Es ist ein großes Rätselraten im Gange. Wie geht man mit dem neuen US-Präsidenten um? Ich habe bis heute kaum eine Meinung gehört, die nicht opportunistisch klang. Wir müssen erst einmal abwarten, schauen, was er vorhat und dann darauf flexibel reagieren.
Bullshit! Das eigene integre Verhalten sollte Maßstab für unsere Antwort auf diesen amerikanischen Präsidenten sein. Was macht es schon aus, wenn wir wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssten, aber dafür auch unsere Würde bewahren. Wie bei Kleinkindern reagiert dieser Präsident auch nur auf Grenzen, die ihm gesetzt werden. Er übertritt sie dann, wenn wir es mit den Grenzen nicht ernst nehmen, sondern diese als seine Dispositionsmasse begreifen.
Wir müssen unsere eigene Policy in Europa entwickeln und unsere Gedanken und Fähigkeiten anbieten, anstatt uns abzureagieren an den Vereinigten Staaten. Anfang der 80er Jahre las ich von Ayn Rand „Der ewige Quell“. Dem Vernehmen nach erlebt dieses Buch, das 1943 erschienen ist, in den USA seit der Regentschaft des Präsidenten Trump wieder eine Renaissance. Kein Wunder, denn, wie „Atlas wirft die Welt ab“, einem weiteren Roman von Ayn Rand, vermittelt „Der ewige Quell“ die simple Erkenntnis, dass der Erfolgreiche recht hat. Es steht ihm alles zur Verfügung, um sein Ego zu verwirklichen. Donald Trump hat einmal von sich behauptet, er habe kein Buch zu Ende gelesen. Das ist glaubwürdig, denn „Der ewige Quell“ umfasst ca. 1.000 engbedruckte Seiten. Wenn er nichts von Ayn Rand gelesen hat, so genügt ihm doch die Quintessenz des Buches bzw. die Quintessenz eines bestimmten Lebensgefühls, um zu begreifen, dass er damit durchkommt, wenn er nur eindeutig, zielbewusst und skrupellos genug ist.
Das müssen wir Europäer nicht verstehen, wir müssen diese suggestive menschenverachtende Ideologie aber auch nicht tolerieren. Trump ist für eine Elite in den USA erfunden worden. Er entspringt „the Fountainhead“ und die Vernachlässigten, die beschworenen Bürger im Mittleren Westen, die ihn gewählt haben, sind nur das Strohfeuer seines Erfolgs.
Puff! Sie sind weg und er kann sich um das Eigentliche kümmern: seine Deals. Wir müssen das erkennen und ihn hindern, Menschen hier mit seiner Krankheit anzustecken. Dabei meine ich nicht nur die Hartz IV-Empfänger, zu kurz Gekommenen und Abgehängten, sondern auch die sogenannten Eliten in Europa, die es ebenfalls schön finden, erfolgreich und skrupellos zu sein. Schade, dass die sogenannten einfachen Menschen den Eliten gern auf den Leim gehen, ganz egal, ob er rechts oder links herumgerührt wird.
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski