Archiv für den Monat: April 2016

Ängste

Manche Menschen haben Angst vor der Zukunft, manche vor dem Tod und manche vor anderen Menschen. Das ist normal. Ängste warnen uns vor Gefahren, denen wir persönlich begegnen könnten. Wahrnehmungen bestimmen uns dazu, dass wir uns verkriechen, schützen oder angreifen. Diese erzeugen Ängste in uns, ob wir sie bedenken oder nicht. Ängste sind nicht vernünftig. Sie können es auch nicht sein. Ängste muss man aber ernst nehmen. Als Symptom.

Wenn ein Mensch sich ängstigt, dann erinnert er sich möglicherweise an ein nicht verarbeitetes Erlebnis, dem er nicht gewachsen war. Er will nicht, dass sich dieses wiederholt. Ein Mensch ängstigt sich aber auch dann, wenn er noch keine Erfahrung im Umgang mit einem bestimmten Ereignis hat. Er weiß nicht, was auf ihn zukommt und das bereitet ihm Angst. All dies muss mit den Inhalten einer möglichen Gefahr, einer Bedrohung oder eines ungewissen Ereignisses überhaupt nichts zu tun haben, sondern Angst spielt sich in den Köpfen und im Gemüt von Menschen ab. Angst ist platzgreifend.

Kann ein Mensch seine Angst wieder aufgeben? Von sich aus ja, aber nur dann, wenn er erkennen kann, dass der Grund seiner Angst nicht besteht oder weggefallen ist und er nie verlacht wurde wegen seiner Angst. Sonst hält er an ihr fest wie an einer Trophäe und ist nicht bereit, das fehlgeleitete Gefühl einzugestehen. Wer Angst hat, kann therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Aber viele Menschen tun dies nicht, weil sie nicht als verrückt gebrandmarkt sein wollen. Das muss man verstehen.

Es gibt auch Menschen, die benötigen ihre Angst als ständigen Begleiter ihres Lebens, sie an Vorsicht ermahnend und als treuen Freund in einer komplizierten Welt. Angst ernst zu nehmen heißt, den Menschen ihre Angst nicht auszureden, aber auch nicht zu versuchen, sie rational zu begründen. Eine konkret begründbare Angst ist ein Widerspruch in sich selbst und gibt den sich Ängstigenden keine Chance, aus dieser wieder herauszufinden. Den sich Ängstigenden sollten wir zurufen: „Ja, ihr habt Angst vor der Welt, vor der Zukunft oder vor anderen Menschen. Das verstehen wir, das ist nicht schlimm. Mit eurer Angst könnt ihr leben oder euch auf etwas anderes konzentrieren. Das Leben ist nun mal voller Schwierigkeiten. Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.“

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Legerwall

Ein alter Juristensnack lautet: „Vor Gott, vor Gericht und auf hoher See bist du alleine“. Stimmt das wirklich? Vor Gott mag das so sein, sicher aber nicht vor Gericht oder auf hoher See. Bei Gericht stehen Rechtsanwälte ihren Mandanten bei, Gesetze und Regeln schaffen ein hohes Maß an Orientierung und auf hoher See trotzt der Steuermann den widrigen Gefahren.

Schwierigkeiten, Gefahren und Probleme gehören zum Leben. Damit umzugehen muss man in der juristischen Welt, wie auf hoher See lernen. Wenn das Schiff droht, aufgrund der Windverhältnisse an Land gedrückt zu werden und zu zerschellen, ist es eine brenzlige Situation, die in der Seemannssprache mit „Legerwall“ benannt ist. Dank seiner Erfahrung und mit Hilfe des Kompasses steuert der Steuermann dann das Schiff aus der Gefahr in ruhigere Gewässer und in den rettenden Hafen.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, ob auf hoher See oder in den endlosen Weiten des juristischen Meeres. Gott sei Dank ist jeder Mensch auch dort niemals wirklich allein, muss allerdings darauf achten, wem er sich anvertraut.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Werthaltung

Meins. Deins. Diese Unterscheidungen sind uns seit Kindertagen geläufig. Aber wie steht es mit unser? Das Gemeinsame wird beschworen, wenn es um die Verstärkung der Macht geht, um andere abzuwehren, sei es als Gruppe, Gegner oder Anspruchsteller. Nicht nur semantisch hat aber Anspruch mit Inhalt nichts zu tun.

Vielmehr heißt die Parole: Wir wollen etwas und ihr, das heißt, die Anderen, sollen es uns geben. Dabei kann es um unterschiedliche Dinge gehen, zum Beispiel um die Teilnahme an Entscheidungsprozessen und um finanzielle Mittel zur Umsetzung von Plänen. Pläne benötigen allerdings Fürsprecher, Bewerter und Entscheider. Skeptiker sind dagegen nicht gewünscht, die bezweifeln, ob der Einsatz der Mittel sinnvoll und zielführend ist.

Jeder gut gemeinte Hinweis, die Mittelzweckrelation zu prüfen, ggf. Aktivitäten zu koordinieren, um Kosten zu sparen, Kräfte zu bündeln, um bessere gemeinsame Ergebnisse zu erzielen, werden oft strategisch bewusst konterkariert oder bekämpft, um das Projekt nicht zu entschleiern und damit den Mittelzweckeinsatz in Frage zu stellen. Zur Werthaltung ist aber die Schaffung eines Wertes erforderlich und die eingesetzten Mittel so zu begrenzen, dass der Sinn und Zweck des Ganzen nicht gefährdet wird. Wenn weniger mehr ist, dann geht auch mehr.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Resteverwertung

Rudis Resterampe. Der Rest einer Stoffbahn oder der Restbestand an Möbeln, die einer neuen Kollektion weichen müssen. Preiswert jetzt zu haben, übrig geblieben aus dem einst großen Schatz der Kollektion. Ein leidiger Rest nun für den Einen, für den Anderen ein preiswertes Puzzleteil in seiner Sammlung. Reste werden meist in Bezug auf Waren benannt, bleiben aber auch an Gedanken und Worten übrig.

Der Rest eines unausgesprochenen Gedankens kann ausschlaggebend sein für eine weitere Überlegung, die sich erst noch entwickeln muss. Reste an Worten bilden vielleicht noch einen schnell verschickten Tweet oder sind der Beginn einer Verszeile, aus denen Andere ein Lied oder ein Gedicht machen können. Die Verwertung der Reste aus Gedanken, Emotionen und Worten schafften neue Biotope der Sprache des Empfindens und Handelns. Mit dem Rest etwas Neues zu beginnen, kann eine Herausforderung an den suchenden Menschen sein.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Pegida/AfD etc.

Alternativen gibt es immer. Die Frage ist nur, ob und wie wir sie nutzen sollten. Diejenigen, die keine Skrupel haben, am Montagabend in Dresden oder anderen Städten auf die Straße zu gehen und zu behaupten, sie seien das Volk, haben den Schulterschluss mit anderen gefunden. Sie sind dabei Verbündete unterschiedlichster Couleur. Wird es aber auch so bleiben?

Ich glaube nicht. Die Neonazis werden sauer werden, dass ihnen die AfD ihre Show stiehlt. Pegida will eigentlich nicht in die Parlamente, sondern auf der Straße skandieren und skandalisieren. Aber die AfD ist eine Partei. Sie muss in die Parlamente, um für ihre Anhänger glaubwürdig zu bleiben. Sie sind dann schon keine Trojanischen Pferde mehr, sondern die Verantwortlichen der AfD wissen, dass sie die präsenten Wirtsleute der Neonazis, Pegida und alle Dagegenseienden und Verschwörungstheoretiker Deutschlands sind.

Ob dieses Zweckbündnis allen gefallen wird? Wohl kaum. Über eher kurz als lang werden sie streiten, sich gegenseitig zermürben und peu á peu zerlegen. Ob man sich das wünscht oder nicht, ist dabei völlig gleichgültig. Das Verhalten ist typisch deutsch. Darauf kann man sich verlassen. Wir sind ein Volk.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Schrumpfende Dörfer

Hilfe, mein Kind schrumpft, so ein Filmtitel, durchaus vergnüglich gemeint. Bezogen allerdings auf Dörfer in Deutschland ein Klagelied. Es ist richtig. Dörfer schrumpfen. Junge Menschen zieht es in die Städte oder größere Ballungsgebiete, wegen der Arbeit, aber auch der Lebenschancen wegen, auf der Suche nach einem Lebenspartner und Vergnügen. Gibt es denn eine Alternative? Ja, dann, wenn strukturelle Schwächen als Stärke angenommen werden würden. Zum Beispiel:

  • höherer Erholungswert durch geringere Umweltbelastung, insbesondere durch Feinstaub,
  • Möglichkeit, „Zwergschulen“ einzurichten mit intensiverer kooperativer Betreuung von Kindern und Jugendlichen,
  • Sinnerfüllung durch nachbarschaftliche Zusammenarbeit,
  • Wahrnehmung von Schönem, weniger Hektik und Überforderung,
  • autonome Erzeugung von Energie durch Solarzellen und Windräder,
  • Entwicklung bzw. Stärkung des Sozialunternehmertums,
  • Schaffung von mehr Mehrgenerationeneinrichtungen und bessere Organisation der Pflege,
  • dank Internet risikofreieres Entwickeln von Möglichkeiten bei geringerem Kostenaufwand,
  • Siedlerstolz und Schaffung neuer Möglichkeiten.

Diese eher spekulative Liste wird konkret angereichert werden durch die vielen Neuankömmlinge aus anderen Kontinenten und Ländern, die keine seelischen und geistigen Probleme damit haben, auf dem Land zu leben, sondern die schrumpfenden Dörfer als willkommene Gelegenheit wahrnehmen, sich zu verwirklichen. Darauf dürfen wir hoffen und stolz sein, dass wir derartige Angebote unterbreiten können.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Rosemarie Bronikowski

Nein, ich verschweige natürlich nicht, dass du meine Mutter bist. Aber in aller Öffentlichkeit wirst du als kraftvolle Lyrikerin und Schriftstellerin wahrgenommen, die mit der ihr anvertrauten Sprache sorgsam und bildscharf umgeht. Du führst deine Leser nicht in die Irre, verabreichst auch keine Wahrheiten, sondern tischst Nachdenklichkeit auf.

Wäre ich ein Gourmetkritiker und deine Gedichte Menüs, so würde ich behaupten, du forderst deine Leser auf, unverbildet zu schmecken, zu sehen und zu riechen, was du ihnen anbietest. Mögen auch die Grundnahrungsmittel wohl bekannt sein, so verschaffst du ihnen Geltung durch die Zubereitung und Verfeinerung mit Witz und eine Prise Ironie. Dies als notwendige Zutat, damit der Leser die gesamte Opulenz des Werkes zu schmecken vermag. Aus deinem dichterischen Gesamtwerk eine Kostprobe aus „Von der Hand gesprungen“.

Das Leben hat´s in sich
es hat seine Festtage
seine Fröhlichkeiten
auch seine Traurigkeiten
aber meistens fließt´s nur dahin
genau das ist uns nicht geheuer
wenn eine runde Zahl erscheint und die nächste
schon am Horizont aufflimmt.
Das Lachhafte am Leben ist seine Kürze
die vorher wie Länge aussah.
Der fliegende Wahnsinn der Jahre
bewegt sich ohne unser Zutun ins Absurde
und ist nur mit Sinn für Komik zu ertragen.

Noch mehr von den literarischen Angeboten unter www.rosemarie-bronikowski.de.

Auch, wenn du 5 Sterne verdienst, Ehrungen sind und waren dir nicht wichtig, aber dass die Gäste sich an deinem Tisch stets wohlfühlen und bleibende Erinnerungen an das Mahl behalten, das erfüllt dich mit Genugtuung und Freude.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Hugo Tempelman

Aids ist eine Chance. Hugo Tempelman hat das nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen. Im Jahre 1990 kam er mit seiner Frau Liesje nach Südafrika. In Elandsdoorn, einem entlegenen ländlichen Gemeindewesen, baute er eine medizinische Versorgung für die dort lebende arme Bevölkerung auf. Er hat mit seinen Patienten erfolgreich den Kampf gegen HIV und Tuberkulose aufgenommen.

Sein charismatisches Wesen hilft ihm, die Herzen der Menschen nicht nur in Südafrika zu erschließen, sondern auch in Europa und weltweit. Er wirbt mit freudiger Bestimmtheit für seine Arbeit nicht nur auf medizinischem Gebiet, sondern auch bei der Fürsorge für Aidswaisen, deren häuslicher Unterbringung, Beschäftigung und kultureller Entwicklung. So profitiert nicht nur Südafrika, sondern wir alle von seiner lebensbejahenden Zuwendung gegenüber kranken und stigmatisierten Menschen. Dies bezeugt www.hugo-tempelman-stiftung.de.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Deutschland

Heinrich Heine klage einst: „Denke ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ Pustekuchen! Kaum irgendwo auf dieser Welt kann man entspannter schlafen als in Deutschland.

70 Jahre krieglos, wiedervereinigt, wirtschaftlich wunderbar – eine Erfolgsgeschichte, die wir den Bürgern, ihren gewählten Vertretern, der Wirtschaft, Verbänden und Vereinen, als auch dem Wohlwollen unserer Nachbarn verdanken. Wie jeder Erfolg ist auch dieser komplex gestaltet, birgt Fehler, Irrtümer, Konflikte und Kompromisse.

Damit nehme ich wahr: In Deutschland wird alles benannt, jedes Problem dekliniert, in seine Bestandteile zerlegt und um Lösungen gerungen. In Wahrheit gibt es hier kein Basta! als endgültige Antwort auf die in Deutschland gestellten Herausforderungen. In diesem Land kümmern wir uns um alles, sind davon überzeugt, dass wir es schaffen, trotz aller Skeptiker, Apologeten, Fremdenfeinde, Rassisten, Gutmenschen oder gerade wegen dieser. Unsere Gesellschaft ist heterogen angelegt. Nichts wird unter den Tisch gekehrt. In einer Melange von Handlungen und Meinungen halten wir die Gesellschaft in einem immerwährenden Prozess in Schwung, wohlwissen, dass dies anstrengend ist, aber nie wieder Recht und Freiheit jedes einzelnen Menschen und unsere Bereitschaft, Kompromisse zu finden, wieder abgeschafft werden darf. Ist das etwa Euphorie?

Ja, so klingt es, aber in Wirklichkeit geht es um den Erhalt und um eine Stärkung unserer Gesellschaft, nicht aus Angst vor Ihrem Zerfall, sondern wohl wissend, dass sie dazu fähig ist, Probleme zu verarbeiten und dieser Erfolgsprozess sich weiter entwickeln lässt. Deutschland ist kein Sommermärchen, sondern ein beruhigender Ort des Diskurses, Disputs, des Spinnens und Träumens, der Innovation, der Beständigkeit, der Herausforderungen und Lösungen. Wenn ich nicht lustvoll arbeite, feiere, schlafe ich in diesem Land gut, auch in der Nacht, dank meiner Familie, meinem Nachbarn und aller friedliebenden Menschen hier in Deutschland.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Miesepeter

In jeder Suppe schwimmt ein Haar. Der Unterschied ist nur, ob man darüber lamentiert, Köche oder Bedienstete beschuldigt und den Gastwirt zur Rechenschaft ziehen will oder alternativ in Betracht zieht, das Haar aus der Suppe zu fischen, sich seinen Teil zu denken und abzuwägen, ob man künftig in dem Restaurant noch Suppe essen sollte, einen diskreten Hinweis dem Restaurantleiter gibt oder die Angelegenheit auf sich beruhen lässt.

Es wird schon nicht wieder vorkommen. Es soll aber auch solche Menschen geben, die krankhaft versuchen, ein Haar in die Suppe zu zwingen, am liebsten einen ganzen Schopf. Sie versuchen, sich selbst und anderen einzureden, dass irgendwelche Vorhaben nicht gelingen, falsch seien oder gefährlich. Sie empfinden sich selbst dabei als Mahner, als Aufklärer und Beschützer der Wahrheit. Je lauter sie dabei werden, umso verdrießlicher machen sie sich allerdings dadurch für uns. Woher wollen die neunmalklugen Biedermänner verdammt viel besser Bescheid wissen als wir? Was macht sie denn in ihrer Haltung so überlegen, so eindeutig? Ist es ihre skrupellose Zweifellosigkeit bezüglich ihrer eigenen Einschätzung?

Es ist für komplex und differenziert denkende Menschen oft schwierig, dagegen zu halten, weil natürlich alles immer bedacht werden sollte, das Für und Wider, bevor eine Entscheidung fällt. Wie soll aber ein Werk gelingen, wenn Miesepeter immer wieder einzelne oder mehrere Haare in der Suppe finden und damit nur eins schaffen, dass die Suppe kalt, nicht gegessen, ausgeschüttet oder abgelehnt wird, dabei wäre es manchmal leichter, das Haar stillschweigend zu beseitigen, um festzustellen, wie gut die Suppe dennoch schmeckt.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski