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Denken

„Querdenker“, ein wahrhaft süffiger Begriff, der allgemein verständliche Zuweisungen in den Personen jener Menschen erfuhr, die während der Corona-Pandemie einerseits ihr Recht einforderten, sich nicht impfen zu lassen, andererseits häufig ohnehin den Staat und sämtliche Politiker als korrupt, gekauft und inkompetent brandmarkten. Ihre Proteste gegen alle diejenigen, die etwas anderes meinten, als sie, versehen sie mit dem Hinweis, dass das richtige Denken bei ihnen aufgehoben sei. Ist dies nachvollziehbar?

Ich denke nicht. „Denken“ und „meinen“ schließen sich nicht aus, sind aber nicht dasselbe. Auch Emotionen und Denken teilen gleiche auslösende Momente. Dass aber „querdenkt“, wer etwas anderes denkt, als andere, erscheint mir nicht schlüssig. Ein kollektives Denken dürfte genauso aussichtslos sein, wie ein paralleles Denken. Wenn Denkende Informationen haben, werden sie diese verarbeiten, um dann die Ergebnisse ihres Denkens ggf. auf Übereinstimmung mit dem Denken anderer Menschen zu überprüfen. Das Ausgangspotential des Denkens ist ein umfassendes Angebot, denn auch diejenigen, die sich nicht als „Querdenker“ bezeichnen würden, haben die Möglichkeit über genau das Gleiche wie „Querdenker“ nachzudenken. Sie kommen nur möglicherweise zu anderen Schlüssen. Sind damit diejenigen, die bei gleicher Ausgangslage in einer anderen Richtung denken, „Querdenker“? Das leuchtet mir nicht ein.

„Querdenker“ könnte vielleicht derjenige sein, der denkend etwas so quer stellt, dass ein anderer Mensch in seinem Denkprozess zu einem ganz anderen Ergebnis kommt. Vielleicht könnte man Emanuel Kant als ein „Querdenker“ bezeichnen, der vielen geläufigen Denkerwartungen bei gleicher Ausgangslage und gleichen Denkinstrumenten zu abweichenden Ergebnissen verhalf.

Die sogenannten Querdenker stellen dagegen Behauptungen auf, die sie mit ihrem angeblichen Wissen rechtfertigen wollen, ohne zunächst eine stringente Ableitung a priori vom Tatsächlichen zwecks einer sicheren Möglichkeit der Überprüfung vorzunehmen. Die Meinung, dass sich etwas so verhält, wie sie es darstellen, ersetzt bei den sogenannten „Querdenkern“ ihre Schlüssigkeitsprüfung.

Sachverhalte sind aber keine Kopfgeburten, sondern schaffen Faktenlagen, die zwar verschieden ausgedeutet werden können, ohne deren Substanz in Frage zu stellen. Hier könnte „Quer-Denken“ ansetzen und eine Vielzahl von Möglichkeiten eröffnen. Wie heißt es bei Kant?: „Sapere aude“.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Bauchgefühl

In Corona-Zeiten erfahren wir, dass alle Umstände, die von Menschen bestimmt unser Leben beeinflussen, gegeneinander in Stellung gebracht werden. Politik versus Wissenschaft, Wissenschaft versus Bauchgefühl und Bauchgefühl versus Verstand.

Wenn alle Zustände gegeneinander antreten müssen, bleibt es nicht aus, dass alle als unzulänglich angesehen werden. In Corona-Zeiten werden allen öffentlichen Stellen, die unser Handeln bestimmen, allenfalls ausreichende Noten erteilt werden, jedoch meist mangelhaft oder ungenügend. Der Verstand will uns sagen, dass diese Einschätzungen auf einem Benotungssystem beruhen, welches wir anwenden, um unsere eigene Hilflosigkeit zu kaschieren.

Unser Bauchgefühl verrät uns, dass wir durchaus verstehen, dass infolge fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse und umfassender Informationen getroffene Entscheidungen nachvollziehbar sind, wobei das selbe Bauchgefühl dennoch gegen Unzulänglichkeiten protestiert, die bei der Erkenntnis im Zuge der Bewältigung von Problemen stets bestehen und auch nicht einfach verschwinden. Das Bauchgefühl sucht aber unablässig nach Schuldigen: „Es kann doch nicht wahr sein…!“

Dies ist Ausdruck solch einer Baucherfahrung, dabei fühlt der Bauch nichts, sondern wir geben unserer Unmöglichkeit, alles zu verstehen, eine emotional nachvollziehbare Heimat. Unser Verstand würde sich dem Bauchgefühl aber verweigern, denn er erkennt die Zusammenhänge, vermag Probleme einzuschätzen und vermag das Ganze zu erkennen, was dem Bauch regelmäßig nicht zugänglich ist.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Nachrichten

Informationen, Tatsachen und Nachrichten, all dies wurde bereits abgeschafft. Wie? Das glauben Sie nicht? Dann hören Sie doch einfach einmal bewusst in die „Nachrichtensendungen“ von Claus Kleber oder Marietta Slomka rein. Sie haben es da nicht etwa mit dem Trump-Propagandasender „Fox News“ zu tun, sondern um staatlich finanzierte Formate der Bürgerunterhaltung.

In den sogenannten Nachrichtensendungen auch des öffentlichen Rundfunks und Fernsehens wird regelmäßig eine Nachricht bei ihrer Weitergabe durch den/die Sprecher(in) bewertet. Dies geschieht sprachlich, ironisch, abweisend oder in einem Zusammenhang, der den Inhalt der Aussage unglaubwürdig erscheinen lässt. Das Ganze wird begleitet durch eine Mimik, die scheinbar Objektivität signalisieren soll, aber gerade das Gegenteil ahnen lässt. Ich, der Nachrichtenverkünder bin der Nachricht weit überlegen, kann und darf bewerten, was jemand tut oder sagt. Und das hat durchaus Erfolg.

Emotional verführt kommt der Zuschauer oder Zuhörer kaum mehr auf den Gedanken, sich eine eigene Meinung zu bilden, sondern lässt auf sich wirken, was ihm vorgesetzt wird. Da es keine objektivierbaren Nachrichten mehr gibt, sondern Meinungen vorherrschend sind, entwickelt sich allmählich ein Raum der Beliebigkeit und Verantwortungslosigkeit. Dies zunächst vor allem in politischen Zusammenhängen. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis unsere Gesellschaft insgesamt von diesem Virus der Beliebigkeit infiziert wird. Jeder Fakt wird verhandelbar und bewertbar. Wie soll es dann noch möglich sein, Kinder strukturell entscheidungssicher auf das Leben vorzubereiten?

Wie sollen sie bei dem Vorbild, das wir inzwischen selbst abgeben, begreifen, dass es darauf ankommt, kritisch mit Mitteilungen aus dem sozialen Netz umzugehen, wenn „storytelling“ unterhaltsamer ist, als überprüfte Fakten? Durch Geschichtenerzählen verlieren wir das Vertrauen der Menschen in die Wirklichkeit. Misstrauen ist erst der Anfang, dann folgt Aggression und schließlich zerfällt unser gesamtes Weltbild in Spekulationen und Verschwörungsüberzeugungen. Wenn wir dies nicht wollen, müssen wir unsere Echoräume verlassen und uns darauf besinnen, überprüfbare Nachrichten neutral weiterzugeben, und zwar kurz, knapp und informativ.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

 

Wortsalat

Was soll ich noch glauben? Jedes Bild, jeder Film, jedes gesprochene Wort, alles, was geschrieben steht, kann manipuliert sein, unwahr und verantwortungslos. Es kann sein, dass in dem Raum, in dem ich mich befinde, jede mich erreichende Information auf meine Bedürfnisse, Erwartungen, Sorgen und Ängste abgestimmt ist. Ich bin aber nicht nur der Empfänger der Information, sondern auch gleichzeitig das Instrument, das die mich erreichende Information benötigt, um Verbreitung zu erfahren.

Es entstehen so korrespondierende Räume, die ihrerseits Scheininformationen produzieren und so fort. Ich erinnere mich an ein Kinderspiel, bei dem ein Mitspieler sich etwas ausdenkt. Er flüstert das Wort dem nächst sitzenden Kind ins Ohr, das es selbst so weitergibt, wie er es versteht. Am Schluss kommen regelmäßig andere Worte dabei raus, als ursprünglich auf die Sprachreise geschickt wurden.

Wie geht es uns in Räumen, in denen wir dem Wort nicht mehr vertrauen dürfen? Ich glaube, hier gibt es keine für alle Menschen verbindliche Antwort. Viele Menschen werden sich in diesen Räumen wohlfühlen, weil Unverbindlichkeit der erhaltenen Informationen auch die Unverbindlichkeit eigener Äußerungen zulässt. Es entsteht ein Informationskokon der Beliebigkeit mit situativen Reaktionen und tiefgreifender Selbstentschuldung eigenen Verhaltens.

In der kollektiven Lüge lebt es sich leicht. Fakes sind wie herumfliegende Löwenzahnsamen, leicht unbeschwert im Anflug und pflanzenstark nach der Landung. Die Unwahrheit wird so zur Wahrheit, weil sie grell leuchtet wie der Löwenzahn selbst. Diesem will ich nicht Unrecht tun, aber das Sinnbild erschien mir passend. Was tun? Wie aus den Blättern des Löwenzahns Salat, kann auch aus allen Fakes wieder etwas Neues geschaffen werden, das die analoge Welt irreal erscheinen lässt. Das Irreale wird dann transzendent und wenn wir eines Tages alle gar nichts mehr glauben, besinnen wir uns vielleicht darauf, dass es einmal etwas Verbindliches gab.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wer schreibt, der bleibt

Das hätte ich nicht erwartet, als ich vor knapp drei Jahren anfing, zu bloggen. Bei der Hochrechnung der bisherigen Besucherzahlen, dürften sich etwa 100.000 Besucher jährlich mit dem von mir Geschriebenen befassen. Selbst, wenn ich bedenke, dass Suchmaschinen ebenfalls als Besucher gezählt werden, so verblüfft es dennoch, dass die durchschnittliche Verweildauer in meinen Beiträgen bei über 2 min. liegt. Da ich mir Gedanken darüber mache, welche Motivation ein Besucher haben kann, trotz aller sonstigen Verpflichtungen und bei eingeschränktem Zeitkontingent meinen Blog zu besuchen, hatte ich darüber nachgedacht, den Besuchern Gelegenheit zu geben, meine Blogeinträge zu kommentieren. Es wurde mir allerdings davon abgeraten und die Begründung war überzeugend.

Was biete ich den Lesern an? Es sind be- und überarbeitete Informationen, die ich selbst oft aus anderen Medien erfahren habe. Persönlich sind der Verarbeitungsprozess und die Vermengung mit anderen Gedanken und Gefühlen, deren Hintergrund beruflich, familiär und weltanschaulich geprägt ist. Ja, ich weiß, woher ich stamme und wer ich bin. Es gibt einen Standpunkt, der verschiedene Varianten der Betrachtungen zulässt, aber auch dazu zwingt, eindeutig Stellung zu beziehen, was das Recht des Menschen auf Leben, Unversehrtheit, Freiheit im Denken, Handeln im gesellschaftlichen Kontext und Bildung anbetrifft. Dies ist unverhandelbar.

Auch wenn ich den Menschen nicht nur körperlich, sondern auch als spirituelles Wesen begreife, so bin ich doch davon überzeugt, dass Religionsausübung persönliche Verabredungen sind und unsere Gemeinschaft insgesamt nicht belasten und bevormunden darf. Der Mensch ist ein Faszinosum, hat bereits jetzt unendliche Entwicklungen durchlaufen und wird auch die Zukunft wesentlich mit gestalten. Der Mensch ist aber nicht allein, sondern steht in Kongruenz zu anderen Lebewesen, auch Pflanzen auf diesem Planeten. Das macht Abstimmung erforderlich und verpflichtet den Menschen unabdingbar zur Erhaltung der Lebensgrundlagen.

Seine Endlichkeit, seine Pflicht gegenüber kommenden Generationen sollte den Menschen daran erinnern, dass wirtschaftliches Gewinnstreben nur ein, aber nicht der wesentliche Aspekt seiner Selbstdarstellung sein darf. Die Kultur in ihrer Vielfältigkeit ist unsere größte Errungenschaft. Sie ist zu bewahren für künftige Generationen. Wer schreibt, erinnert sich, vergewissert sich, schafft Bezüge und notiert Selbstverständlichkeiten eines ewigen Testamentes. Das Wort wird Geist und bleibt. Für immer.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Mensch, Maschine, Internet

Einmal war es so. Die Maschine galt als verlängerte Werkbank des Menschen. Gilt sie das noch immer? Es ist die Rede von der digitalen Revolution. Wir verbringen unseren Tag Face to Face mit Computern, Tablets und Smartphones. Diese Gerätschaften sind auf den ersten Blick unsere Werkbank, auf der wir arbeiten, um über Informationen und deren Verlinkung die Lösung herbeizuführen und daraus Wirtschaftskapital zu generieren.

Das scheint auch gut zu klappen. Wir können uns keine Tätigkeit ohne die Nutzung der digitalen Angebote mehr vorstellen. Die digitale Besitzstandwahrung einerseits und digitale Innovationen andererseits greifen maßgeblich in unser Leben ein. Silicon Valley steuert weithin die digitalen Geschicke dieser Welt, aber digitale Kreativität unter Nutzung sämtlicher kooperativen Einsatzformen schaffen weitere Silicon Valleys überall auf der Welt. Wir leben im digitalen Zeitalter.Das Maschinenzeitalter macht dem digitalen Zeitalter Platz.

Wo bleibt der Mensch? Im digitalen Zeitalter beherrschen Algorithmen unser Verhalten, unsere Aktienkäufe an der Börse, unsere Gesundheitschecks und überhaupt weitgehend unsere Tagesabläufe. Wir haben uns abhängig gemacht von den Taktvorgaben einer digitalisierten Welt. Auch wenn eine Verschmelzung des Menschen mit dem Computer augenblicklich noch unwahrscheinlich erscheint, so verdichtet sich doch die Anschauung des Digitalen als Treiber unseres Verhaltens und Schlüssel zu unseren Möglichkeiten. So ist es nicht von der Hand zu weisen, dass wir zunehmend digitale Herausforderungen in einer analogen Welt befriedigen und so zur Werkbank des digitalen Think Tanks werden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Realität

Realität ist der Inbegriff in jedem Augenblick erfahrbarer Körperlichkeit im weitesten Sinne. Realität im subjektiven Sinne ist die geistige, seelische und emotionale Fixierung eines Zustandes, auch wenn er objektiv nicht existent ist. Die Realität im objektiven Sinne ist ein Zustand, der der subjektiven Betrachtung zum Opfer fallen kann. Die zwei Realitäten des Menschen sind demnach Fixierungen, deren Kongruenz infrage steht. Wie beim Schielen laufen die Bilder der Realität auseinander und werden doch in der zentralen Wahrnehmung als eins begriffen. Die Botschaft der Realität wird aus dem Empfängerhorizont mit unserem Anspruch an die Realität abgeglichen und das beseitigt alles, was uns aufgrund von eigener Erfahrung, Einstellung und Erwartung als ungeeignet, überflüssig oder unpassend erscheint. Dies geschieht in einem Prozess ständiger Überprüfung mit anderen veröffentlichten Realitäten, die auch ihre Botschaften zur Abgleichung schicken. Jeder molekulare Entstehungs- und Zerfallsprozess gestaltet auch die Realität immer wieder neu. Realität hat zwar kein Gedächtnis, folgt aber der Zwangsläufigkeit des zeitlichen Maßes von „Stirb und Werde“. So vermeidet es die Realität, von ihren Schöpfern selbst infrage gestellt zu werden. Die grundlegende Bereitschaft, die Realität anzunehmen, ist eine der Prämissen unserer Existenz. Kündigten wir die Realität als fragwürdig auf, stellten wir unsere Körperlichkeit infrage und negierten deren Sinneswahrnehmungen. Vor unseren Augen würde die Welt zerfallen. Die Verabredungen von Zeit und Raum verlören ihre Gültigkeit.

Trotz unseres Einverständnisses mit der Realität kennen wir ihr Alter Ego: die Illusion. Die Illusion ist die abgelegte Realität. Sie ist verwahrt und vermag doch jederzeit Platz zu nehmen am Tisch der Realität. Die Illusion ist wie die Realität konkret erfasstes Anderes, welches gegebenenfalls noch eine Chance erhält.

Realität und Virtualität ähneln sich. Sie unterscheiden sich nur in der Verabredung, das eine als konkret, das andere als außerhalb des körperlich Greifbaren liegend anzunehmen. Durch Umlegen des Schalters lassen sich die Pole anders ausrichten und aus Virtualität wird Realität. So ist eine parallele Welt auch kein Wahn, sondern existiert ständig in uns. Wie die Realität geht sie uns alle an und ist gleichermaßen vernetzt. In dieser parallelen Welt ist alles in gleicher Weise vorhanden. Beide Welten stehen im Dialog, beschicken sich mit Informationen, Bildern und Eindrücken. Auch so sind Korrekturen möglich, wenn die Realität aus dem Ruder läuft.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Informationen

Ein Mensch benötigt Informationen, um zu entscheiden. Allerdings bedienen Informationen die Neugier des Menschen. Diese ist in seiner Entwicklung angelegt. Wäre der Mensch nicht neugierig, bliebe er bewegungslos. Die Neugierde des Menschen wird durch die Medien bedient. Dies geschieht durch Direktkontakte an den Brennpunkten unserer Welt durch Zeitungen, Zeitschriften und Bildberichterstattung in Film und Fernsehen. Selbst der direkteste Bericht wirkt allerdings entscheidend distanziert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wir sofort umblättern oder weiterschalten können.

Wir wählen unsere Informationen entsprechend unserer Geistes- und Gemütsverfassung. Durch diese Vorauswahl wird die Information individualisiert. Sie erreicht uns sozusagen persönlich, gestattet Emotionen und Reflexionen fernab jedes eigenen Sinnes. Gleichsam spiegelbildlich werden wir mit dem konfrontiert, was anderen im besonderen Maße verkäuflich erscheint. Information ist Ware. Dafür wird bezahlt. Der Preis steigt mit jeder Indiskretion oder Brutalität. Darauf haben sich auch die Akteure eingestellt. Sie präsentieren sich gerne in der Pose des Eroberers oder des Bösewichts. Der Zuschauer, der Zuhörer will den Bericht, die anderen wollen, dass über sie berichtet wird. Gleichwohl entsteht etwas Neues, etwas sehr Privates auf Seiten des Konsumenten. Durch ständige Erneuerung der Informationen und deren Verarbeitung durch die Menschen gestalten sich Erfahrungen jenseits des eigenen Erlebens.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wissen wozu?

Wohlfeil wird auf dem Markt angepriesen, dass wir in einer Informations- und Wissensgesellschaft leben. Wissen wozu? Unbestreitbar wird mehr informiert und mehr Wissen veröffentlicht, als je zuvor erfolgte und möglich war. Kommunikation und Wissen stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Der „User“ des Internets hat scheinbar unbegrenzt viele Möglichkeiten, über das Wissen anderer zu verfügen, sich Informationen herunterzuladen und selbst für ihre Verbreitung zu sorgen. Um diesen interaktiven Prozess zu gestalten, benötigen die Beteiligten viel Kraft und Zeit sowohl was die Aufnahme von Informationen als auch deren Weitergabe anbetrifft. Der Mensch selbst wird so zum Medium der von ihm geschaffenen Technologie, einerseits unverzichtbar, andererseits auch nur ein Mitbeteiligter. Denn, die sich selbst teilweise ergänzenden Informationen und Wissensvervielfältigungen verlinken sich im Netz auch ohne die gestaltende Anwesenheit des Menschen. Die Gedächtnisleistung des Rechners hat die des Menschen bei weitem überrundet. Der Rechner ist uns unheimlich. Neidvoll schauen wir auf ihn. Was der alles weiß, welche enormen Informationsmengen er birgt. Dabei scheinen wir zu vergessen, dass jedes Wissen, jede Information vergeblich ist, wenn daraus nicht ein neues schöpferisches Produkt entsteht.

Die gedankliche und emotionale Leistung des Menschen ist unverzichtbar, da erst aus der Irrationalität grenzenlosen Spinnens die gedanklichen Leuchtfeuer entzündet werden, die Wissen und Informationen wichtig machen. Anderenfalls füllen sich die Internetregale nur mit Zutaten, die keinen Verwendungszweck haben. Auch der Austausch der Produkte oder der Regale ändert daran nichts. Aufgrund fehlender Rezepte laufen wir Gefahr, dass Informationen und Wissen keine Wirkung entfalten können und wir Menschen uns abkehren von den Möglichkeiten und der Suche nach dem schöpferischen Sinn des verfügbaren Angebots.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski