Als ich dank der Medien von der Querdenker-Bewegung erfuhr, war ich überrascht und auch neugierig. Es überraschte mich weniger, dass diese Bewegung Bill Gates für das Corona-Virus verantwortlich machte und es überraschte mich auch nicht zu erfahren, dass die Bundesregierung Konzentrationslager für uns alle anlege, damit der Freiheitswille der Bürger gebrochen und jeder geimpft wird. Derartige Wahrnehmungen sind in der stammesgeschichtlichen DNA der Menschen festgelegt und helfen Gruppen zur Identität in fordernden Zeiten.
Dass das Corona-Virus nicht für alle, aber für viele Menschen eine große Herausforderung darstellt, ist bekannt. Wenn sie nicht selbst sterben, so doch Angehörige und Freunde, die Meisten leiden, manche nicht. So war es bei den Menschen schon immer und wird es auch künftig bleiben. Was mich wirklich bei der Querdenker-Bewegung überraschte, war also nicht der Gegenstand ihres Denkens, sondern der Umstand, dass sie „quer“ denken.
Ich wusste bisher nicht, dass es ein vertikales und ein horizontales Denken gibt, wie mir auch ein vertikales und horizontales Hören bzw. Sehen nicht geläufig waren. Ich dachte, es käme auf das gesamte Sichtfeld, alle Sinne also, die Wahrnehmung insgesamt an. Auch vertikales oder horizontales Fühlen, welches den Emotionalhaushalt belebt, konnte ich mir bisher quer nicht vorstellen. Geht das, quer zu fühlen?
Bisher habe ich das alles einheitlich gesehen, muss allerdings bekennen, dass ich es durchaus faszinierend finde, die Ordnung zu sprengen und auch das Denken als Anschauungsfrage zu etikettieren. Ich denke, also bin ich. So meinte Descartes. Hat er dies nun horizontal oder vertikal gedacht? Neben horizontal und vertikal gibt es ja auch das Denken in Kreisen oder Ellipsen, das asymptotische Denken, das infinite Denken, das Denken ohne Anfang und Ende, das eingeschlossene Denken und das offene Denken.
Ich muss gestehen, dass mir bei so vielen Denkmöglichkeiten doch recht mulmig wird und ich doch etwas überrascht bin, dass sich eine Gruppe von Menschen damit begnügt, quer zu denken und das „Quere“ als etwas Manifestes anzusehen, wobei wir bisher zu wissen glaubten, dass Denken als Methode gerade eine Begrenzung des Denkens und deren strukturelle Festlegung nicht zulässt. Ich bin gespannt, was noch kommt, Um mit dem mir bekannten Lyriker Ernst S. Steffen zu schließen: „Irgendwann wird man mich zu Ende denken und dann bekomme ich die … verlorenen … Jahre zurück.“
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski