Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Das Lamento ist allenhalben groß. Kein Mensch kann es dem anderen noch recht machen. Dies schließt Politiker, Verkehrsteilnehmer und Nachbarn mit ein. Es gibt nichts, was bei uns nicht beklagenswert wäre. Ich kann es mir wohl ersparen, all dies aufzuzählen, weil ohnehin jeder Leser weiß, um was es geht und fast alle Menschen etwas zu beklagen haben. Wenn der beklagenswerte Gegenstand der Betrachtung nur weit genug weg ist, also den Klagenden eigentlich nicht berührt, klagt es sich am besten.
Das mag man Klagen auf hohem Niveau nennen. So weit würde ich allerdings nicht gehen. Ich halte das Niveau der meisten Klagen für eher bescheiden. Oft bringt schon eine einfache Frage, was der Klagende denn so beklage, ihn völlig aus dem Konzept: „Ja, weil ….!“ Die selbstverständlich nicht ausgesprochene Antwort ist, dass, wenn alle klagen, keiner am Rande stehen will.
Wenn nun der verständnisoffene Empfänger dieser Klage nach Abwägung aller Umstände meint, dass es doch noch nicht so schlimm sei, denn Ungerechtigkeiten, dumme Politiker, Volksverführer, Rassisten, Zerstörer und Migranten habe es schon immer gegeben und man habe doch zumindest in Europa schon erhebliche Fortschritte in der – zum Beispiel –Kriegsvermeidung gemacht, so folgt sofort ein: „ja, aber…“.
Wenn der Empfänger des Klagegesangs auch noch meint, dass wir in Deutschland vielleicht in einem der schönsten, erfolgreichsten und sichersten Plätze der Erde leben, dämmert allmählich das „Aber“ dahin und es folgt die Irritation des Klagenden, wenn der Empfänger der Klage den Spieß umdreht und selbst gedankenvoll auf die Probleme im Klimaschutz, Müllvermeidung und Bevölkerungswachstum hinweist.
Darüber ordentlich und nachhaltig zu klagen, fällt aber schwer, weil diese beklagenswerten Gegenstände komplex sind und sich einfachen Zuordnungen entziehen. Wir sollten eine Verständigung darüber finden, dass wir unsere ganze Hoffnung in unsere Kinder und Enkelkinder setzen, das bereits begonnene Werk der Verbesserung unserer Welt in allen wesentlichen Fragen fortzusetzen, wie dies trotz aller Rückschläge schon immer gewesen ist. In der Erwartung der fortschreitenden Verbesserung unseres Lebens haben wir unsere Kinder in die Welt gesetzt und beabsichtigt, ihnen Aufgaben anzuvertrauen oder etwa nicht?
Sollte es auch im Interesse unserer Kinder darum gehen, unseren Planeten zu erhalten, müssten wir allerdings drastische Maßnahmen ergreifen, obwohl wir uns davor fürchten, dies zu tun. „Es ist ja schon immer gut gegangen ist.“ Wir sind es nicht gewohnt, in größeren Zusammenhängen als den lokalen zu denken. Wenn Deiche brechen, schleppen wir Sandsäcke bis zur Erschöpfung, wenn allerdings sämtliche Deiche brechen und der Klimawandel unaufhaltsam ist, stehen wir im Norden Deutschlands permanent knietief im Wasser, und zwar auf Grundstücken, die wir nicht mehr die unseren nennen dürfen, sondern der Natur zurückgegeben haben werden. Das ist dann reichlich spät für grundsätzliche Überlegungen.
Wir sind dann mit der plötzlichen und permanenten Migration in höher gelegene Regionen, mit Verteilungskämpfen und Überlebensstrategien beschäftigt. Was folgt, ist mutmaßlich der Bürgerkrieg.
Können wir das noch verhindern? Ja! Gibt es einen anderen Weg? Nein!
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski