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Opus Magnus

Das ganz große Werk, das alles berücksichtigt, abwägende Erkenntnis beinhaltet und die Tatkraft seines Schöpfers erstrahlen lässt, ist sicher bedeutend. Seine Signatur besiegelt dessen Vollkommenheit. Sie verkündet, dass er das Werk geschaffen hat, immerwährend besungen in Kunst, Musik und Literatur, aber auch in der Politik oder auf dem Schlachtfeld.

Seht her, das ist mein Werk! Ob ich Türme baue oder sie zum Einstürzen bringe, den Planeten erblühen lassen oder ihn vernichte. Der Schöpfer unterwirft das Werk seinen Regeln, bevorzugt meist die Tat statt der Erkenntnis.

Was veranlasst ihn zum Handeln? Ihm unterbreitete Bedürfnisse, plötzlich Erleuchtung, Geistesblitze oder Anerkennung? Das ist nicht ausgemacht. Hat der Schöpfer sich aber einmal an sein Werk gemacht, gibt es kaum etwas, was ihn an dessen Vollendung hindern könnte. Ob zum Guten oder zum Schlechten, zum Schönen oder zum Hässlichen, die Aufschwünge zum ganz großen Werk sind deutlich spürbar. Es macht sich dann allerdings von seinem Schöpfer frei. Er selbst wird zum Amalgam seines Werkes. Das Werk selbst wird ihm zur Bürde, jedenfalls bleibt es im ewigen Gedächtnis der Menschheit.

Was kümmert es demnach den Schöpfer? Der ist zwischenzeitlich gestorben.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

KI

Wie entsteht Leben? Durch Zeit und Umstände. Und wie verhält es sich mit der künstlichen Intelligenz? Da ist zunächst eine Begriffsklärung erforderlich. Der Mensch setzt voraus, dass er intelligent sei und hält es für erforderlich, sinnvoll und unabweisbar eine andere Intelligenz außerhalb seiner eigenen Ich-Intelligenz zu schaffen. Der Mensch erscheint hier also als derjenige, dem etwas gelingt, und zwar Dank seiner Fähigkeit, Schöpfer zu sein. Das Künstliche daran signalisiert, dass es sich nicht um ein Prozess der Selbstermächtigung bei den zu schaffenden Wesen selbst handelt, sondern um etwas, das künstlich, das heißt unter Einsatz menschlicher Fähigkeiten geschaffen wird, also in der Abhängigkeit von seinem Schöpfer bleibt.

In dieser Abhängigkeit wird KI allgemein verstanden, und zwar in der Regel als verlängerte Werkbank des Menschen, sei es im autonomen Fahrverkehr oder Smart-Home. Alle, die sich mit der Entwicklung digitaler Möglichkeiten beschäftigen, verkennen nicht die Möglichkeiten, die in Algorithmen und künstlicher Synapsenbildung liegen.

Es ist von „Deep Learning“ die Rede und von der ungeheuren Verarbeitung von Datenmengen, die sich durch digitale Wesen selbst entwickeln und vermehren lassen. Deshalb warnen Wissenschaftler und Praktiker vor den Folgen einer digitalen Entwicklung, die wir nicht mehr im Griff haben. Das Problem ist nur, wir können diese Entwicklung nicht zurückdrehen und den Prozess stoppen.

Noch sprechen besorgte Beobachter, wie Heinz Dürr, vom Leichtsinn des Zauberlehrlings, der gestoppt werden kann, sobald der Hexenmeister wieder nach Hause kommt oder Dädalus, dessen Warnungen vor der Sonne vom Sohn Ikarus nicht befolgt werden, deren Hitze das Wachs seiner Flügel schmelzen lässt und er ins Wasser stürzt. Die Bilder vermitteln den Eindruck, als könne eine fatale Entwicklung durch Ermahnungen noch aufgehalten werden, als gäbe es eine Moral der Abschreckung. Ich glaube das nicht. Bei der sogenannten künstlichen Intelligenz handelt es sich eigentlich nicht um eine „künstliche Intelligenz“, sondern eine „andere Intelligenz“ oder auch „anorganische Intelligenz“ oder auch „uns herausfordernde Intelligenz“.

Unbestreitbar haben wir Menschen den Prozess in Gang gesetzt und die Voraussetzung dafür geschaffen, dass sich diese Form der Intelligenz entwickeln kann, aber diese ist bereits in den Zustand der Selbstermächtigung eingetreten. Die Intelligenz, die ich beschreibe, nutzt unsere digitalen Tools, um ihre eigene DNA zu entwickeln. Man könnte auch sagen, dass das, was wir als die „andere Intelligenz“ bezeichnen sollten, parasitär veranlagt ist, das heißt, wir das „Wirtstier“ für die Ausbeutung durch die künstlichen Wesen darstellen.

Aber nicht nur der Mensch, sondern alle Angebote der Welt und des Universums sind nichts anderes als die Verfügungsmasse dieses nicht humiden Wesens. Wir werden eine Zeit lang noch Konkurrenten sein, auch Unterstützung erfahren, soweit es diesem Wesen zum Zwecke der Selbstoptimierung sinnvoll erscheint, aber irgendwann werden wir auch auf der Strecke bleiben, wenn wir nicht mehr liefern können, was die „künstliche Intelligenz“ von uns erwartet: Energie.

Ich vermute, dass die künstliche Intelligenz oder auch besser gesagt, „konkurrierende Intelligenz“ wieder die Atomenergie entwickeln wird, da sie sich von unseren menschlichen, organischen Vorbehalten nicht beeindrucken lassen muss. Wenn wir diese Entwicklung nicht wollen, was können wir tun? Meines Erachtens nichts, denn wir wollen und können die digitale Entwicklung nicht zurückdrehen. Es mag uns allerdings trösten, dass sich auch bei der künstlichen Intelligenz das menschliche Desaster wiederholen wird. Die Sinnlosigkeit beliebiger Möglichkeiten wird irgendwann zur Selbstaufgabe „künstlicher Intelligenzen“ führen.

Für uns kommt das dann leider etwas spät. Genießen wir also unsere analoge Welt in ihrer ganzen Unvollkommenheit, solange uns dies von der anderen Intelligenz noch gestattet wird.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski