Archiv für den Monat: März 2025

Schwarzmalerei

Malewitsch, sein schwarzes Quadrat! Es scheint aufnahmefähig zu sein für alle denkbaren Betrachtungen der Wirklichkeit. Wie dies? Was verbirgt das Schwarze, was drückt es aus? Was gab es vor dem Schwarz und was wird sein, wenn das Quadrat nicht mehr schwarz oder gegenwärtig ist?

Jedenfalls birgt das Quadrat ein Geheimnis und zeigt doch seine Offensichtlichkeit, typische Schwarzmalerei! Sie verschafft Aufmerksamkeit, bedient Vermutungen, Argwohn und Skepsis, erlaubt aber dennoch eine Entlastung des Betrachters: „Ich hab das doch immer schon so gesehen!“

Schwarzmalerei wirkt wissend, persönlich und kollektiv, verunsichert, stärkt Zweifel, spiegelt aber auch Erwartungen und Hoffnungen, dass sich hinter dem Schwarzen etwas Erhellendes verbergen möge. Schwarzmalerei ist „Magic“ und geeignet, alle sonstigen Wahrnehmungen so zu verschaffen, dass der Betrachter kaum in Erklärungsnot gerät, wenn er mehr sehen sollte, als da ist, Schwärze. Er ist entlastet, muss selten zugeben, dass er sich etwa geirrt habe. Die Schwarzmalerei entspricht der Sehnsucht nach Entlastung vom Irrtum, während leuchtende Farben Argwohn und Misstrauen erzeugen. Schwarz bleibt schwarz, aber bei Gold weiß doch jeder, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, überhaupt sind alle Farben verdächtig. Die Mischung machts. „Weiße Wäsche“ ist dabei eine Behauptung, die nach Hinterfragung oft Farbblindheit offenbart.

Schwarzmalerei und seinem weißen Pendant ist eigen, dass die Wirklichkeit keiner dieser Anspruchsformen entspricht.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Menschheitsrätsel

Wer ahnt, empfindet, grübelt, denkt und handelt für und mit uns? Welche Gründe, Maßstäbe und Ziele sind dabei ausschlaggebend? Geschieht dieser Prozess kohärent und in Konkordanz zu unseren Erwartungen unter Berücksichtigung konkreter stofflicher Vorgaben nur in einem menschlich definierten physischen Raum oder werden auch transzendente Sphären mit einbezogen? Wie ist es um den ideellen und den materiellen Nutzen der Unternehmungen bestellt?

Die initialen Spekulationen eröffnen zunächst einen Bereich, der uns gleichsam aber verschlossen bleibt, wir erahnen nur eine nicht begreifbare Ordnung, die sich in ihrer Funktionalität als Künderin einer möglicherweise in ihr wohnenden, aber nicht erschließbaren Kraft darstellt. Was sich unserem Begreifen entzieht, ist dennoch einem Sinn zuzuordnen, dessen Orientierungskraft sich erahnen lässt, obwohl wir mangels geeigneter Beschreibungsmöglichkeiten auf eine Definition des Erfahrenen verzichten müssen.

Wo ist hier der Nutzen des Erforschens für uns? Welche Einsichten werden trotz unserer Ahnungslosigkeit hervorgebracht? Da uns sich das Totale trotz des Urknalls nicht offenbart, könnte es dann sein, dass Anfang und Ende sich darin abschließend gebildet haben? Die im Urknall geborgene Kraft hat unsere Anschauung von Allem initial geformt. So versucht der Mensch etwas so oder so zu beschreiben, welches je nach Tagesform und Einstellung geeignet sein könnte, seine Existenz und alles andere zu rechtfertigen oder zumindest plausibel erscheinen zu lassen.

Jedenfalls ermöglicht die Exegese ungebundener Anschauungen eine doch recht große Variation unbekümmerter Betrachtungen, zumindest soweit die sprachlichen Möglichkeiten und die Fähigkeit, diese zu artikulieren, reichen. Das ist doch wohl Blödsinn in einer leicht vermittelbaren Form, oder?

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Verständnis

Dank unserer Sprache sind wir dazu in der Lage, einander zu verstehen, ohne zwingend auch Verständnis füreinander haben zu müssen. Sprache lässt eine inhaltliche Entgrenzung allerdings nicht zu, sondern schafft eine Barriere, die bereits in ihrer Entstehung begründet ist. Wir haben die Sprache für unsere Kommunikation und unsere Erkenntnisgewinnung gewählt.

Ob wir sprechen, handeln, denken oder schreiben, stets ist Sprache unser konkreter Begleiter, befördert unsere Ausdrucksmöglichkeiten und hält diesegleichermaßen in Grenzen. Ohne Worte sinnieren, loslassen von Begrifflichkeiten, ohne jegliche Sinnvorgaben, schwer ist dies außerhalb eines Traums erlebbar. Das unsprachliche sich Gehenlassen, keine sprachlichen Instrumente bei der Erforschung des Lebens zu nutzen, sich auf Sinnsuche ohne Worte zu begeben, das ist schwer vorstellbar?

Vorhaben, die wir absichtlich voll angehen, werden stets an sprachliche Grenzen stoßen. Sind sprachlose Rufe möglich? Können wir die Sprache verlernen, um zu verstehen? Und wenn wir verstehen sollten, was würden wir dann erfahren? Wie könnten wir das, was wir dann erfahren, entschlüsseln? Welches Gespür haben andere Lebewesen, zum Beispiel Einzeller für sich und ihre Existenz ohne eine dem Menschen vergleichbare Sprache? Welches Wissen könnte jede Zelle preisgeben, wenn sie nicht so sprachlos von uns determiniert würde?

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Konnexität

Unterschiedlichkeiten können Verbindungen aufweisen. Es dürfte auch möglich sein, unterschiedlichen Seins-Zuständen eine Verbindung zuzuweisen, die dazu geeignet sein könnte, einen weiteren zunächst möglicherweise noch nicht bedachten Zustand herbeizuführen.

Konnexität beruht somit nicht auf einer vorgegebenen Gesetzlichkeit, sondern einer Zusammenführung von Umständen sui generis, die eine Immanenz dieser an sich unterschiedlichen Zuständen schafft. Ebenso wenig, wie es zum Beispiel einen Typus Mensch gibt, gibt es auch keine typische Gemeinschaft, sondern wir sind Individuen, die aus den unterschiedlichsten Gründen miteinander in Verbindung treten und dafür sorgen, dass sie aus dieser Mischung von Fähigkeiten und Umständen vielleicht sogar neue Erkenntnisse zu ihrem Verhalten gewinnen können.

Im Gegensatz zur Solidarität beruht die hier beschriebene Konnexität aber nicht aus einer gewollten Fügung unterschiedlicher Akteure zu einer Verabredung, sondern aus der Verabredung selbst, am gleichen Strange ziehen zu wollen, die Dinge miteinander zu verknüpfen und dabei alle Reibereien und Komplexitäten im Interesse der Sache in Kauf zu nehmen.

Solidarität entspricht also stets einem Pflichtprogramm, kein Teilnehmer sollte sich drücken dürfen. Schwinden allerdings die gemeinsamen Interessen, bleibt auch die Solidarität auf der Strecke. Konnexität wird geradezu von Gegensätzen und komplexen Sachverhalten befördert und gewinnt an Intensität, je intensiver die miteinander verbundenen Kräfte bereit sind, eigene Vorstellungen mit denjenigen anderer zu verknüpfen, um Lebenssachverhalte aufzudecken, die erkennen lassen, dass ein Zusammenhang zwar bereits besteht, aber noch nicht erkannt wurde oder verbindlich aufoktroyiert wird.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski