Archiv für den Monat: März 2021

Neugier

Die Frisur unserer Kanzlerin Angela Merkel, Skandale um den Ex-König Spaniens Juan Carlos oder Beziehungsprobleme des Florian Silbereisen. Alles nehmen wir wahr, so unterschiedlich die Themen sind, oft nur spezifisch interessiert, aber gleichwohl unabhängig davon, ob das jeweilige Ereignis tatsächlich mit uns etwas zu tun hat. Wir sind neugierig. Aber aus welchem Grund?

Eine Antwort könnte sein, dass unsere Neugier keinem willentlichen Verhalten entspricht, sondern wir uns einfach gegen sie nicht wehren können, weil wir nicht Gefahr laufen wollen, sozial isoliert zu werden. Was würde eine solche Isolation für uns bedeuten? Ich glaube, sie wäre nicht erträglich, obwohl wir uns bei der Ausübung von Neugier oft ertappt fühlen und diese abstreiten oder die Neugier anderer Menschen mit Spott bedenken. Wir alle fürchten uns vor eingeschränkter Kommunikation und dadurch entstehende Verunsicherung, die Argwohn fördert, die geistige und emotionale Balance gefährdet und Misstrauen hervorruft.

Wenn wir Menschen uns konsequent der Neugier versagen, nehmen wir Realitäten nicht mehr perspektivisch, sondern ausschließlich subjektiv wahr. Das Andere hört auf zu existieren, die eigene Vorstellungswelt vermag sie aber nicht zu ersetzen. Der Mensch erfährt allein durch seine soziale Vergewisserung in der Neugier eine Bestätigung, die ihm Kreativität und Handlungsfähigkeit ermöglicht. Nutzen wir also unsere Fähigkeiten mit allen Sinnen. Bleiben wir neugierig!

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Subjekt – Objekt

Ob wir Kant, Hegel, Fichte, Schelling, Platon, Schopenhauer oder die Religionsstifter befragen, stets bekommen wir ein abschließendes Urteil, das zwar Zweifel zulässt, aber einbindet in gewonnene Erkenntnisse.

„Aber was ist der Mensch im Kreise des Ions, ein Alles oder Nichts, ein fast verstummter Ton? Wer verbirgt sich hinter Leuchtreklamen? Wo ist der Gott, der sich dir selbst verlieh? Gott und Teufel haben gleiche Namen, die Wahrheit Mensch erfährst du nie.“

So erfinde ich mich in jeder Reflexion über mich selbst, die Natur, andere Menschen und alle Dinge an sich immer wieder neu zu meinem passenden Zweck. Unerschöpflich ist so das Begreifen, der Zweifel und der Irrtum.

Wir wissen nichts, sondern nur das Bemühen um Wissen verschafft uns Energie, Freiheit und Erfahrung auch da, wo eine Vollendung der Erkenntnis versagen muss. Wir sind zwar, was wir sind, aber dabei auch etwas, das wir nicht begreifen können. Finden wir uns damit ab.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Vertraut sein

Wem kann ich vertrauen? Von dieser Frage hängt im Leben aller Menschen viel ab. Die gesamte Werbung ist auf Vertrauen aufgebaut und auch unser persönliches Werben um andere Menschen, die uns nahe sind oder uns näher kommen sollen. Oft bleibt uns Menschen nichts anderes übrig, als zu vertrauen, denn Vertrauen schafft zumindest Hoffnung.

Es gibt Momente, die das Vertrauen rechtfertigen, aber rechtsverbindlich wird es dadurch nicht. Vertrauen beruht nicht auf Anspruch, sondern auf Gewährung und setzt darauf, dass derjenige, der Vertrauen begehrt, souverän im Interesse des Vertrauenden handelt. Er muss großzügig, aufklärend und verantwortungsbewusst damit umgehen können.

Trotz des sorgsamen Umgangs mit gewährtem Vertrauen, muss der Vertrauensnehmer einkalkulieren, dass das in ihn gesetzte Vertrauen objektiv nicht gerechtfertigt war. Dann muss er nach Lösungen suchen, um dem Vertrauenden Genugtuung ggf. Kompensation und Ersatz zu verschaffen.

Was in wirtschaftlichen Funktionszusammenhängen Erfolg haben mag, scheitert meist in persönlichen Beziehungen. Eine gestörte Vertrautheit, die auf Verabredungen beruht, ist nicht kompensierbar. Eine letztgültige Vertraulichkeit zwischen Menschen scheitert schon an ihrer Behauptung. Nähe beruht auf Souveränität und Achtsamkeit. Durch Nähe wird das Maß an Fremdheit bestimmt. Je detaillierter diese erarbeitet wird, desto geringer wird die Fremdheit und rechtfertigt Vertrauen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski