheit, die sie bei der Bewältigung ihres medialen Alltages an den Tag legen, sind Kinder und Jugendliche daher völlig unsicher, wenn es darum geht, der Lebenswirklichkeit außerhalb des medialen Bereichs zu begegnen. Sie vermögen das gänzlich andere Angebot nicht zu verkraften und reagieren daher mit Unkenntnis, Aggression, Schüchternheit, turbulenten Gefühlsschwankungen und vor allem mit der Verweigerung gegenüber Lernangeboten, die auf Eigeninitiative beruhen.

Wir können Medien nicht abschaffen, wir können aber dafür sorgen, dass Medien anders eingesetzt werden. Die Materialisierung sämtlicher Beziehungen zwischen den Menschen, seien es Kaufanreize, Warenbezüge wie auch in Beziehungen der Menschen untereinander oder den geistigen Ansprüchen, widerspricht eklatant den Anforderungen, die Medienmacher in der Zukunft stellen müssen. Die Medien benöti- gen ausdifferenzierte, dialogfähige, innovative und vor allem charakterlich gefestigte Menschen, die geeignet sind, ihr Publikum nicht nur zu fesseln, zu unterhalten, sondern auch immer wieder erneut zu gewinnen. Ohne die Bereitschaft, einen Bildungsauftrag zu übernehmen, wird dies nicht möglich sein. Ohne dass die Medien ein lebendiges Vorbild zu ersetzen vermögen, wäre es zumindest erforderlich, das Medienpotpourri zu reduzieren. Es ist schwer nachvollziehbar, dass es nicht möglich sein könnte, sozusagen im Umkehrschub die Sprachverwirrungen, Infantilitäten, das trostlose Moderatorengebrabbel, die faden Stehgreifwitze, vor allem die endlose Geschwätzigkeit durch ernsthaftere Themen und deren Darbietung zu ersetzen. Dabei wäre es wünschenswert, wenn Zuschauern bzw. den Beteiligten Angebote unterbreitet werden würden, die darauf gerichtet sind, zwischen diesen auszuwählen, direkte Kontakte aufzunehmen und nachhaltige Entscheidungshilfen zu erfahren. Der verkündeten Besserwisserei von angemaßten medialen Persönlichkeiten könnte so etwas entgegengesetzt werden. Zu Vorbildfunktionen dienen eben nicht nur „VIPs“ und „Promis“, sondern gefestigte Menschen, die die Bereitschaft besitzen, zuzuhören, und anderen durch ihr Verhalten ein Angebot zur Bewältigung ihres Lebens unterbreiten.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

9. Bildungsstörungen

Nicht nur bildungsferne und bildungsfeindliche Bevölkerungsgruppen verhindern die Bildungsaufnahme, sondern auch andere Faktoren, wie Ablenkung, Entertainment, Fernsehen, Computer, insbesondere Computerspiele. Das ist nicht zwangsläufig so, aber sie können dazu geeignet sein, den Bildungszugang zu beeinträchtigen. Dies beruht nicht auf dem Medium selbst, sondern auf der Erziehung zum passiven Menschen durch diese Medien. Der passive Mensch indes ist nicht bildungsfähig, da er all das, was er erfährt, nur unter dem Blickwinkel des Konsumenten zu betrachten vermag. Der bildungsbereite Mensch muss dagegen aktiv sein, mitmachen, sich selbst einbringen, kann dann aber selbstverständlich auch von sämtlichen Freizeit-, Fernseh- und Computerangeboten profitieren, wenn diese ihm Mittel zum Zweck sind, seine Bildungserfahrungen auszuweiten und zu vertiefen, z. B. durch Bildungsreisen, Wissenschaftssendungen und Sprachtraining.

Durch den souveränen Umgang mit allen Aspekten des Lebens schafft sich der gebildete Mensch einen großen Raum, in dem er seine gesellschaftliche Nützlichkeit erfahren kann.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

8. Bildungsangebote

Die Bildungsangebote variieren je nach Lebensalter und Voraussetzungen, insbesondere im sozialen Umfeld. Selbst ein Kleinkind ist schon bildungsfähig, denn Begreifen, Sprache, Bewegung, Tast- und Geruchssinne sowie Hören sind bereits Teil des Bildungsangebots an Kleinkinder. Bei diesem Angebot spielt Pädagogik eine geringere Rolle als die Bereitschaft jedes Einzelnen, sich in diesem Verständnis mit dem Kleinkind einzulassen. Eine Vielfalt von Erfahrungen, Aufmerksamkeiten und Aufzeigen von Grenzen, die Herausforderung durch Sprache, Erzählungen, Lieder und instrumentale Musik spielen dabei eine entscheidende Voraussetzung für die Bildungsfähigkeit sowohl im jungen als auch im fortgeschrittenen Alter. Der Mensch ist sich vom ersten Augenblick seines Lebens bewusst. Wird der Mensch in dieser Phase bereits ernsthaft angenommen, hat er jede Voraussetzung, sich im Leben auch ein entsprechendes Bildungsprofil zu schaffen.

Die Bildungsangebote variieren selbstverständlich, denn diejenigen des Kleinkinds entsprechen nicht mehr denjenigen des Heranwachsenden, der Erwachsenen und der älteren Menschen. Der Heranwachsende verhält sich gegenüber Bildungsangeboten in der Regel reserviert, und zwar deshalb, weil er die Bildungsangebote als zusätzliche Belastung empfindet und nicht als Herausforderung seiner Fähigkeiten. Die Herausforderungen, denen sich Jugendliche stellen, sei es im mechanischen Bereich, sei es im virtuellen Bereich, z. B. durch Game Boy, Computer und dergleichen, in echte Bildungsherausforderungen umzusetzen; das ist das Ziel. Jugendliche sind wissbegierig und hilfsbereit. Ihre Hilfsbereitschaft als Bildungsmoment zu erfassen, gewährt den Einstieg in eine neue Bildungsdimension. Dasselbe gilt für alle Game Boy- und Computerspiele. Die Rituale dieser Spiele müssen für den Bildungsbereich nutzbar gemacht werden, denn Jugendlichen kommt es weniger auf den szenischen Inhalt an als vielmehr auf die spielerische Herausforderung, denen sie sich stellen möchten.

Erwachsenenbildung ist nicht zu erreichen durch Bevormundung der Erwachsenen und allgemeine Hinweise auf Bildungschancen, komplexe und komplizierte Bildungsangebote und Maßregeln. Bildungsangebote richten sich nach der Bildungsfähigkeit. Sie müssen den Adressaten erreichen und dürfen keine Parallelveranstaltung zur Absicherung eines potenziellen Bildungsauftrages sein. Ein derartiges Missverständnis provoziert zur Ablehnung von Bildungsangeboten und führt dazu, dass Bildungsangebote nicht nur abgelehnt werden, sondern sich auch Bildungsfeindlichkeit breit machen kann. Die Auswirkungen sind dabei beträchtlich, insbesondere im Hinblick auf die Heranwachsenden und Jugendlichen, soweit sie in einem bildungsfeindlichen Milieu aufwachsen müssen. Ihr potenzielles Bildungsinteresse wird oft lächerlich gemacht.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

7. Bildungseinrichtungen

Einen umfassenden Katalog von Bildungseinrichtungen darzustellen, würde den Rahmen dieser Betrachtung sprengen, deshalb wird hier lediglich eine Auswahl von maßgeblichen Bildungseinrichtungen wiedergegeben:

  • ƒdie Familie
  • ƒdie Freunde
  • ƒder Kindergarten
  • ƒdie Grundschule
  • ƒdie Hauptschule, das Gymnasium
  • ƒdie Fachschule
  • ƒdie Universitäten
  • ƒdie Volkshochschulen bzw. sozialpädagogischen Einrichtungen
  • ƒSeniorenhochschulen
  • ƒdas Fernsehen, der Rundfunk, die Medien, der Film, das Theater, das Musik- theater, Opern, Galerien und Museen
  • ƒwir alle.

Die Aufstellung zeigt, dass es eine Fülle von Institutionen gibt, die geeignet sind – pädagogisch oder ungebunden – Bildungsinhalte zu vermitteln, nahe zu bringen, zu vertiefen und auch zu erwecken.

Die Abläufe zwischen den verschiedensten Bildungseinrichtungen sind teilweise inkohärent, nicht aufeinander abgestimmt, in der Umsetzung nicht verzahnt, sondern am eigenen Verständnis ausgerichtet.

Der Kindergarten bzw. die Kita sieht sich als Sachverwalter der Kinderinteressen bei Überwindung traditioneller Strukturen zur Bewahrung von Kindern vor Schäden, Schaffung von Kontakten, pädagogischer Aufbauarbeit und dergleichen mehr. Für berufstätige Eltern wird die Kita als geeignete Bewahreinrichtung ihrer Kinder für die Zeit ihrer beruflichen Abwesenheit angesehen. Für Erzieher ist es ein psychosoziales Erlebnisfeld mit dem Hauptaugenmerk, diejenigen zu erfassen, die mitmachen, und zu versuchen, Störer zu integrieren und dabei auch spielerisch die Zeit zu überwinden, bis die Kinder wieder abgeholt werden. Bildungspädagogische Ansätze, die darauf gerichtet sind, frühkindliche Erfahrungsprozesse zu fördern und Lerninhalte zu vermitteln, die Kinder bildungsoffen machen, sind leider oft wenig erkennbar. Dabei kann schon früh damit begonnen werden, Kinder für die Zeit ihres Aufenthaltes im Kindergarten aus ihrem üblichen sozialen Milieu zu entführen und ihnen Gelegenheit zu geben, mit etwas konfrontiert zu werden, was außerhalb ihrer ständigen Erfahrungswelt liegt. Gerade bei Kindern hat das Besondere einen großen Stellenwert, eröffnet ihnen die Möglichkeit, das Erfahrene zu speichern, zu verarbeiten und im Sinne eines Bildungsgrundstockes bei sich zu belassen – und zwar auch dann, wenn es nicht stets präsent ist.

Grund-, Hauptschulen und Gymnasien sind im starken Maße auf Wissensvermittlung angelegt, wobei das Grundverständnis, weshalb Wissen zur Bildungsentwicklung notwendig ist, der Sinnzusammensetzung an sich, meist nicht weitergegeben wird. Deshalb erfolgt die Akkumulation von Wissen unter zufälligen Gesichtspunkten wie sporadischem, spezifischem Interesse oder allgemeiner Aufnahmebereitschaft. Insgesamt vorwiegend ist jedoch die Gleichgültigkeit gegenüber dem so dargebrachten diffusen Bildungsangebot. Der Grund dürfte zum Einen bei den Schülern selbst zu suchen sein, zum Anderen aber auch bei den Lehrern, die oft selbst keine Bildungsbereitschaft mitbringen, weil sie sich während ihrer Studien auf die Vermittlung von Lehrinhalten konzentriert haben. Dies entspricht ihrer Ausbildung, ihrer Berufung und dem oft verordneten Leistungsziel der Schulen. Dies ist aber grundverkehrt. Schulen benötigen gebildete, d. h. fächerübergreifend ausgebildete Lehrer, die in der Lage sind, den Schülern Zusammenhänge zwischen verschiedenen Fächern aufzuzeigen, Kybernetiker, bei denen z. B. Geschichte nicht die sich wiederholende Erfahrung von politischen oder kriegerischen Details ist, sondern die Schüler teilnehmen lässt an einem exemplarischen Prozess und die dadurch stimulierend wirken auf Sinn und Verstand der Schüler, auf ihr genetisches Erinnerungsvermögen und ihre wachsende soziale Erfahrung und ihnen damit Gelegenheit geben, Pläne für die Zukunft künftig gemeinsam zu gestalten.

Der Schüler ist heute in der Schule meist unterfordert. Aus dieser Unterforderung entstehen Gleichgültigkeit, Verdruss, oft Langeweile, sie schafft Aufmerksamkeitsdefizite und führt schließlich zur Überforderung des Schülers, angesichts der angebotenen Lehrinhalte, die als Pensum von ihm geschafft werden müssen. Eine Schule, die darauf konzentriert ist, alle Bereiche des menschlichen Lebens anzusprechen, die lyrische Metapher nicht nur im Deutschunterricht anklingen lässt, sondern Versmaß mit Mathematik zu verknüpfen vermag oder Wirtschaft mit Politik und Geschichte, Physik mit Philosophie und Computer mit Chemie, eine solche Schule wäre in der Lage, grundsätzlich vorhandenes Interesse bei den Schülern so zu verstärken, dass der eigene Erlebniswille für Bildung einsetzt.

Einem besonderen traditionellen Schultyp kann hier das Wort nicht geredet werden. Eine Ganztagsschule ist gemessen an heutigen Umständen sicher zu befürworten. Wichtig dabei ist aber auch, dass die Schule ganztägig den Schülern zur Verfügung steht und sich nicht als Bewahranstalt begreift. Soziales Erleben, Essen, vor allem auch Sport, Kunst und Musik, Tanz, Bewegung, Theater, all dies sind unerlässliche Voraussetzungen für den Betrieb einer Ganztagsschule. Die Ausbildung der Schüler entspricht dabei immer dem Bildungsstand der Lehrer, die sich ihrerseits nicht nur fachspezifisch einbringen dürfen, sondern eine Gesamtübersicht behalten müssen, Teilhaber des Schulbetriebs werden.

Die universitäre Ausbildung ist verständlicherweise und notwendigerweise wie jede Fachschulausbildung daran orientiert, dem Menschen eine Gelegenheit zu geben, sich im Leben zu verwirklichen. Dabei ist die Kompensation für geleistete Arbeit, die heute vorwiegend in Geld besteht, der eine Aspekt, der andere aber der Erwerb der Lebenssicherheit und die Teilnahme an einem gesamtgesellschaftlichen Schöpfungsprozess, der nur dadurch erreicht werden kann, dass der Student über seinen Tellerrand zu schauen vermag, eintritt in ein „Studium generale“. Einem Studenten der Rechtswissenschaft ist z. B. zu empfehlen, neben seinem Rechtsstudium nicht nur Betriebswirtschaft zu belegen und Sprachkurse zu besuchen, sondern sich auch für Theaterwissenschaften, Literaturwissenschaften oder Kunst zu interessieren. Nur durch die Fähigkeit, in das Wesen anderer Dinge einzudringen, in der Erfahrung von Bildung, vermag sich der Mensch auch vollkommen und souverän beruflich zu bewegen. Er ist so offen für Kreativität, ist offen, seine Erfahrungen mit denjenigen Anderer zu verknüpfen, um auch zum gemeinsamen gesellschaftlichen Erfolg beizutragen. Die fachspezifische Einengung der Ausbildung führt zu Ängstlichkeiten, zu Mutlosigkeiten, wie sie teilweise unter Politikern zu beobachten sind, fehlender Risikobereitschaft und Eigensinn. Das Leben ist Risiko, der Verzicht auf Risiko macht Leben immobil. Die Ausbildung wird damit entwertet.

Exkurs: Eine herausragende Rolle der Eltern bei der Entwicklung von Bildungschancen für ihre Kinder war schon mehrfach herausgehoben worden. Ein großes Problem stellt hierbei allerdings dar, dass Eltern oft ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie ihren Vorgesetzten erklären müssen, dass sie zu bestimmten Tagen oder Stunden nicht zur Verfügung stehen können, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Dieser Umstand ist in unserer Gesellschaft miserabel besetzt. Kinder zu bekommen und für diese sorgen zu müssen ist in unserer Gesellschaft ein Hinderungsgrund für Karriere und damit auch für die Befruchtung von Bildungsinhalten. Aber dort, wo die Eltern durch ihren Beruf aufgefressen werden, gefährden sie gerade die Bildungsentwicklung der Kinder. Hier ist Abhilfe zu schaffen. Der Mensch muss wieder zu einem ausgewogenen Berufsleben finden. Geld alleine ist im Leben nicht wichtig, sondern die Freude an einer sinnstiftenden Tätigkeit. Sie ist den Kindern auch vermittelbarer.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

6. Bildungsstrategien

Bildungsstrategien haben die Öffnung des Menschen für Bildungsangebote im Auge. Die Bildungsvermittlung beruht daher auf folgenden Faktoren:

  • ƒ Bildungserkenntnis
  • ƒ Bildungsbereitschaft
  • ƒ Gestaltung des Bildungsumfeldes
  • ƒ Bildungseinrichtungen
  • ƒ Bildungswerkzeuge
  • ƒ Bildungskommunikatoren.

Die Schaffung eines Bildungsumfeldes geschieht durch Schaffung von Bildungsräumen.

Auch wenn die Ausrufung von Schiller- und Einsteinjahren, die Diskussion über Heidegger u. a. von einer interessanten Bildungslandschaft zeugen, so können diese Vorgänge gleichwohl nur komplementär wirken. Bildung muss den Menschen nicht durch Schlagworte erschrecken oder ihn durch ein fest gefügtes Bollwerk von Behauptungen, Analysen und Bezügen überfordern. Bildung beruht nicht auf leeren Sätzen, wie sie etwa im Einsteinjahr überall zu lesen waren, sondern in der Pflege zarter Erkenntnispflänzchen, die erstarken können. Dies geschieht z. B. dadurch, dass mehrfach im Jahr Menschen, die keinen selbstverständlichen Zugang dazu haben, eingeladen werden, im Theater, im Konzert oder in der Oper Platz zu nehmen. Auch kann man diese Menschen bitten, das was ihnen nahe geht, aufzuschreiben und darüber zu diskutieren. Statt Parolen von Geisteswissenschaftlern und Politikern sollte auch Lyrikern mehr Raum für ihre Werke gegeben werden. Diese beinhalten Metaphern, die jenseits des aktuellen, jederzeit reproduzierbaren Verständnisses von vielen Menschen – gerade von sogenannten einfachen Menschen – schnell begriffen werden können. Wir müssen eine Ermutigung in der Literatur zulassen, die dem Menschen Orientierung zu geben vermag. Die Behauptung ist nicht abschließend, weist aber die Richtung zu mehr Originalität und unbekümmerterem Umgang mit der Bildung, als es die Bildungsverwalter und Archivare vermögen.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

5. Erfassung von Bildung

Bildung ist nicht Wissen, sondern die Verarbeitung von Wissen. Wissen ist im Menschen vorhanden und wird auch täglich an ihn herangeführt. Bildung beruht auf den Synapsen zwischen einer Fülle von Wissensangeboten, die der Mensch nicht erst bei seiner Geburt, sondern vom Beginn seiner Menschwerdung an erfährt. Dabei spielt auch die Auswahl zwischen den Wissensangeboten eine wichtige Rolle. Vieles ist bereits im jüngsten Menschen begründet, denn die Aufgabe der Gene ist es, verarbeitete Erfahrungen weiterzugeben. Damit erschöpfen sich allerdings die Bildungsfähigkeiten des Menschen nicht, sondern das Maß der Erfahrbarkeit von Bildung hängt entscheidend von seiner Bildungsbereitschaft und seiner Umgebung ab. Auch ist Bildung kein rein kognitiver Prozess, sondern umfasst den ganzen Menschen, seine Gefühle, seine Spiritualität, seine Fähigkeiten zu greifen und zu begreifen, zu hören, zu fühlen, zu schmecken, zu sehen, zu atmen und schließlich auch zu denken. Auch Bildungsangebote beschränken sich demgemäß nicht auf zu verarbeitendes Wissen. Die Ausbildung des Menschen ist ein komplexer Vorgang, der nicht dadurch vereinfacht werden kann, dass man den Bildungsauftrag einzelnen Einrichtungen zuschreibt und dabei die Komplementärfunktion der Anderen, der Gesellschaft, der Eltern usw. vernachlässigt. Wenig hilfreich ist daher die Denunziation eines angeblich nicht geeigneten Bildungsumfelds als bildungsfern oder bildungsfeindlich.  Das mag so begriffen werden, jedoch ist es das Ziel, dass diejenigen, die selbst Bildungschancen nicht mehr wahrnehmen wollen oder auch können, sich gegenüber ihren eigenen Kindern nicht bildungsfeindlich verhalten, sondern Bildung zumindest als eine Chance für ihre Kinder begreifen. Auch eine Neutralität gegenüber den Bildungsinteressen ihrer Kinder wäre dabei schon hilfreich. Deshalb ist es eine der vordringlichsten  Aufgaben, ein Bildungsverständnis  zu schaffen, welches als Konsens in der Gesellschaft verankert ist und somit den Boden für  Bildung  schafft.  Das  Bildungsklima  verbessert  sich  je  nachdem, wie  die Gesellschaft selbst Bildungsinteressen nicht mit Argwohn begleitet, sondern mit ansteckender Sympathie. Auch wenn die Gesellschaft oft bildungsstörende Einrichtungen – wie Computer und Fernsehen – aus dem Leben nicht entfernen kann, so können diese Einrichtungen doch auch zur Wahrung von Bildungsinteressen instrumentalisiert werden. Dabei geht es nicht nur um Bildungsprogramme, sondern um den bewussten und selbstbewussten Einsatz von Medien generell.

Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Selbstverständlichkeit. Dies ist leicht daraus abzuleiten, dass wir Menschen dazu bestimmt sind, uns für andere Menschen einzusetzen und damit die Menschheit selbst bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Je höher die Einsichtsfähigkeit des Menschen nicht nur in sein vorhandenes Leben, sondern auch in seine Zukunftsperspektiven ist, umso sicherer ist sein Umgang mit Instrumenten bei der Gestaltung der Zukunft. Warum sollte der Mensch nach Bildung streben? Diese Frage ist so müßig wie die Klärung der Seinsfrage an sich. Der materiell organisierte Mensch wird die Vorteile eines Bildungsvorsprungs genauso für sich entdecken wie der spirituell orientierte Mensch, dem die Bildung den Zugang zu sich, zur Mystik und anderen Lebensgeheimnissen eröffnet. Die Notwendigkeit der Bildung für den Fortbestand der Menschen ist wohl unbestritten. Es besteht jedoch Ratlosigkeit, wie Bildung implementiert und als selbstverständliches Lebensregelwerk erfahren werden kann.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

4. Von Anfang an Bildung

Bildung ist der menschliche Ausdruck für die Nutzung sämtlicher Fähigkeiten von Verstand, Gefühlen und Speicherkapazitäten für Wissen, Erfahrbares aufzunehmen, weiterzuverarbeiten,  weiterzuvermitteln  und zur Verbesserung  der eigenen  und fremden Lebensbedingungen einzusetzen. Bildung ist ein Zustand der Eigenverantwortung des Menschen gegenüber Anderen und seinem Leben. Ohne die Verantwortlichmachung jedes einzelnen Menschen ist Bildung daher undenkbar.

Unter Bildungsauftrag ist das Anliegen der Gemeinschaft zu verstehen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich der Einzelne von Kindesbeinen an in einem verantwortlichen Umfeld entwickeln kann und dabei die notwendige Unterrichtung  und  Impulse  erfährt, um  sein  eigenes  Anliegen  und  das  der Gesellschaft – und zwar Fähigkeiten weiter zu fördern – umfassend zu erfüllen.

Mit der Geburt des Kindes nehmen den Bildungsauftrag  zunächst die Eltern, Verwandte und Freunde wahr. Sie stehen in der allgemeinen Pflicht, dem heranwachsenden Kleinkind diejenigen Strukturen nahe zu bringen, die es ihm erleichtern, seinen eigenen Bildungsweg zu finden. Die sogenannte frühkindliche Erziehung ist von eminenter Bedeutung und kann nur bewerkstelligt werden, wenn die Eltern ebenfalls eine entsprechende Ausbildung erfahren, die sie in die Lage versetzt, Bildungsangebote an ihre Kinder weiterzugeben. Wichtig dabei ist insbesondere das Gespräch mit dem Baby, welches über Lalllaute und Wiederholung sinnloser Phrasen hinausgehen muss. Gerade auch in intensiven, ernsthaften Gesprächen akkumuliert das Kleinkind diejenigen Erfahrungen, die es später sprachgewandter, interessierter und bildungsoffener sein lassen.

Im frühkindlichen und kindlichen Erziehungsprozess spielen einerseits die verant- wortlichen Eltern, anderseits aber auch die im Kinde geweckte Verantwortung für sein eigenes Leben eine entscheidende und zielöffnende Rolle. Bildung und Ausbildung müssen darauf gerichtet sein, die Kontaktpersonen der Kinder so auszubilden, dass sie in der Lage sind, bildungsadäquat mit den Kindern zu kommunizieren. Dies gilt im Übrigen auch für frühkindliche Erzieher und Lehrer. Spezifische Bildungsangebote sollten frühzeitig unterbreitet werden, um von Grund auf die Voraussetzungen für entwicklungsfähige Bildungsinhalte zu schaffen. System Bildung beinhaltet eine Erfahrung der Öffnung der vermittelnden Personen und des Kindes durch die Einrichtung von:

  •  ƒSprach- und Sprechkreise für Kinder
  • ƒ Frühkindliche Musikerziehung
  • ƒ Tanz/Bewegung
  • ƒ Blick- und Beobachtungserziehung
  • ƒ Kontaktaufnahme mit anderen Bildungsforen

Ein Kleinkind wird niemals überfordert, weil es die Anforderung als Spiel begreift und gerne auf Herausforderungen reagiert. Nur die Unterforderung schafft Langeweile und dadurch eine Überforderung, die zur Ablenkung und schließlich auch zur Ablehnung von Bildungsangeboten führt.

Wichtig ist die Ausbildung der Lehrer, die fächerübergreifend sein muss und verstehen lehrt, welche psychischen und mentalen Voraussetzungen ein Schüler mitbringen muss,  um sich Bildungsangeboten  zu  öffnen.  Manche  Jugendliche  in  einer bestimmten Lebensphase  sind  den  praktischen  Erfahrungen  besonders  aufgeschlossen. Das Leben begreifbar zu machen, geschieht in erster Linie dadurch, dass man Kindern und Jugendlichen etwas zum Greifen gibt. Die „Spanischen Erbfolgekriege“ sind für die jugendliche Erfahrung weniger wichtig als Beispiele, die unser Leben in seiner Komplexität erfahrbar machen. Ist ein Jugendlicher über praxisnahe Vorgänge orientiert, ist er auch bereit, diese Erfahrung auf andere Gebiete,  z. B.  die  Literatur  etc.  zu  übertragen,  um  dadurch  sein  eigenes Bildungsinteresse zu weiten und die gewonnenen Fähigkeiten später sinnstiftend einzusetzen. Auch hier ist zu bedenken, dass zurückhaltende Angebote an Jugendliche eher dazu führen, dass diese sich zurückziehen und nicht mehr aus eigener Kraft für ihre Ausbildung sorgen werden.

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Hans Eike von Oppeln-Bronikowski