Archiv für den Monat: Oktober 2024

Verwandtschaft

Irgendwie sind wir, das heißt alle Menschen, miteinander verwandt. Mit dieser Einschätzung könnte es sein Bewenden haben, ist diese Einschätzung aber auch wirklich sinnvoll? Zweifel sind berechtigt. Alle Menschen bei der Betrachtung verwandtschaftlicher Beziehungen mit einzubeziehen, kommt einer Kapitulation vor der Totalität von circa 10 Mrd. Menschen gleich. Begreifen wir allerdings nur unsere nächsten Angehörigen, als die mit uns verwandten, sind wir sicher auch zu kurz gesprungen.

Es gibt bezüglich der Verwandtschaft etwas zu entdecken, was uns nicht täglich präsent ist. Das sind unsere Vorfahren. Warum? Weil Sie unverzichtbar für unser Dasein sind. Wären sie nicht geboren worden, hätten gelebt, geliebt, gearbeitet und die Frauen Kinder in die Welt gesetzt, dann gäbe es uns nicht. Frauen, wie Männer waren an diesem Leben beteiligt und haben seit ihrem Entstehen einen wesentlichen Beitrag zu unserer genetischen Ausstattung geleistet.

Über Jahre, Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg wurde ergänzt und verändert durch andere Menschen. Aber nichts ist auf diesem Weg verloren gegangen. Wir sind etwas Besonderes, aber auch Teil der Generationen, die sich vor unserem Auftreten entwickelt haben. Allerdings erschöpft sich Verwandtschaft nicht in einer genetischen Betrachtung, sondern wird genährt durch die Umstände, innerhalb derer eine Entwicklung des Menschen stattfindet.

Dazu gehören Plätze, Landschaften und Kontinente. Die Frage nach dem „Ich“ ist stets mit der Frage danach, wo ich herkomme, verknüpft. Unsere Herkunft ist wichtig für unsere Standortbestimmung in dieser Welt. Viele Faktoren sind ausschlaggebend. Neben dem geografischen, auch die Sprache, die Natur oder das städtische Umfeld, die Bildung, der Beruf, körperlicher Konstitution und Klima, um nur einige Aspekte zu nennen.

Über die Vergewisserung unserer Herkunft versichern wir uns der Einmaligkeit unseres Seins und der Bedeutung in dieser Welt. Das erlaubt uns, unser wahrgenommenes Ich im Zusammenhang mit allen uns verwandten Menschen zu reflektieren und so Erkenntnisse über uns selbst, unser Aussehen, unsere Verhaltensweise, unsere Eigenschaften und all das, was unser Leben bestimmt, zu gewinnen.

Durch die Erkenntnis von Verwandtschaft vergewissern wir uns, dass wir nicht allein sind, sondern die Chance wahrnehmen, prägend in die Matrix des Lebens einzugreifen, wie uns dies auch geschieht. Verwandtschaft macht uns zum ewigen Zeugen und Handelnden unserer eigenen Existenz.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Vergangenheit

Vergangenheit als Zukunftsort. Dies mag auf den ersten Blick als Widerspruch erscheinen, dieser Widerspruch löst sich aber schnell auf, wenn man bedenkt, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einander bedingen und keinem dieser Zustände ein Sinn ohne die Beteiligung der beiden Anderen zuzumessen ist. Aber es gibt Menschen, die infolge von Demenz und Alzheimer mit Gefühlen und Gedanken fast ausschließlich in ihrer Vergangenheit leben.

Es gibt auch Individuen und sogar Staaten und Länder, die aus politischen und weltanschaulichen Einstellungen heraus die Vergangenheit der Gegenwart und der Zukunft vorziehen und darauf beharren, dass sie am besten geeignet sei, allen Gefährdungen zu widerstehen. Diese Vorstellung ist nicht unrichtig, denn die Vergangenheit wurde bereits einem Klärungsprozess unterzogen, der dafür sorgt, dass alles, was bereits geschehen ist, nicht mehr verändert werden kann.Selbst dann, wenn sich die Vergangenheit einer Prüfung stellt, widerstehen die Tatsachen jeder Veränderung.

Welche Angebote unterbreitet aber die Vergangenheit der Gegenwart und der Zukunft?

Die Zukunft ist noch unbewohnbar, sie existiert nur als eine Idee, deren Konturen die Gegenwart formt. An der Gegenwart selbst zerren Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen und lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Alles ist möglich, möge die Auswahl gelingen!

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Sein

Sein oder nicht sein … das ist eine Menschheitsfrage, vor allem dann, wenn sie nicht theatralisch überhöht gestellt und persönlich ausformuliert wird. Das Sein als persönliche Erfahrung ist jedem Menschen allgegenwärtig.

Weniger geläufig ist jedem Menschen ein Sein, das ihm zugeordnet wird. Hierunter ist sowohl ein gesellschaftliches Sein, als auch ein rechtliches Sein zu sehen. Das gesellschaftliche Sein des Menschen, die Gemeinschaft mit anderen Menschen, aber auch mit Tieren, Pflanzen, Dingen sowie alle sonstigen stofflichen und nichtstofflichen Wahrnehmungen unterscheiden sich vom rechtlichen Sein des Menschen, welches von der Ordnung bestimmt wird.

Das rechtliche Sein des Menschen beginnt mit seiner Erzeugung und macht ihn vom ersten Tag der Befruchtung der Eizelle zu einem Wesen, welchen unter öffentlichem Schutz Rechte verliehen, aber im Prozess der Menschwerdung auch bereits Verbindlichkeiten auferlegt werden, die es mit seiner Geburt ohne eigene emotionale und kognitive Zustimmung bekräftigt.

Das rechtliche Sein des Menschen wird nicht von ihm selbst, sondern von anderen geschaffen. Es modelliert aber Rechte und Pflichten, die ursächlich im Sein liegen, aber keine Selbstbestimmung zulassen. Im Rechtssinne bestimmen weder Gott, noch die Natur das Sein des Menschen, sondern Regeln, die allerdings keine Allgemeinverbindlichkeit aufweisen müssen. So ist es erklärbar, dass das rechtliche Ich seine Ausprägung durch unterschiedliche Ordnungen erfährt, ob diese demokratisch legitimiert sind, auf Gesetzen und Verordnungen beruhen, ist dabei nebensächlich. Der rechtliche Status des Menschseins, natürlich unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bedingungen, werden nur zugebilligt und kann vom Menschen selbst nicht geschaffen werden. Der Mensch kann sich selbst nicht als Seiender im Rechtssinne legitimieren.

Dort, wo der Mensch Teil einer Gemeinschaft ist, bestimmt allerdings nicht allein sein Rechtsstatus die Existenz, sondern das Sein berechtigt und verpflichtet den Menschen, auch dort, wo das rechtliche Sein weder hilft, noch schadet, eine Verabredung mit der Gesellschaft einzugehen. Auch, wenn das Recht zum Beispiel mit Artikel 1 des Grundgesetzes, der Würde des Menschen, eine die Rechtsgewährung übersteigende Bedeutung zumisst, kann nicht das Recht, sondern nur die Gesellschaft das dem Menschen Zustehende gewähren. In der Gemeinschaft mit anderen Menschen erfährt der Mensch die Legitimation seines Seins, die ihm weder die Natur, noch das Recht garantieren kann.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Lebensplan

Hat uns der Urknall erschaffen? Welchen Lebensplan hat er uns mitgegeben? Die DNA unseres vegetativen Seins mag entschlüsselt werden, aber erklärt dieses Design und auch die Informationen, die unsere Mikroben zuführen, den ganzen Menschen? Etwas scheint uns voneinander zu unterscheiden, von jeder Pflanze, jedem Tier und auch jedem anderen Menschen.

Die Sinnfrage wird oft gestellt, aber meist raumgreifend in der Erwartung, dass ein Philosoph oder ein Religionsstifter die Antwort bereithält. Die Angebote sind vielfältig und erschöpfen sich in der flehenden Bitte: „Erkenne dich selbst.“ Das Dilemma ist unausweichlich, wie soll Selbsterkenntnis funktionieren, als Erfahrung, Experiment, Eingebung?

Orientieren wir uns an der normativen Behauptung, dass wir schließlich doch jemand sein müssen? Auch auf sich selbst zurückgeworfen, im Zirkelschluss gebannt, erfährt der Mensch sich nicht. Wenn also weder das Eine, noch das Andere sinnstiftend für den Menschen ist, wird dann nicht eine Matrix der Opportunität sichtbar? Vermögen wir nicht durch einen „process reverse“ das wahrzunehmen, was uns seit dem Urknall zum Menschen geformt hat?

Es scheint mir, dass je mehr wir voneinander und unseren Ansichten, Gewohnheiten und Einschätzungen loslassen, wir unserem Lebensplan näherkommen. Vielleicht müssen wir eine Interjourney in uns selbst und in der Zeit zurücklegen, um im Urknall zu erfahren, wer und warum wir sind.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ruck – Stiftung des Aufbruchs

Die Ruck-Stiftung des Aufbruchs wurde 2007 gegründet, um sich einzusetzen für bürgerliches Engagement und eine Gesellschaft der Selbstverantwortung und Solidarität.

Die Stiftung initiiert vorwiegend eigene Projekte, unterstützt im Einzelfall aber auch andere, die sich einen Ruck geben und durch ihr Handeln zeigen, dass sie sich aktiv einbringen wollen in Prozesse der Umgestaltung.

Die Ruck-Stiftung fokussiert in ihrer Arbeit seit Jahren das Thema Frühkindliche Bildung durch Elternbildung, das in den die Projekten VIVA FAMILIA! sowie SPRACHFÖRDERUNG UND KREATIVPROJEKTE für Flüchtlingsfamilien umgesetzt wird.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski