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Authentizität

Wir werden überschwemmt von Nachrichten, Botschaften politischen und wissenschaftlichen Inhalts, werden informiert über Erkenntnisse in der Biowissenschaft, der Klimaforschung, der fortschreitenden Digitalisierung unserer Welt.

Eine Fülle von Informationen bemächtigen sich unserer Gedanken und Gefühle, erfahren eben genau durch unsere Wahrnehmung ihre Authentizität. Ohne uns und unsere Wahrnehmung wären alle Informationen völlig nutzlos, es sei denn, wir favorisierten den Informationsaustausch künstlicher Intelligenzen unter gleichzeitigem Verzicht auf jede menschliche Einmischung.

Ich bin allen medialen Formaten dankbar, die zwar meist nicht zielgerichtet, aber opulent im Angebot meine Wahrnehmungsbedürfnisse zu stillen versuchen. Auch wenn der Hunger nach noch mehr Informationen ständig wächst, vernetze ich mich so mit allem Wissen, das wiederum meine Zellen in Schwingungen versetzt, das Feuer in meinem Gehirn so zu entfachen vermag, dass ich den Wunsch verspüre, Blogbeiträge zu schreiben. Diese Blogbeiträge sind bereits Verarbeitungsprodukte meinerseits aus vorgekauten und verarbeiteten Produkten Anderer.

Primäre Informationsbedürfnisse werden durch meine Blogbeiträge nicht gestillt, aber möglicherweise Informationen aus der Aufbereitung von Gedanken und Gefühlen weitergegeben, die geeignet sein können, einen potentiellen anonymen Adressaten seinerseits zu Erkenntnissen zu verhelfen. Wenn ich von Organoiden höre und von Optogenetik lese, verstehe ich natürlich nur das, was ich lesen und begreifen kann, aber meine Einschätzungen sind dennoch Botschaften der Begeisterung oder der Angst, die beeinflussend wirken können.

Deshalb scheint es mir wichtig zu sein, das Leben als Lernprozess zu begreifen und sich zuweilen auch in Blogbeiträgen auszudrücken, und zwar selbst dann, wenn man davon ausgehen muss, dass die meisten Beiträge von Suchmaschinen angeklickt werden. Aber selbst dann, wenn niemand meine Beiträge lesen würde – was offenbar nicht stimmt – bleibt festzustellen, dass jeder – also auch jeder nicht offensichtlich wahrgenommene Gedanke – das gemeinsame menschliche Gedächtnis zu bereichern in der Lage ist. Deshalb werde ich weiter schreiben, aus Pflichtgefühl.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethical and Philantropic Solutions (Teil 2)

Der Mehrwert menschlichen Handelns kann sich dabei anders ausdrücken, als nur in vorgegebenen Maßeinheiten und Kosten. Den Menschen als Kostenfaktor zu betrachten, widerspricht ebenso dem Grundgesetz, wie auch kapitalistisches Gebaren, das den Gemeinsinn unserer Gesellschaft außer Acht lässt. Zum Beispiel verpflichtet die Sozialbindung des Eigentums, an der Schaffung von Wohnraum mitzuwirken, Landschaftspflege zu betreiben und Infrastrukturmaßnahmen für Städte zu unterstützen. Wir alle sind gefragt. Es geht um die Anwendung und Umsetzung ethischer Grundsätze sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich, in der Familie, am Arbeitsplatz, in Unternehmungen und in der Politik. Wir haben alle schon als Kinder von unseren Eltern vernommen, was man zu tun habe und was man besser ließe. Manche Menschen halten sich später nicht mehr an diese Regeln, dabei ist ein integres Verhalten sehr erfolgreich. Warum ist das so? Wenn sich die Menschen daran orientieren, was richtig oder falsch ist, dabei anderen Menschen nicht schaden, sondern nutzen, überträgt sich diese Gewissheit auf unser gesamtes Denken, Handeln und Empfinden, und zwar bei allen unseren Vorhaben. Dabei können wir nicht nur Einigen, sondern Allen Vorbilder sein und dafür sorgen, dass wir wertorientiert leben. Lösungen für unsere Lebensprobleme finden sich unter dieser Prämisse in konkretem Handeln auf allen Gebieten, auch in den Mixbereichen der Realwirtschaft und Philanthropie, in Umwelt- und Klimaschutz und in der Digitalisierung.

Es stehen uns viele Möglichkeiten für die Umsetzung neuer Vorhaben zur Verfügung, sei es durch klassische Unternehmen als auch Genossenschaften und Stiftungen, durch neues kooperatives Handeln, als auch durch Anstiften und Wegführung.

Eine Gesellschaft, die sich in der Gemeinschaft wiederentdeckt hat, ist unanfälliger gegen die Zerstörung durch Macht und Rechthaberei, Populismus, mediale Verführung und Fake News. Autokratische Verhältnisse bleiben undenkbar.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Ethic Solutions (Teil 1)

Die Welt ist schön! Vor Jahrtausenden haben wir damit begonnen, sie nach unseren Bedürfnissen zu gestalten. Wir haben immer alles von Menschen für Menschen gemacht und dabei entsprechend unserer Bedürfnisse auch auf die Ressourcen dieser Welt zurückgegriffen. Bei der Übertreibung unserer Nutzungsmöglichkeiten haben wir viele Fehler gemacht. Wir haben großen Schaden angerichtet, aber vieles ist uns auch gelungen. Probleme, die im Anthropozän besonders sichtbar geworden sind, beruhen auf unserer Fähigkeit, Entwicklungen auf allen Gebieten voranzutreiben.

Das Ergebnis ist ein enormes Bevölkerungswachstum, aber auch weniger Seuchen und Krankheiten, eine enorme Energieausbeute mit allen bekannten Konsequenzen, aber auch weniger Hunger, mehr Arbeit und Beschäftigung, kurzum mehr Lebensperspektive. Wir müssen alles sehen. Auch die großen Fortschritte, obwohl sie stets eine Kehrseite aufweisen, die uns Angst macht und uns verzagen lässt: Überbevölkerung, Verseuchung der Meere, Abschmelzen der Pole, Klimawandel, Atomkraft, Digitalisierung und schließlich „artificial intelligence“. Wir dürfen uns aber von der Verantwortung nicht zurückziehen, sondern haben Grund zu handeln, nicht völlig anders, weil dies unserem Leben nicht entspricht, aber mit abweichenden Perspektiven als bisher.

Kein „anderes Wesen“ kann uns retten, sondern wir können selbst unsere Fähigkeiten nutzen, die wir bei der Ressourcenausbeutung erworben haben. Vor dem Handeln steht das Erkennen. Unsere Welt ist unternehmensbestimmt. Sie ist aufgrund der industriellen Revolution, wie wir sie nennen, auf den Warenverkehr ausgerichtet, der den Stakeholdern, aber auch den Destinatären nutzt. Die dadurch gewonnenen Erfahrungen im Kapitalismus sollten ausgedehnt werden auf einen bisher kaum erschlossenen Bereich, um auch dort Mehrwerte zu schaffen, die uns gesellschaftlich und persönlich voranbringen. Philanthropie steht da für ein ethisches Verhalten, das kapitalistische Befähigungen mit den Möglichkeiten verbindet, ideell und finanziell einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen und zu nutzen.

Dies kann in allen Bereichen geschehen und geschieht bereits jetzt schon in der Gesundheitsfürsorge, der Pflege, der Bildung, der Müllvermeidung, der Zweit- und Drittnutzung von Gegenständen, der Finanzierung, der Ernährung, der Energie und der Wohnungswirtschaft.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Erosion

Haben Sie zuweilen nicht auch den Eindruck, dass zur Zeit alles aus den Fugen geraten könnte? Damit meine ich, dass dies nicht nur auf die Anmaßung herrschender Politiker zurückzuführen ist, sondern durch unser eigenes Verhalten bedingt wird. Wir sind nicht nur anderen, sondern auch uns selbst weniger verlässlich geworden. Unser eigenes Misstrauen gegenüber anderen sorgt dafür, dass diese Menschen uns möglicherwiese auch nicht mehr vertrauen. Das macht uns natürlich wiederum misstrauisch diesen gegenüber und so fort. Vertrauen, gemeinsame Ziele und Zuversicht sind der Kitt jeder Gesellschaft.

Was sind nun die Gründe für eine gefühlte Erosion unserer Gesellschaft, das Zerbröseln des Kittes. Ist es wirtschaftliche Unsicherheit, die Angst vor Flüchtlingen, Altersgefahren oder die Digitalisierung bzw. Vernetzung dieser Welt und dem damit verbundenen informativen „Overflow“? Von allem sicher ein wenig.

Es wird uns viel zugemutet und dies in sehr kurzen Erregungseinheiten. Die Frequenzen, in denen unser Geist und unsere Gefühlswelt bedient werden oder besser konfrontiert werden mit neuen oder unangenehmen Erfahrungen ist extrem kurz geworden, insbesondere der Nachschub mit überflüssigen Informationen weltweit klappt und belasstet unsere Aufnahmefähigkeit für Neues, vor allem Wichtiges.

Das Ergebnis ist nicht nur eine äußere Verunsicherung, sondern eine, die uns selbst ergreift, unsere eigene Haltung zum Leben. Wir kapseln uns ab, erwarten dennoch viel von anderen, sind aber schon aufgrund des erwähnten Misstrauens nicht bereit, auch viel zu geben. Dabei ist doch Geben gerecht und nicht Nehmen. Dem wird entgegengehalten, dass dies nur ein Spruch für die Wohlhabenden sei, die Wirklichkeit sehe doch anders aus.

Ja richtig, aber diese Wirklichkeit gestalten wir, die Menschen. Sie wird uns nicht aufgezwungen. Wir entscheiden selbst, wie wir uns verhalten, was wir essen, wie wir zu unseren Partnern, Freunden und Kollegen sind. Wir entscheiden selbst, ob wir uns für andere Menschen öffnen oder verschließen. Es ist der freie Wille eines Menschen für sich und sein Verhalten gegenüber anderen, Verantwortung zu übernehmen. Es ist der freie Wille, Abwehrkräfte gegen menschenmissachtende Einflussnahme zu errichten.

„Lügenpresse“ mag dabei nur ein Stichwort sein, wer aber so ruft, sollte zumindest erwägen, ob er nicht selbst verführt wurde durch diejenigen, die ihn anstifteten, hier mit einzustimmen. Wie kann derjenigen, der Lügenpresse ruft, sicher sein, dass er selbst in diesem Moment nicht lügt? Ist der Stein einmal ins Wasser geworfen, zieht er schnell Kreise. Auf Lügenpresse folgt „Absaufen“ und dann? Wovor macht derjenige noch halt, der sich selbst beim Lügen ertappt und stets zu unterdrücken versucht, dass die Lüge offenbar wird?

Er macht weiter, denn das schlechte Gewissen macht zornig. Was dann folgt, ist die Radikalisierung der Sprache und des Handelns bis alles so eskaliert und erodiert, dass unser menschliches Zusammenleben auseinanderfällt. Was dann? Zum Siegen, zum Rechthaben besteht dann auch kein Anlass mehr. Etwaige Parolen kann keiner mehr hören. Es ist ja keiner mehr da.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Plattform

Am 12.01.2018 fand das 2. Potsdamer Gespräch unter der Leitung von Bernhard von Mutius statt. Referenten und eingeladene Gäste versammelten sich im „Bayerischen Haus“ in Potsdam, um zum Thema „Industrie und Plattformen – wie entwickeln sich die Besitzverhältnisse der Zukunft?“ herauszufinden, welche Veränderungsprozesse die Wirtschaft und unsere Gesellschaft im Hinblick auf die Digitalisierung unserer Lebensverhältnisse erfahren wird. In der hochkonzentrierten und spannenden Veranstaltung wurde deutlich, dass der Vorsprung im digitalen Bereich der Anbieter aus Silicon Valley und auch China nicht aufzuholen ist.

Mir drängte sich allerdings die Frage auf, weshalb wir so bemüht sind, den Amerikanern und Chinesen gleichzutun, zu versuchen, deren Plattformmentalität auch für uns zu erschließen und nutzbar zu machen. Was würde geschehen, wenn wir sie nicht nachahmen würden, sondern unsere eigene Sprache fänden? Wenn wir uns darauf besinnen, dass alles von Menschen für Menschen gemacht wird, kommen wir dann nicht vielleicht zu einem anderen prozessualen Verständnis, das es uns erlauben würde, eine eigene Plattform für die soziale und auch wirtschaftliche Kommunikation zu entwickeln?

Was den Menschen von Geburt vor allem bewegt, ist Sicherheit. Er will sich seiner Nahrung versichern, seiner Beschäftigung und seiner Fortpflanzung. Wenn der eigene Raum gesichert ist, öffnet sich der Mensch den Möglichkeiten, bedenkt seine eigenen Fähigkeiten und wirft den Hut weit in den Ring. Nicht die Digitalisierung an sich bringt ihn weiter, sondern seine gesicherten Lebensverhältnisse erlauben ihm, ein gutes Leben anzustreben, Bildung, Glück, Genuss, Leichtsinn, Übermut und Wohlbefinden. Daraus leitet sich ab, was der Mensch wirklich will, was er von anderen Menschen, der Gesellschaft und auch der Wirtschaft begehrt. Er will mehr als ihm üblicherweise in der güterpassierten Wirtschaft geboten wird.

Auch die Digitalisierung an sich bietet keine Befriedigung. So übermächtig die Digitalisierung angekündigt wird und in unseren Köpfen Platz greift, sie ersetzt weder unsere Lebensgrundlage noch den Verstand und die Gefühle. Die Digitalisierung ist lediglich ein Tool, um Prozesse zu steuern. Alles darüber hinaus, Disruption und Kollaboration findet ausschließlich im menschlichen Gestaltungsbereich statt. Wenn unser Business Case, ausgehend von unseren Bedürfnissen nicht die Digitalisierung an sich ist, gesellen sich Werte hinzu, die den Menschen nach Zeiten warengestützten Wirtschaftens wieder ein adäquates Leben erlauben.

Der Mensch wird sich fragen: Was will ich? Er redet dabei nicht von seiner Freiheit, sondern will seine Abschaffung, seine soziale Amputation und die eigene Sinnlosigkeit vermeiden. Auf diesem Weg wird der Mensch Plattformen schaffen, die philanthropisch geprägt sind, wirtschaftliche Errungenschaften mittels analoger und digitaler Tools erreichen, aber neben der eigenen Lebensbefriedigung auch das Ganze im Auge haben, weil dies seiner Sicherheit dient.

Bildung, Beschäftigung, Pflege, Erhalt der Umwelt und Klimaschutz sind neben Lifestyle geeignete Business Cases, die den Wohlstand und den Fortbestand der Menschheit sichern. Es ist daher kurzsichtig, amerikanischen und chinesischen Erfolgen hinterherzulaufen und sinnvoll, sich von der reinen Warenwirtschaft zu verabschieden und neue Wege zu gehen. Besinnen wir uns auf unsere Sinnstifter und Philosophen. Wenn diese auch keine probaten Antworten zu allen Lebenssachverhalten zur Hand haben, so sind sie doch verlässliche Scouts, waren es schon immer.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski