Cum Ex

Cum Cum und Cum Ex. Begriffe, die sicher heute nur wenige verstehen und viel weniger begreifen, welche perfide Methode der Geldmehrung dahintersteckt. Mit Hilfe von Banken machen wohlgesittete Gangster Millionengeschäfte, indem sie steuerliche Vorteile, die ihnen allenfalls einmal zu stehen, gleich zwei Mal und mehr kassieren. Geschädigt wird damit nicht der Staat. Der hat dadurch etwas weniger Steuereinnahmen. Geschädigt werden wir Steuerzahler, die an Steuern dann mehr aufbringen müssen, um den Staat zufriedenzustellen.

Diese privaten Steuerraubmodelle könnten sogar legal sein, weil noch keine Vorsorge getroffen wurde gegen diese Form der Plünderung. Aber, was legal sein kann, ist noch lange nicht rechtens. Warum tun Menschen dies? Warum und mit welcher inneren Rechtfertigung nehmen Menschen etwas in Anspruch, das ihnen aufgrund eigenen Wissens gar nicht zusteht? Warum – und dies betrifft nun auch den Abgasskandal – manipulieren Menschen Autos bzw. ordnen an, um mit künstlich niedrigen „Abgaswerten“ bessere Umsätze zu erzielen, wohlwissend, dass damit die Abgase nicht verschwunden sind, sondern Menschen weiterhin mit Feinstaub erheblich belasten.

Es ist nicht erklärbar und kann rational auch nicht begründet werden. Einmal abgesehen von der pauschalen Verdächtigung, dass es sich hierbei wohl um Gendefekte handeln müsse, bleibt nur die Erklärung, dass innerhalb einer Zivilisation immer Grenzen ausgetestet werden und eher das Scheitern in Kauf genommen wird, als den Versuch der Grenzüberschreitung nicht gewagt zu haben.

Alle Handbücher über Good Governance und ehrbares Handeln können hier nicht helfen. Die Werte werden zwar beschworen, aber sobald die soziale Kontrolle versagt und Profitgier alle Bedenken zu beseitigen vermag, wird eine Beliebigkeit der Täterschaft und Ahndung geschaffen. Es wäre klug, wenn wir uns selbst noch anderen Werten als unserer individuellen und kollektiven Gier verpflichtet fühlten und bereit wären, diejenigen, die gegen unsere Regeln verstoßen, sozial zu isolieren. Das Beispiel dürfte dann Schule machen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Verseuchung

Ein Film, den ich vor Kurzem im Fernsehen sah, handelte davon, dass eine junge Frau als erzwungener Drogenkurier unfreiwillig verseucht wurde. Eine Droge, die in einem Plastiksäckchen verpackt, ihr unter die Bauchhaut eingenäht wurde, platzte und setzte einen Stoff frei, der dazu führte, dass Zellen ihres und anderer Körper in schwindelerregendem Tempo miteinander kommunizierten und schließlich ihre kognitiven Fähigkeiten auf 100 % erweiterte. Dann war sie tot und was von ihr blieb, war ein Computerstick.

Eine interessante Parabel des menschlichen Lebens und Scheiterns die hintergründig aufzeigt, dass eine digitale Maschine 100%ige kognitive Leistungsfähigkeit erwerben kann, aber daran nicht scheitern wird. Unsere Zellen dagegen sind dem, was wir heute schon Reizüberflutung nennen, nicht gewachsen. Wir können es nicht sehen, fühlen oder schmecken, aber nicht nur kosmische Strahlen, sondern ein dichtes Netz an Informationen umgibt uns.

Wir können nur hören, was für uns bestimmt ist, nur abrufen über elektronischen Geräte, die Informationen zu entschlüsseln vermögen. Sind die Geräte ausgeschaltet, sind diese Informationen aber nicht weg, sondern und durchgeistern weiterhin alle Zellen unseres Körpers, kommunizieren mit uns jenseits der kognitiven Wahrnehmung. Wir sind verseucht und trauen uns dies nicht einzugestehen. Nirgendwo wird uns eine Möglichkeit gegeben, uns von der Verseuchung zu reinigen. Wir sind den von uns elektronisch ausgelösten Informationen auf Dauer ausgeliefert.

Die elektronischen Impulse sind nicht abhängig von unserer Wahrnehmung, sondern haben unseren Schutzbereich schon seit längerem verlassen und begonnen, den gesamten Weltraum mit Informationen zu verseuchen. Ist das schlimm? Diese Frage stellt sich meines Erachtens nicht mehr, da es keine Frage nachträglicher Einschätzungen sein kann, sondern wir nur noch wahrzunehmen haben, was geschieht. Nichts ist gut daran oder böse. Diese Art der Verseuchung war unabwendbar. Da intelligenten Geräten nunmehr weltweit Informationen zur Verfügung stehen, werden sie sich dieser bedienen und damit eine exklusive Einsicht in unser Leben erlangen, die uns mangels ausreichender kognitiver Fähigkeiten verschlossen bleibt.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Künstliche Intelligenz II

Stephen Hawking soll der künstlichen Intelligenz dieselbe Bedeutung zugemessen haben, wie der Einführung der Elektrizität oder der Mobilität. In ihrem aktuellen Wahlprogramm verkündet die CDU/CSU, dass sie in der nächsten Legislaturperiode eine Vollbeschäftigung der Arbeitnehmer in Deutschland anstrebe. Allerorten werden vor allem jungen Menschen gefeiert, die in sogenannten Pitches neue Unternehmen, sogenannte Start-Ups vorstellen.

Menschen sollen disruptiv in ihrem Leben neue Wege gehen, kollaborativ mit anderen zusammenarbeiten und zukünftig vielfältig die Voraussetzungen für ihren Lebensunterhalt schaffen. Angesichts des sich statistisch vergrößernden Armutsbereichs in weiten Teilen der Bevölkerung wird über eine finanzielle Grundversorgung aller Menschen zumindest in Deutschland nachgedacht. Aber das passt nicht zusammen, wenn man der künstlichen Intelligenz die entscheidende Bedeutung bei der künftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung auf dem Territorium unseres Planeten beimisst.

Wie soll trotz aller anderslautenden Beteuerungen vermieden werden, dass diese künstliche Intelligenz den Menschen verdrängt? Wie soll angesichts der Aufgaben, die die künstliche Intelligenz übernehmen kann, der Mensch mit seiner angesichts dieser Intelligenz vergleichbar eingeschränkten Fähigkeiten noch mit dieser konkurrieren können? Ist die Existenz des Menschen unter ökonomischen Gesichtspunkten noch gerechtfertigt?

Zu verhindern sein wird die Ausbreitung der künstlichen Intelligenz nicht. Sicher sollten und werden wir sie nutzen. Wir befinden uns aber in einer Konkurrenzsituation und müssen auf unsere Fähigkeiten pochen, die uns der künstlichen Intelligenz gegenüber überlegen machen. Die künstliche Intelligenz mag so intelligent sein, wie wir das initiiert haben, d. h. sie mag über mehr Wissen verfügen, als wir jemals akkumulieren können.

Wir aber sind bildungsfähig, d. h. in der Lage, nicht in der Form simpler Rechenfunktionen, sondern in sprunghaften, emotionalen, intellektuellen, also disruptiven Prozessen Vorgänge zu gestalten, was die künstliche Intelligenz wohl niemals vermag. Wir dürfen die Situationen, in die wir uns gebracht haben, nicht bedauern. Sie sind folgerichtig und vernünftig. Was in Zukunft geschieht, ist erwartbar, aber wir müssen uns stets vergegenwärtigen, dass wir nur dann konkurrieren können, wenn wir begreifen, dass alles von Menschen für Menschen gemacht werden soll: „Humans First“.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Abstumpfung

Noli me tangere. Berühr mich nicht. Das ist das Mantra einer an medialen Eindrücken überfütterten Gesellschaft. Die Reizschwelle des optischen Erlebens wird immer mehr angehoben. Hier ein Clip von verhungernden Kindern, dort ein mitgefilmtes Attentat, detonierende Häuser und verbrennende Menschen. Alles live, aber so wenig unterscheidbar von Killerspielen und Darbietungen in sensationellen Events der Virtualität.

Die Frage ist nicht, was ist noch real, sondern was geht uns noch das reale Elend dieser Welt an? Auch ich nehme eher nur beiläufig ein schlimmes Vorkommnis, ein Attentat oder Ähnliches wahr. Selbstverständlich finde ich die Grausamkeiten in dieser Welt empörend und bedaure alle Opfer eines Attentates oder Unglücks. Und doch bleiben meine Emotionen kalkuliert, der Verstand abwehrbereit. Einmal abgesehen von einem Umstand, der meiner Familie oder mir persönlich nahekommen würde, scheinen die Bilder mehr zu distanzieren, als Nähe zuzulassen.

Mit dem Schock stellt sich Abwehr ein und nach vielen Schocks ist der Erkenntnisprozess versiegt. Ich glaube, wir müssen nicht alles wissen. Ich glaube, es muss uns nicht alles vorgeführt werden, um uns begreifbar zu machen, dass bedrängte Menschen und Opfer einen Anspruch auf unseren Schutz haben. Wir sollten uns zurücknehmen in der Opulenz des Betrachtens, den Voyeurismus einschränken und aus der Fülle der Schreckensangebote nur das auswählen, was wir zu verarbeiten bereit sind. Verarbeiten heißt dabei nicht wegschieben, sondern mit Empathie und Engagement daran zu arbeiten, dass wir mitfühlende und helfende Menschen trotz Reizüberflutung bleiben.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Geschwätz

Also, Hand aufs Herz. Wer ist nicht fast drauf und dran zu kapitulieren angesichts der Flut an schriftlichen Botschaften, stammen diese aus E-Mails, Fachzeitungen, Zeitschriften, Blogs, Bücher und sonstige schriftliche Äußerungen. Zu allem Schriftlichen gesellt sich das Mündliche aus Smartphone, Fernsehen und Rundfunk. Der Computer bietet das volle Programm und fordert dazu auf, auch noch Nachrichten wahrzunehmen, die unspezifisch Leser und Zuhörer erreichen.

Alles scheint wichtig zu sein. Das ist es aber nicht. Die Geschwätzigkeit hat Einzug gehalten in alle Medienbereiche, also auch in alles Optische, ob Kunst oder Film. Nichts bleibt von der Geschwätzigkeit verschont. Selten werden Filter angeboten, die das uns Wichtige oder uns Interessante aussondern, zum Denken anregen oder Empfindungen längerfristig bedienen. Die Rückbezüglichkeit auf andere Wortbeiträge oder Vorkommnisse macht es fast unmöglich, noch einen eigenen Standpunkt der Verfasser erkennen zu können.

So fängt allmählich das ganze öffentliche Wort- und Bildgeschehen an, sich in einen Brei zu verwandeln, der in seiner Klebrigkeit uns alle immunisiert gegen wirkliche Neuigkeiten aus der Philosophie, der Kunst und der Gesellschaft. Natürlich wird die Geschwätzigkeit in Allem noch zunehmen, aber sie wird zwecklos bleiben. Es ist zu befürchten, dass die allmähliche Abstumpfung gegenüber Worten dem Standard des Empfängers entspricht. Um künftig noch geneigte Zuhörer und Leser sowie Betrachter zu haben, sollten wir uns mit unserer Schwatzhaftigkeit zurücknehmen und bleibende Eindrücke provozieren.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

G 20

Endlich! Der Spuk ist vorbei. Hamburg ist wieder befreit aus der Geiselhaft von über 20 Staatenlenkern plus Anhang und Sicherungskräften. Hamburg ist wieder befreit von Chaoten, denen Politik völlig gleichgültig ist. Diesen geht es um Rabatz und Bestätigung ihrer kriminellen Energie unter dem Schutz der Demonstrationsfreiheit und klammheimlicher Solidarität notorischer Misanthropen.

Der G 20-Gipfel wird nicht als schön und auch nicht als besonders erfolgreich in Erinnerung bleiben. Wahrscheinlich kann sogar behauptet werden, er war im behaupteten Sinne überhaupt nicht erfolgreich, da er wenig gebracht, aber viel gekostet habe. Es ist völlig legitim, all dies zur Sprache zu bringen und schließlich auch, völlig zu Recht, darauf zu verweisen, dass es eine unerträgliche Zumutung ist, Hamburg für solche Formate zu beschlagnahmen.

In Hamburg leben Bürger, Menschen, die arbeiten müssen, einkaufen gehen wollen und flanieren. All dies war nicht oder nur eingeschränkt möglich. Nun ist ein Teil dieser Stadt zerstört und muss wieder aufgebaut werden. Was bleibt: Wut, Hass und Erleichterung. Es ist vorbei. Die Krawalle erfolgten auf Ansage, es verbarg sich schon in der Ankündigung, die Politiker des G 20-Gipfels in die „Hölle“ zu schicken und fand sich bestätigt in der puren Aggression eines schwarzen Blocks.

Es ist der Polizei und der Polizeiführung zu danken, dass es nicht weitere Eskalationsstufen, insbesondere Tote gegeben hat. Es gab auch richtige Demonstrationen. Deren Aussagekraft überdauerten leider den Gipfel nicht. Eindrucksvoll waren für mich allerdings Demonstranten, die mit Lehm verkleidet auf Zerstörung und Armut in der Welt hingewiesen haben. Sie haben uns vor Augen geführt, dass wir nicht nachlassen dürfen, um uns über das Elend der Welt Gedanken zu machen und Lösungen anzustreben. Diese Demonstrationen benötigen allerdings nicht den G 20-Gipfel, denn dort werden sie ohnehin nicht wahrgenommen. Bei dem Treffen der Staatenlenker geht es vor allem um das Austarieren von Chancen und Möglichkeiten, frei nach dem Dealgedanken: Gibt’s du mir, dann gebe ich dir.

Es ist illusorisch anzunehmen, dass irgendetwas ohne Gegenleistung funktioniert. Es geht darum, dass bei solchen Gipfeln Leistungsanreize geschaffen und die Möglichkeiten eröffnet werden, neue Verbündete zu suchen oder realpolitische Partnerschaften zu verfestigen. Wo sonst sollten sich Putin und Trump treffen? Wo sonst könnte Herr Erdogan erfahren, was andere Staatsoberhäupter von ihm denken? Begegnungen der Politiker untereinander macht nicht den gesamten Gipfel aus, aber prägen ihn nachhaltig.

Die, die behaupten, der Gipfel bringe überhaupt nichts, verkennen völlig ihre eigene Bedeutung und Stärke. Aber Demonstrationen können nur dann etwas bewegen, wenn sie integrativ als Richtschnur für eigenes und fremdes Handeln wirken. Nicht Andere müssen machen, sondern wir, sei es bei der Wahl unserer Politiker, sei es bei unserem Engagement für andere Menschen durch Tätigwerden vor Ort oder durch Spenden und tägliche Zuwendungen gegenüber Dritten. Nur geben gibt, nicht schreien und Schuldzuweisungen, so war auch dieser G-20-Gipfel wieder ein Lehrstück für uns. Wir sollten anfangen zu lernen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Start-Ups

Start-Ups. Man könnte auch sagen, neue deutsche Welle. An vielen Orten, und zwar nicht nur in Berlin, finden unzählige Veranstaltungen statt, bei denen Jungunternehmen in sogenannten Pitches ihre kreativ/wirtschaftlichen Vorhaben vorstellen. Das ist eine Art des Realitätschecks, der Selbstbestätigung, aber auch der Hoffnung, Unterstützung zu finden. Gemeint ist die Unterstützung durch Business-Angels, Investoren oder Kreditoren.

Durch Kooperationen können sich auch Vertriebswege auftun, Partner finden lassen oder Tipps für Änderungen bzw. Ergänzungen des Businessplans. Die Veranstaltungen sind hilfreich. Das ist nicht zu leugnen. Erstaunlich ist nur, dass heute noch mit Start-Up-Unternehmen in der Regel junge Menschen in Verbindung gebracht werden, also solche, die sich wirtschaftlich auf den Weg im eigenen Interesse gemacht haben.

Das ist nicht zwingend. Auch und gerade ältere Menschen, die mit 55+ ihren ersten Erwerbsprozess abgeschlossen haben, sind jung genug, erfahren genug und oft auch finanziell so ausgestattet, dass sie Ideen, die schon lange in ihnen reifen, nun auch unternehmerisch umsetzen könnten. Das setzt aber voraus, dass man älteren Menschen dies auch zutraut, ihnen ggf. auch Kredite gewährt und nicht mit veralteten Lebenserwartungstabellen ihren Exit berechnet.

Ältere Menschen fokussieren möglicherweise im Gegensatz zu jungen Menschen nicht nur eigennützige Projekte, sondern auch fremdnützige. Shareholder Value kann sich auch umsetzen in gemeinnützigen Trägerschaften. Für junge und alte Unternehmen stehen in der Kooperation zudem ganz neue Crossover-Erfahrungen zur Verfügung, die genutzt werden sollten. Um diese nutzen zu können, sollten junge und ältere „Start-Uper“ aber dringend rechtzeitig Expertise einholen, und zwar insbesondere dazu, was die Organisationsform des Unternehmens, den Abschluss von Kooperationsverträgen, Exit-Regelungen und Undiscloser-Vereinbarungen angeht.

Die erworbenen Rechte müssen geschützt werden, um bleibende Erfolge zu sichern. Die Nachfolge sollte ebenso bedacht werden, wie familiäre Erwartungen. Eine rechtzeitig in Anspruch genommene Beratung ist weitaus kostengünstiger als der Aufwand, langzeitig und mit mäßigem Erfolg enttäuschte Erwartungen wieder zu kompensieren. Damit Start-Ups nicht nur einen kurzfristigen Hype bieten, müssen sie getragen werden von echter unternehmerischer Verantwortung und langfristige Ziele im Auge behalten. Engagierte Unternehmer sind für Deutschland, Europa und unsere Gesellschaft ein Segen, ganz egal, ob sie jung oder alt sind.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ehe

Jetzt ist es amtlich. Wir haben die Ehe für alle. Jeder kann jeden heiraten, ob Frauen Männer, Männer Frauen. Männer Männer. Frauen Frauen. Genderneutral. Geschlecht spielt keine Rolle, nur irgendwie muss man vielleicht noch Mensch sein. Wir werden sehen, wohin das führt. Spielt es künftig bei der Ehe eine Rolle, ob Gliedmaßen maschinell ersetzt wurden oder das Herz transplantiert?

Auch aus Sicht der Ehe wird das Menschsein neu definiert werden müssen und bald stellt sich die Frage, ob nicht jedes auch uns ähnliche Tier nicht heiratsfähig ist. Es geht bei der Ehe vor allem um die treuliche Vor- und Fürsorge, die Solidarität bei der Entwicklung gemeinschaftlichen Lebens. Warum soll dies mit einem Affen oder treuen Hund nicht möglich sein?

Aber auch die Ehe mit sich selbst könnte an Attraktivität gewinnen, der Ehefähige – so er möchte – teilt sich auf in unterschiedliche Wesen. In jeder Frau steckt auch etwas Mann. Es ist eigentlich egal. In jedem Mann steckt auch etwas Frau und jeder hat eine gute und schlechte Seite. Jeder Mensch hadert einmal mit sich selbst, streitet gern und versöhnt sich wieder. Vor allem besteht ein dringendes Bedürfnis nach Selbsterhaltung und persönlicher Für- und Vorsorge, Komfort und Unterhaltung.

Das alles kann der Mensch ohne Weiteres ehebedingt mit sich selbst vereinen. Die Ehe mit sich selbst dürfte über das Ehegattensplitting auch eine steuerliche Anerkennung finden und bei entsprechender staatlicher Registrierung andere davon abhalten, sich in diese Ehe einzumischen. Der mit in selbst verheiratet ist, kommt auch nicht auf die Idee, sich selbst mit anderen zu betrügen. Und wenn er es tut, steht die Scheidung ins Haus. Dies könnte sich allerdings in dem einen oder anderen Fall als wohltuend erweisen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Also sind wir

Wir wurden geboren. Das entsprach nicht unsere Entscheidung. Wir sterben. Das beruht in der Regel nicht auf unserer Entscheidung. Unser ganzes Leben beruht nicht auf unserer Entscheidung. Das Leben wurde uns nicht geschenkt, sondern angeordnet, aufgezwungen.

Unsere Menschwerdung folgt zwar auch einer wesentlichen Entscheidung unserer Eltern, aber nicht nur. Wir wissen, dass es Menschen im Allgemeinen geben muss, damit das Leben auf diesem Planeten seinen ihm immanenten Sinn hat. Das in die Welt geworfen sein des Menschen hat also Sinn und bedeutet doch Last. Was können wir vermeiden, was sollten wir müssen? Was müssen wir ertragen und was wird von uns erwartet?

Das ist zum einen individuell zu beantworten, je nachdem, in welchen Umständen wir aufwachsen, zum anderen aber auch umfassend gesellschaftlich und menschlich. Wir müssen unserem Leben den Sinn zuordnen und uns dieses Vorgangs stets bewusst sein. Sinn zu erhalten, heißt sich zu vergegenwärtigen, dass unser Leben eine Grundlage hat und uns in Verantwortung nimmt für die Erhaltung der Menschheit auf diesem Planeten und aller seiner Lebewesen, der gesamten Natur.

Diese Verantwortung muss gelehrt werden, und zwar beginnend mit den Eltern als immerwährender Lebensunterricht bis zum Tode. Wird unser Lebenssinn und dessen Erhaltung nur einzelnen Aufpassern überantwortet, so stellt sich allseits eine Überforderung ein, sowohl bei den Wächtern als auch bei uns, die wir den Sinn von diesen getroffenen Maßnahmen in unserer kleinen Welt oft nicht begreifen können und ignorieren.

Das gilt für den Klimaschutz gleichermaßen, wie für nicht recycelbaren Müll, Verschwendung und in Kauf genommene Erkrankung infolge persönlicher Vernachlässigung. Da unser Leben sinnvoll ist, muss es der Verschwendung und Zerstörung widerstehen, sonst sind wir die Opfer einer existenziellen Selbstverleugnung. Die Unterweisung in den Fächern Lebenssinn, Menschenwürde und Erhaltung des Planeten sollte nicht nur auf dem Schulplan stehen, sondern auch in jedem Gespräch mit sinnstiftenden Eltern berücksichtigt werden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Gemeinsinn

Jeder Autofahrer macht die Erfahrung, dass sich sein Vordermann nur an seinem eigenen Fortkommen interessiert zeigt. Kurz vor der Ampel stoppt er nochmal, um dann bei gelb-rot die Kreuzung zu queren. Der Hintermann muss stehen bleiben. An der nächsten Kreuzung setzt der Vordermann keine Lichtzeichen, sondern blockiert die ihm Nachfahrenden durch zögerliches Abbiegen in die kreuzende Straße nach links.

Hundehaufen mitten auf Gehwegen sind ebenso bleibende Ärgernisse, wie Rauchen auf U-Bahnhöfen und lärmende Bässe in öffentlichen Parks oder Wohnungen. Jeder Bürger hat hier seine individuelle Liste von Vorkommnissen, die ein gemeinschaftswidriges Verhalten von Mitmenschen belegen. Keiner ist beileibe frei davon, sondern wird oft selbst zum Täter und sei es nur aus Rache für das Verhalten anderer. Aber, worauf beruht dieses Verhalten? Ist es die Absicht, andere zu schädigen oder Gleichgültigkeit?

Es ist schwer, für den Menschen die Gemeinschaft, auf die er angewiesen ist, wirklich auch zu ertragen. Er muss Kompromisse eingehen und lernen, auch dann Ruhe zu bewahren, wenn Vorkommnisse gegen sein eigenes Gerechtigkeitsgefühl verstoßen. Es gibt soziale Hierarchien, auch wenn wir dies gern verschweigen würden. Menschen, die ständig mit anderen Menschen in bedrängten und bedrängenden Situationen konfrontiert werden, müssen mehr soziale Konflikte ertragen, als diejenigen, die sich durch Geld und den damit verbundenen Annehmlichkeiten freikaufen können.

Die sozialen Konflikte, die sich in Alltäglichkeiten ausdrücken, breiten sich im großen Umfange aus und impfen unsere Gesellschaft mit einer sich stets erneuernden Unzufriedenheit. Da hilft es leider wenig, stets unser wunderbares wirtschaftsmächtige Land zu beschwören, sondern es ist erforderlich, die Perspektive auf ein prosperierendes Miteinander in Freiheit, Ausgleich und Rücksichtnahme zu lenken. Der Bürgersinn kommt nur da zum Tragen, wo er auch belohnt und kontrolliert wird. Von allein geschieht nichts, weder auf der Straße, noch im Verhältnis zwischen Jung und Alt, Reich oder Arm.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski