Archiv für den Monat: Januar 2014

Ruck

Wir alle kennen dieses Bild. Ein Mensch kauert auf dem Boden. Er erhebt sich, streckt sich und geht los. Vielfältig ist dieses Bild abgedruckt, z. B. auf T-Shirts und Stickern. Diese Bildsequenz zeigt die Entwicklung des Menschen. Er hat sich einen Ruck gegeben. Jetzt geht er los und bewältigt sämtliche Etappen seines Lebens, angefangen von der Geburt, bis ins hohe Alter und schließlich zum Tod.

Grob einteilen lassen sich die Lebensabschnitte in frühkindliche Ausbildung und Entwicklung, die wesentlich durch die Eltern mitbestimmt wird, in die schulische Ausbildung, die es dem Kind erlaubt, seine vielfältigen Talente virtuos zu nutzen, in die handwerkliche oder universitäre Ausbildung, die vervollkommnen soll, was zuvor angelegt worden ist. Der Mensch wird in die Lage versetzt, ein Beruf zu erlernen und diesen gewinnbringend für sich, seine Familie und die Gemeinschaft auszuüben. In dieser Phase ist das Fundament für die familiäre Weiterentwicklung gelegt. Sie trägt zur Stabilität unserer Gemeinschaft bei.

Später verabschiedet sich der Mensch aus einem Teil seiner beruflichen Möglichkeiten, um desto mehr seine Fähigkeiten in andere Bereiche, die persönlich oder auch Gemeinschaft stiftend geprägt sind, einzubringen. Und schließlich bereitet er sich auf den Abschied vom Leben vor und betrachtet seinen Nachlass an seelischen, geistigen und materiellen Möglichkeiten.

In allen Phasen seines Lebens liegt es am Menschen, ob er sich einen Ruck geben oder sich lieber hinsetzen und zusammenkauern will. Es ist so wie verloren sein im tiefen Schnee. Hat einen Wanderer die Lust übermannt, sich auszuruhen, und er legt sich hin – wie er hofft, nur für eine kurze Zeit in das Schneebett –, schläft er ein, erstarrt in der Kälte und wacht nie wieder auf. Der Mensch sollte der Verlockung seiner Immobilität widerstehen und auf den Spielfeldern des Lebens weiterrücken, seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten entsprechend. Dabei ist es durchaus richtig, gelegentlich zu pausieren, innezuhalten und nachzudenken, welcher Schritt als nächster gewählt werden sollte. Es ist oft schwierig, denjenigen, die Barrikaden setzen oder den Menschen vom rechten Weg abbringen wollen, zu widerstehen. Aber, so sagt der Volksmund, der ja immer recht hat: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Es hängt also von uns selbst ab, welchen Weg wir einschlagen wollen und mit welcher Beharrlichkeit wir unser Ziel verfolgen.

Die Ruck – Stiftung des Aufbruchs will Begleiter auf diesem Weg sein, und zwar beginnend mit der frühkindlichen Phase bis zur Lebensendphase des Menschen. Begleiter und Ratgeber zu sein bedeutet, Menschen bei richtigen Entscheidungen zu bestärken und Beispiele dafür zu geben, wie Lebenssituationen erweitert bzw. verbessert werden können. Die frühkindliche Bildung liegt uns am Herzen. Schon pränatal begleiten wir Eltern dabei, sich auf die Werte des Lebens, auf das kommende Kind vorzubereiten. Wir wollen Eltern dabei unterstützen, die Sprachkompetenzen ihres Kindes von Anfang an zu fördern, und zwar durch Singen und Erzählen. Wenn das Kind da ist, untersuchen wir gemeinsam mit den Eltern die frühkindlichen Ernährungsgewohnheiten und beleben die frühkindliche Kreativität. Schritt für Schritt begleiten wir Eltern bei dem Entwicklungsprozess ihrer Kinder zunächst zu Hause, dann im Kindergarten und in der Schule. Themen wie Überforderung der Kinder, welche auf Unterforderung beruht, liegen uns dabei genauso am Herzen wie Fragen der Gewaltprävention und Eingliederung von Kindern mit unterschiedlichen familiären Hintergründen in ein Ausbildungssystem, welches die Vielfältigkeit der kindlichen Begabungen erhält und verstärkt. Auf dem Weg des jungen Menschen in die Erwachsenengemeinschaft vermitteln wir Begleiter, die den Einstieg erleichtern und Perspektiven eröffnen für neue Entwicklungsphasen, bis hin zur universitären Ausbildung. Gemäß des dem Volksmund abgehörten Zitats, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt, ist die Ruck – Stiftung des Aufbruchs auch wachsamer Begleiter während des gesamten Erwerbsprozesses des Menschen, versucht, ihm seine Angst vor Entscheidungen zu nehmen, die nicht rein ökonomisch bestimmt sind, und bestärkt ihn in seiner beständigen Suche nach einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Erhaltungs- und sozialem Gemeinsinn. Das Leben des Menschen ist eine lange, wunderbare Veranstaltung und endet nicht, wenn dieser das Rentenalter erreicht. Es eröffnet vielmehr neue Phasen der Zuwendung im eigenen familiären Umfeld, wie auch in der Gesellschaft insgesamt. Dem Leben einen Sinn zu geben und diesen Sinn zu erhalten, ist eine ständige freudvolle Selbstermutigung, die sich im Programm wie „55+“ niederschlägt, welches die Ruck – Stiftung des Aufbruchs auch angeboten hat. Dem Menschen schließlich ein Andenken auf ihrer Webseite durch Veröffentlichungen zu bewahren, ist eine weitere Bereitschaft der Ruck – Stiftung des Aufbruchs. Damit schließt sich der Kreis, denn das Ruhen ist der Beginn des Rasens, wie der berühmte Kommunikationswissenschaftler Professor Dovifat einmal formuliert hat.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Aufgabenstellung

Im Zusammenleben zwischen den Menschen, den Menschen mit Gruppen, Gruppen untereinander, in staatlicher Gemeinschaft und supranational gibt es eine Fülle von Problemfeldern, die kriterienorientiert untersucht werden sollten, um Lösungsansätze für Regelungen zu schaffen, die geeignet sind, die Gesetzgebungstätigkeit zu beeinflussen.

Um dies zu erreichen, ist es erforderlich, alle Erfahrungs- und Ereignisfelder der vorgenannten Gruppen zu formatieren, die Problemfelder zu extrahieren, die dadurch sichtbaren Herausforderungen mit Werkzeugen zu bearbeiten, um Veränderungen herbeizuführen, die Lösungscharakter aufweisen. Dabei ist ein kybernetisches Modell zu entwickeln, das schnittstellenorientiert ist und die Erfahrungen aus anderen Fachbereichen mit einbezieht. Erst das grenzenlose Denken erlaubt es, Probleme zu erkennen, die anschließend normativ bearbeitet werden können. Im Folgenden einige Beispiele:

maßgebliche Lebenssachverhalte

–            Gesundheit
–            Familie
–            Kindheit und Jugend
–            Alter
–            Arbeit/Erwerbsleben
–            Bildung
–            Sicherheit
–            Freiheit und Selbstverwirklichung
–            soziale Sicherung
–            Umwelt
–            Bürgerbeteiligung/Gemeinsinn
–            Demokratie
–            Heimat
–            Mobilität
–            Europa
–            Rest der Welt und Kosmos

Problemfelder der Lebenssachverhalte

–            zu wenig Ärzte und Pflegekräfte, zu wenig Gesundheitsprophylaxe
–            Auflösung gewachsener Familienstrukturen,
–            Kinder als finanzielle Belastung
–            Jugend und Verantwortung
–            Veränderung traditioneller Beschäftigungssysteme
–            Alterspyramide, Auflösung traditioneller Sicherungssysteme
–            finanzielle Alterssicherung
–            Belastung durch CO2, Kernkraftwerke, Überbevölkerung etc.
–            Internet, Google, Facebook
–            Migrationsbewegungen
–            staatliche Verschuldungen und Deckung
der Schuldenlast durch Steuerzahler
–            supranationale Rettungsschirme
–            Geldmengenvermehrung und Entwertung
–            Gewalt und Verrohung der Städte
–            Verrechtlichung des Lebens und fehlender Rechtsbeachtungswille

Wünsche/Herausforderungen

–            mehr Kinder zur persönlichen Bereicherung und Zukunftssicherung
–            solidarische Familien und Gemeinschaften
–            weniger Analphabeten; Bildung von Anfang an
–            gesicherte Altersversorgung
–            Ausbau des Stiftungswesen und „giving pledge“
–            Förderung der Selbstverantwortung und der Familienverantwortung
–            Erhöhung des Ausbildungsniveaus
–            Abschaffung von Kernkraftwerken
–            Entwicklung neuer Energietechnologien
–            Subsidiarität staatlichen Handelns und Bürgerprimat (Bürgergesellschaft)
–            Respekt vor dem Recht
–            Erhaltung unserer natürlichen Umwelt
–            mehr Gelassenheit und Muße, Harmonie zwischen Menschen und Völkern
–            Verhinderung von Kriegen, gewalttätigen Auseinandersetzungen jeder Art
–            Chancengerechtigkeit

Werkzeuge

–          die Akteure, Menschen und Gruppen

Bedingungen:
–         Raum, auch Internetraum
–         Nachfrage
–         Angebote
–         finanzielle Ausstattung
–         systemische Einordnung
–         Kommunikation/ Disput
–         das gesprochene und geschriebene Wort im wissenschaftlichen, philoso­phischen, wirtschaftlichen, religiösen Bereich

Substanz

–            Grundlagen im historischen, soziologischen und juristischen Kontext
–            Volksbefragung
–            Parlament
–            Regierung und Einzelgewalt
–            Polizei
–            Streitkräfte
–            Staat, Gemeinde, Gebietskörperschaften
–            Verbände; Stiftungen
–            Banken, Versicherungen, Wirtschaftsunternehmen

Schnittstelle zwischen verschiedenen Aufgabenfeldern

–            Familie und Schule
–            Alter und Ehrenamt
–            Natur und Ökologie
–            Altersforschung und Pflegedienst
–            Gesundheit und Ärzte
–            Staat und Banken
–            Bürger und Staat
–            Eigentum und Gemeinwohl
–            Sicherheit und Freiheit
–            Persönlichkeitsschutz und Öffentlichkeit
–            Individuum und Gesellschaft

Auf allen vorgenannten Themenfeldern besteht Handlungsbedarf. Eine Auswahl:

  • Verrechtlichung des Lebens

Um den Schutz unserer Grundrechte zu gewährleisten, ist der Staat dazu berufen, insbesondere seine Volksvertreter, unser individuelles und kollektives Zusammenleben so zu regeln, dass wir im Wesentlichen freiheitlich unser Leben verwirklichen können. Aus dieser Aufgabenstellung bzw. Ermächtigung leiten die das Volk vertretenden Politiker vielfach das Recht, möglich detailliert und umfassend durch Gesetze dies mehrheitlich zu regeln und dadurch unseren Verhaltensmöglichkeiten auch ihren politischen Stempel aufzudrücken. Ergänzt werden die parlamentarischen Gesetzgebungsakte durch Rechtsverordnungen, Verfügungen und Erlasse der Exekutive;  die erlangen zumindest teilweise auch materielle Rechtskraft und sorgen dafür, dass das Korsett des Rechts immer enger geschnürt und somit unser Leben im weitesten Sinne verrechtlicht wird.

Diese Verrechtlichung ist einerseits durchaus sinnvoll, schafft Orientierung, schützt Menschen, Bürger und seine Einrichtungen, andererseits führt sie aber auch dazu, dass das normale gesellschaftliche Zusammenspiel von Einzelnen und Gruppen gestört oder sogar gänzlich beseitigt wird. Vertrauen, Grundsätze des ehrbaren Kaufmanns, Integrität, von Menschen selbstverfasste ethische Grundsätze werden dadurch zuweilen gefährdet. Zwar haben nicht Politiker und Gesetzgeber die Kriterien für Good Governance und Corporate Social Responsibility entwickelt, sondern verantwortungsvolle Unternehmen und Menschen, die erreichen wollen, dass auch in wirtschaftlich organisierten Einrichtungen wieder ein Wertekodex verankert wird. Dennoch gibt es auf Seiten der Politik Bestrebungen, die Grundsätze von CSR, Good Governance und Transparency gesetzlich auszuformulieren. Damit ist natürlich einerseits wieder die Orientierung für alle gewährleistet, andererseits müssen aber immer weitere Vorschriften entwickelt werden, weil es sich um dynamischen Prozess handelt, der sogar durch Gesetzgebungsakte behindert werden könnte. So erscheint die Verrechtlichung kontraproduktiv und führt zur einer eher resignativen Haltung des Menschen unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Müssens, statt des freiheitlichen Bejahens und Wollens bei der Gestaltung unseres Zusammenlebens.

Es ist daher zu untersuchen, ob es nicht sinnvoll ist, einem dynamischen Entwicklungsprozess in unserer Gesellschaft den Vorrang vor der Aufstellung immer weiterer Rechtsregeln zu geben und diese sogar an der einen oder anderen Stelle zurückzubauen, um dadurch das Verantwortungsgefühl des Bürgers als Souverän zu stärken und seine Freiheit zu erhalten.

 

  • Opferschutz

Der Schutz des Opfers ist in der Bundesrepublik Deutschland kein integraler Bestandteil der Strafrechtsordnung. Dies ist historisch bedingt und beruht unter anderem darauf, dass im Strafprozessrecht das Inquisitionsprinzip und nicht die Verhandlungsmaxime gilt. Im Strafprozess wird die Täter-Opfer-Beziehung nur unter Schuldgesichtspunkten untersucht und prinzipiell nicht darauf geachtet, dass ein Täter-Opfer-Ausgleich stattfindet. Die Tat wird gesühnt als ein Anspruch des Staates gegenüber dem Täter. Vorteil einer solchen Betrachtung ist es, dass Vergeltungs- und Rachegedanken des Opfers keine Rolle spielen bei der strafrechtlichen Würdigung, andererseits bleibt der Verlust an Lebensqualität und Schmerz des Opfers erhalten, wenn es nicht seine persönliche Genugtuung alleine im möglichen hohen Strafmaß verwirklicht sieht. Aber auch das ist problematisch, weil das Opfer in der Regel keinerlei Einfluss auf das Strafmaß hat. Aus prozessualer Sicht ist daher zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, die Position des Opfers zu stärken, zum Beispiel in einem Ausbau des Schadensersatzrechts im Nebenklageverfahren. Unsere prozessuale Strafrechtsverordnung insgesamt aufzugeben zugunsten von Opferausgleichsregelungen, wie sie zum Beispiel mit bei der Scharia gegeben sind, wird in Deutschland kaum Anklang finden. Aber, die Genugtuungsfunktion des Strafrechts auch als Befriedungsmoment des Opfers mit dem Täter in unserer Gesellschaft sollte verstärkt werden.

Opferschutz muss auch bereits vor der Tat einsetzen, und zwar schon im sprachlichen Umgang mit dem Wort Opfer. Jugendliche stellen Opfer in ihrer Umgangssprache als Verlierer dar und selbst die Gesellschaft hat ein zwiespältiges Verhältnis zu den Opfern. Das Opfer hat irgendwie auch immer eine gewisse Schuld. Das gängige Motto lautet: „ohne Ruß kein Feuer“, also irgendeine Provokation muss das Opfer mit der Tat verbinden. Wichtig erscheint es daher in der Gesellschaft selbst,  eine Opferdebatte zu führen, die nicht die bereits begangene Tat in den Vordergrund stellt, sondern die Gefahr benennt, jeder könne Opfer werden und wir sollten uns bei Zeiten gegen diesen potentiellen Opferstatus wehren. Opfer sollten zur Bekräftigung der gesellschaftlichen Solidarität aus einem Gemeinfonds entschädigt werden. Der Fonds holt sich anschließend vom Täter aus eigenem Recht den erbrachten Aufwand wieder zurück. Damit wird jedem Bürger unserer Gesellschaft deutlich, dass er selbst sozusagen einen eigenen finanziellen Beitrag gegenüber dem Opfer erbracht hat, dass er schließlich selbst auch einmal sein könnte. Vielleicht ließe sich dies durch eine Sonderabgabe in den Opferfonds gestalten.

Um Opfer nachhaltig zu schützen, ist schließlich Gewaltprävention und überhaupt Tatprävention erforderlich. Sicherheit und Ordnung wird geschaffen einerseits durch die dafür zuständigen Polizei- und Sicherungsorgane, andererseits aber auch durch Verstärkung der Aufklärungsprozesse und Verhinderung der Verharmlosung von Gewalt, zum Beispiel das Anzünden von Autos begüteter Mitbürger und Straßenkämpfe, seien es in Berlin-Kreuzberg, Paris oder London. Hierfür gibt es zwar immer dargestellte und teilweise auch nachvollziehbare Ursachen, aber es sind dennoch klare Reaktionen unserer Gesellschaft erforderlich, die eindeutig auf die Provokation unseres Rechtsstaats reagieren und für derartige Vorkommnisse kein Verständnis zeigen und verhindern, dass schlimme Beispiele Schule machen.

  • Rechtsbeachtungswille

Der Staat und weiteren hierzu berufenden Organe erlassen Gesetze und Rechtsvorschriften, die nach dem Willen des Gesetzgebers auch beachtet werden sollen. Um diesen Beachtung herbeizuführen, ist Mehrfaches erforderlich:

–          Verständlichkeit der Rechtsvorschrift
–          Bereitschaft, die Rechtsvorschrift anzunehmen
–          für den Fall, dass diese Bereitschaft nicht besteht,
die entsprechenden Machtmittel einzusetzen,
um der Rechtsvorschrift Geltung zu verschaffen.

Es ist festzustellen, dass der Rechtsbeachtungswille in unserer Gesellschaft merklich schwindet. Viele Menschen können den Sinn und Nutzen von Rechtsvorschriften heute kaum mehr nachvollziehen, weil sie in Sprache, Inhalt und Abstraktion sehr kompliziert sind und oft einer anderen Welt entstammen. Zudem steht oft ihr eigenes Judiz nicht in Übereinklang mit etlichen Vorschriften und Gesetzen, die in der Retorte entworfen zu sein scheinen. Damit schwindet auch die Bereitschaft, Rechtsvorschriften zu beachten. Sie erscheinen lästig und provozieren dazu, Schlupflöcher zu finden oder sie insgesamt zu ignorieren bzw. im eigenen Sinne und Interesse zu interpretieren. Wer Gelegenheit hat, dies zudem ungestraft zu tun, nützt häufig auch seine Möglichkeiten, weil es ihm nicht nur Vorteile verschafft, sondern sogar auch eine gewisse Anerkennung in unserer Gesellschaft. Dabei spielt dem Rechtsbindungsunwilligen in die Hände, dass Gesetze und Rechtsvorschriften meist schwerfällig und lebensfremd daherkommen, wogegen Lebenssachverhalte einer steten Veränderung ausgesetzt sind. Diese Veränderungen sowohl im kleinen privaten Bereich, als auch im Staat und im EU-Raum führen dazu, dass nicht nur Bürger, sondern Staaten selbst sich oft nicht mehr an ihre eigenen Gesetze oder gemeinsam mit anderen zum Beispiel im EU-Raum geschaffenen Rechtsvorschriften halten, sondern diese nach Tagesopportunität ignorieren bzw. übertreten. Das Große ist hier Beispiel für das Kleine, denken wir zum Beispiel an den Verkehr auf unseren Straßen, das permanente Ignorieren sämtlicher Rechtsvorschriften durch Radfahrer auf Überwegen und Bürgersteigen. Was der eine kann, kann ich schon lange und „führt zur schleichenden Erosion unserer Rechtsordnung“.

Es sollte untersucht werden, zu welchen Konsequenzen dies in unserer Gesellschaft führt und welche Möglichkeiten ergriffen werden könnten, um den rechtlichen Selbstbindungswillen der Bürger und der weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen wiederherzustellen und zu festigen.

  • Bürgergesellschaft

Die Gestaltungsmacht leitet der Staat vom Bürger als seinen Souverän ab. Die Würde des Menschen und sein eigenes Selbstbildnis beweist dessen Einzigartigkeit und gewährleistet, dass er als Individuum und in der Gemeinschaft seine persönliche Freiheit leben kann, soweit er nicht mit den Rechten anderer, Gesetzen und Rechtsvorschriften, kollidiert und bereit ist, die Würde anderer Menschen ebenfalls zu respektieren.

Die Freiheit des Denkens und Handelns eröffnet dem Bürger einen allumfassenden Gestaltungsraum und verweist den Staat insoweit in eine subsidiäre Position. Es ist erforderlich, dass unsere Gesellschaft in einen Diskurs über den weiteren Ausbau bürgerschaftlicher Verantwortung eintritt und dabei auslotet, welche Rahmenbedingungen in unserer Gesellschaft dafür geschaffen werden sollten bzw. müssten, um die Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements zu erweitern und zu stärken. Dabei geht es einerseits um die staatliche Förderung durch Steuerentlastungen philanthropischer Einrichtungen, die sukzessive staatliche Aufgaben übernehmen, Patenschaften und Ehrenämter, andererseits aber auch sozusagen parallel zur wahren Wirtschaft darum philanthropische Produkte zu entwickeln, für die schon heute Nachfrage und Absatz optimiert werden müssten.

In Bereichen, in denen sich der Staat zurückzieht, ist der Bürger gefragt. Sein Engagement ist zwar schon heute beträchtlich, aber eine Optimierung durch staatliche Anerkennung und soziale Implementierung in der Gesellschaft steht noch aus. Dieser Diskurs muss verstärkt werde. An geänderte Lebenssachverhalte angepasste Entwicklungsprozesse in unserer Gesellschaft sind nicht neu, sondern selbstverständlich. Allerdings verlaufen diese nicht linear, sondern im gleichen Maße, wie sich zum Beispiel die Weltbevölkerung potenziert, stellen sich die Herausforderungen an unsere Gesellschaft auch einer neuen Dynamik. Die Haltung des Menschen bei der Beurteilung des Richtigen und Falschen darf dabei nicht vernachlässigt werden, aber die Ausgestaltung stellt Bürger, Staat und auch die supranationale Gemeinschaft vor Aufgaben, die viel komplexer sind als sie jemals waren und daher auch nur in einer umfassenden Betrachtung aller Chancen und Möglichkeiten gelöst werden können. Jedes Regelwerk muss konsequent das umfassende Ziel mitberücksichtigen und die Zukunft als Vision benennen.

Die dann folgende Ausarbeitung umfassender rechtlicher Rahmenbedingungen für künftige Lebensgestaltung stellen nicht nur in Deutschland staatliche und supranationale Einrichtungen vor große, nur interdisziplinär und auch nur in einem „Vertrag mit dem Bürger“ zu lösende Herausforderungen.

Ergebnis eines komplexen Untersuchungsprozesses soll es sein, Handlungsempfehlungen aufzuzeigen, an welcher Stelle mit welcher Richtungsweisung politische Einrichtungen Impulse setzen können, um Gesetzgebungsinitiativen im nationalen und supranationalen als auch im europäischen Raum auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. So kann die rechtspolitische Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung sach- und zielorientiert weiterentwickelt werden und Grundlage sein für einen gesellschaftlichen Diskurs, der weit über augenblickliche politische Rahmenbedingungen und systemerhaltende Gesetzgebungsvorhaben hinausreicht.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Mir wohl und keinem übel

Wir leben in schwierigen Zeit. Finanzkrise. Europakrise. Wirtschaftskrise. Politikkrise. Eine Ju­gend zudem, die den Eindruck vermittelt, als handele es sich bei ihr ausnahmslos um Internetjunkies. Ältere Menschen, die die Welt nicht mehr verstehen, den allgemeinen Wertemangel beklagen. Soziale Ent­wurzelung. Migration. Missbrauch. Gewalt. Aids. Umweltzerstörung. Klimakatastrophe, Skandale. Die Liste der Belastungen könnte nach Belieben fortgeschrieben werden. Das ist die eine Welt. Die andere Welt hat zu tun mit der bleibenden Freude von Menschen aneinander, ihren Kindern, der Natur, der Vielfalt von Tieren und Pflanzen und dem Stolz auf das Erreichte und die Genugtuung im Beruf. Also! Trotz aller Grausamkeiten. Unsere Welt ist schön. Kaum ein Mensch kann zu Recht sagen, dass er sein ganzes Leben lang unglücklich gewesen sei. Kein Mensch wird wollen, dass seine Kinder und Kindeskinder die Welt als einen Ort des Schreckens und der Ohnmacht begreifen. Unsere Welt gibt uns vielmehr Gelegenheit, Chancen wahrzunehmen, wie auch unsere Kinder ihrerseits das Recht haben sollen, ein üppiges, chancenreiches, selbstbe­stimmtes Leben zu führen. Deshalb sollten wir uns darauf besinnen und es dabei nicht nur als eine lästige Pflicht begreifen, uns im Denken, Handeln und Fühlen an den großen Errungenschaften, dem Fortschritt und den positiven Möglichkeiten unserer Gesellschaft zu messen. Wir sollten nicht aufhören, neugierig auf die Zukunft zu sein, auf ein vielfältiges Leben, dass uns Gelegenheit gibt, uns zu bewähren, zu vervollkommnen und den menschlichen Reichtum, der uns selbst zuteil wird, an unsere Kinder und Kin­deskinder weiterzugeben. Früh sollten wir beginnen, den Enthusiasmus für das Leben in unseren Kindern zu wecken, sie anstecken mit unserer Lebensfreude und ihnen Werkzeuge für die Selbstverwirklichung und die Bewahrung der Welt an die Hand geben. Wie eine Mandra sollte uns dabei über die Lippen gehen, dass alles, was wir tun von Menschen für Men­schen gemacht wird und uns diese Erkenntnis zu respektvollem Umgang mit einander verpflich­tet. Die Würde jedes einzelnen Menschen in dieser Welt ist unantastbar. Unser Respekt sollte aber auch der uns anvertrauten Natur, den Tieren und den Ressourcen gelten, selbst dann, wenn wir vom ungestümen Forscherdrang besessen sind und die dabei gewonnenen Erkenntnisse auch umsetzen wollen. Die permanente Weiterentwicklung von uns Menschen in dieser Welt ist unsere Hybris, aber auch unser Sinn. Wenn wir schon nicht anders können, dann sollten wir alles, was uns anvertraut ist mit Freude und auch mit ideellem Gewinn für die Welt und alle Geschöpfte nachhaltig tun.

Dabei kommen wir nicht zu kurz, sondern wir müssen unsere Selbstvergewisserung beherzigen „wenn es mir gut geht, werde ich dafür sorgen, dass auch kein anderer Mensch übel dran ist“. Das ist die Botschaft der Philanthropie: dafür zu sorgen, dass man bei sich ansetzt und die Ressourcen entwickelt, die den Menschen überhaupt dazu befähigen, für andere einzutreten und dabei nicht aus den Augen zu verlieren, dass Wohltätigkeit allein künftig nicht ausreichen wird, um den Herausforderungen des Lebens zu genügen.  Die Philanthropie bzw. die in die­sem Bereich tätigen „Social Entrepreneurs“ werden künftig Produkte entwickeln müssen, für die einerseits eine Nachfrage besteht, andererseits aber auch die Investoren von dem Sinn und Nut­zen des Produktes überzeugt werden. Um diesen Idealzustand zu erlangen, ist die Entwicklung einer hybriden Kompetenz aus wirtschaftlichem Sachverstand und ideellem Einsatz unumgänglich. Klar ist, die Begehrlichkeiten unserer Gesellschaft werden künftig auch auf philanthropische Produkte ge­lenkt werden, da diese soziale Vergewisserungen verschaffen und trotz Krisen dafür sorgen wer­den, dass der einzelne Mensch sich in der Gesellschaft weiterhin erfolgreich behaupten kann. In diesem Sinne ist die Jugend daran interessiert, wie auch alle Generationen davor auch, sich wirt­schaftlich zu entwickeln, ein soziales Netz zu pflegen, ein Familienleben zu gestalten und indivi­duellen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Um diesem Lebenszweck gewachsen zu sein, ist die Ju­gend generell fleißig und betriebsam, lässt mit anderen Worten Industria walten, um sich gemein­schaftlich und auch individuell in diesem Leben behaupten zu können. Die Verände­rungen der Lebensumstände ist der Jugend sehr wohl bewusst und deshalb sind sehr viele Jugendliche via Internet außerordentlich daran interessiert, das Potenzial philanthropischer Einrichtungen für ihre Zwecke zu ergründen. Eine der ganz großen Möglichkeiten philanthropischer Einrichtungen ist deren Unge­bundenheit und Freiheit von unmittelbarer staatlicher Bevormundung. Der Staat ist für gesell­schaftlichen Fortschritt nicht zuständig, sondern seine Bürger, individuell und in der Gemein­schaft. Im philanthropischen Bereich werden eine Fülle von Dienstleistungsformen unterschied­lichster Art entwickelt, auch Werte und Patente geschaffen, die künftig auch mit Daseinssicherung eingesetzt werden können. Der philanthropische Bereich gewährt Arbeitsplätze, stellte Minikredite, Venture Capital zur Verfü­gung und lässt es vor allem zu, über die Grenzen der Realwirtschaft hinaus, multiple, ideelle Fähigkeiten zu erproben. Die Philanthropie sollte von der Realwirtschaft profitieren, weil so Handlungsabläufe verbessert und der Gesamtauftritt des Sozialunternehmens effektiver gestaltet werden könnte. Andererseits verfolgt die Philanthropie nicht nur profitwirtschaftliche Gesichtspunkte mit dem Ziel, das Erworbene finan­ziell zu erhalten und zu summieren, sondern versucht auch zu vermitteln, dass das Geben bereichert, der Einsatz für andere sich auszahlt und die Seinsbestätigung durch Zuwendungen erfolgreich ist. Das erkennen Jugendliche sehr genau und gerade die Zusammenführung ideeller Zielsetzung und wirtschaftlicher Betätigung erlaubt es ihnen, ihre gesamten vielfältigen Fähigkeiten und Potentiale, also ihre große Gestaltungskraft auszuspielen. Sie können zunächst „grenzenlos spin­nen“, um die daraus gewonnenen Erfahrungen sodann normativ zu bändigen und dadurch für wirkliche Innovationen in unserer Gesellschaft zu sorgen. Die Begründer des Bauhauses waren „Spinner“ bevor sie ihre Ideen ebenfalls norma­tiv bändigten. Wertvoll ist also das, was der Mensch als wertvoll erkennt. Wenn der Mensch die Kraft der Philanthropie zu erkennen vermag, steht die Tür weit offen für eine ganz neue sinnbildende Erfahrung für alle Generationen, die jungen und die alten Menschen, die ihre Chance ergreifen, sich engagieren bei der Überprüfung ihrer Lebensgewohnheiten, einen leidenschaftlichen Einsatz ihrer beruflichen Fähig­keiten zeigen und Freude daran haben, sich auch selbst Gutes zu tun, indem sie sich mit Kompetenz und Herz in neue sinnbildende Gestaltungs- und Erwerbsprozesse einbringen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Barter-Geschäft

Was nichts kostet, ist nichts wert. Dieser Merksatz gilt im gesamten Warengeschäfts- und Dienstleistungsbereich. Wir setzen uns beruflich ein, investieren unsere Arbeitszeit, um damit Geld zu verdienen. Geld, welches wir benötigen, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten und möglichst auch noch Reserven schaffen, also das Vermögen mehren.

Philanthropie, also Sozialunternehmertum im eigentlichen Sinne verstehen wir bisher immer als eine Pro-bono-Einrichtung, als ein Engagement für bestimmte Zwecke aus idealistischen Gründen. Wenn auch steuerlich begünstigt, haben Stifter und Spender dabei immer im Auge, der Gesellschaft von ihrem Geld etwas zurückzugeben, auf das sie verzichten können und den Ausgleich für Vorteile darstellen soll, die der Stifter oder Spender meist im realen Wirtschaftsleben erhalten hat. Wenn der Stifter oder Spender damit auf eigene finanzielle Vorteile verzichtet, sollen andere davon aber auch nicht profitieren.

Im philanthropischen Bereich gilt daher der Merksatz, dass das Projekt möglichst nichts kosten darf, aber trotzdem große Wirkung erzielen soll. Diejenigen, die sich in der Philanthropie engagieren, sollen sich bescheiden, keine großen Ansprüche stellen, ihre Tätigkeit in erster Linie ehrenamtlich begreifen. Das ist ein gesellschaftlicher Widerspruch, der aufgelöst werden muss, denn derjenige, der sich im philanthropischen Bereich engagiert, leistet ebensoviel oder oft sogar mehr, als derjenige, der im realwirtschaftlichen Bereich arbeitet oder mit Geld spekuliert. Es müssen daher für diese Menschen auch zur Stärkung der Effektivität der Philanthropie Leistungsanreize geschaffen werden, die es jedem als sinnvoll erscheinen lassen, sich in der Philanthropie zu erproben.

Der Realwirtschaftsverkehr ist entstanden aus dem Tauschhandel. D. h., jemand bietet einen Gegenstand oder eine Dienstleistung an, die ein anderer benötigt und für die er selbst ebenfalls seine Dienste anbietet. Da es unpraktisch ist, Jemanden´s Dienste entgegenzunehmen, wenn man sie nicht benötigt, wurde letztendlich ein Anrechnungsverfahren geschaffen, welches zum Geldverkehr führte. Damit ist aber die Grundidee des Tauschhandels nicht beseitigt, sondern es muss ein allgemeingültiges System entwickelt werden, in dessen Kategorien die Leistungen, die ein Mensch im Rahmen seines philanthropischen Engagement erbringt, kompensiert werden, und zwar in der Form einer gesellschaftlichen Anrechnung, die wiederum dazu führt, dass derjenige in der Lage ist, selbst Leistungen anderweitig einzufordern, sei es im Rahmen der Realwirtschaft oder auch der Philanthropie. Zum Beispiel so, dass derjenige, der fünf Jahre ältere Menschen gepflegt hat einen Anspruch darauf hat, dass er kostenfrei für ihn selbst wieder gepflegt wird oder die eigens erbrachte Pflegeleistung auf andere übertragen kann. Jeder Mensch kann im Laufe seines Lebens etwas für andere leisten und ein entsprechendes Zeit- oder Punktekontingent aufbauen, welches er zu gegebener Zeit wieder einlösen kann. Er ist so in der Lage, sich ein Vermögen zu verschaffen, dass ihm auch im Alter die Ruhe gibt, nicht geld- sondern leistungsbestimmt die Angebote derer anzunehmen, die ihrerseits etwas „verdienen“ wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird es erforderlich sein, Sozialbanken einzurichten, bei denen die Konten der Menschen geführt werden und die gewährleisten, dass die in der Philanthropie erbrachten Leistungen sorgfältig registriert werden und dafür zur Verfügung stehen, um einen gesellschaftlichen Ausgleich im Leben eines Menschen zu schaffen. In bestimmten Umfange sollen die Leistungen übertragbar sein und im Angebot das gesamte Spektrum von Wohnungen, kultureller Zuwendungen, altersgerechter Pflege, Hilfe bei der Kindererziehung, Krankenhausaufenthalt, Sterbehilfe etc. umfassen.

Vermittlungsagenturen für Angebot und Nachfrage müssen eingerichtet werden. Dabei ist es möglich, philanthropische Einrichtungen auch maßgeblich zu unterstützen und durch diese Unterstützungsleistung in den Genuss anrechenbarer Leistungen zu gelangen. Insoweit verschränkt sich Philanthropie und Realwirtschaft im Bereich der Nutzer ebenso wie in allen Bereichen der wirtschaftlichen Umsetzung.

Der Mensch ist interessengesteuert. Es ist zielführend, die Interessenslage nicht zu vernebeln, sondern aus dieser Interessensgebundenheit Vorteile für unsere Gesellschaft abzuleiten.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wissen wozu?

Wohlfeil wird auf dem Markt angepriesen, dass wir in einer Informations- und Wissensgesellschaft leben. Wissen wozu? Unbestreitbar wird mehr informiert und mehr Wissen veröffentlicht, als je zuvor erfolgte und möglich war. Kommunikation und Wissen stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Der „User“ des Internets hat scheinbar unbegrenzt viele Möglichkeiten, über das Wissen anderer zu verfügen, sich Informationen herunterzuladen und selbst für ihre Verbreitung zu sorgen. Um diesen interaktiven Prozess zu gestalten, benötigen die Beteiligten viel Kraft und Zeit sowohl was die Aufnahme von Informationen als auch deren Weitergabe anbetrifft. Der Mensch selbst wird so zum Medium der von ihm geschaffenen Technologie, einerseits unverzichtbar, andererseits auch nur ein Mitbeteiligter. Denn, die sich selbst teilweise ergänzenden Informationen und Wissensvervielfältigungen verlinken sich im Netz auch ohne die gestaltende Anwesenheit des Menschen. Die Gedächtnisleistung des Rechners hat die des Menschen bei weitem überrundet. Der Rechner ist uns unheimlich. Neidvoll schauen wir auf ihn. Was der alles weiß, welche enormen Informationsmengen er birgt. Dabei scheinen wir zu vergessen, dass jedes Wissen, jede Information vergeblich ist, wenn daraus nicht ein neues schöpferisches Produkt entsteht.

Die gedankliche und emotionale Leistung des Menschen ist unverzichtbar, da erst aus der Irrationalität grenzenlosen Spinnens die gedanklichen Leuchtfeuer entzündet werden, die Wissen und Informationen wichtig machen. Anderenfalls füllen sich die Internetregale nur mit Zutaten, die keinen Verwendungszweck haben. Auch der Austausch der Produkte oder der Regale ändert daran nichts. Aufgrund fehlender Rezepte laufen wir Gefahr, dass Informationen und Wissen keine Wirkung entfalten können und wir Menschen uns abkehren von den Möglichkeiten und der Suche nach dem schöpferischen Sinn des verfügbaren Angebots.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Was nichts kostet, ist nichts wert

Die Piratenpartei vertritt den Grundsatz der Offenheit und Freiheit im Netz und erledigt so ganz nebenbei den Grundsatz des Urheberrechts. Urheberrecht bedeutet dabei nicht nur das Recht, selbst zu bestimmen, was mit den eigenen schöpferischen Leistungen geschieht, sondern auch darauf zu bestehen, dass diese Leistungen, soweit auch andere einverständlich mit dem Urheber darüber verfügen, auch entsprechend vergütet werden. Was nichts kostet, ist nichts wert. Der Volksmund hat dies eindeutig formuliert. An dieser Eindeutigkeit kommen auch diejenigen nicht vorbei, die mit der Totalität der Informationsgesellschaft drohen und die Netzfreiheit als feststehende Tatsache proklamieren. Die Realwirtschaft kann sich ins Fäustchen lachen. Die Verletzung eines Betriebsgeheimnisses ist nach wie vor die Verletzung eines Betriebsgeheimnisses und strafbar. Die Verletzung des Rechts an einer schöpferischen Leistung – sei es durch Plagiat oder „Copy and Paste“ – stellt heute im Bewusstsein vieler Menschen allenfalls noch ein moralisch vorwerfbares Verhalten dar. Aber auch diese Einstellung wird verschwinden, wenn fortschreitend eine Vielzahl von Netzusern die Bedenkenträger diffamieren und ihre selbsterkorenen Rechte einfordern.

Aber, wer will dann in unserer Gesellschaft noch schaffen oder denken? Bin ich verpflichtet, für andere noch zu denken, wenn diese mir nicht nur meine Gedanken rauben, sondern sich auch weigern, für das, was ich so geschaffen habe, noch etwas zu bezahlen? Schon heute gewinnt man den Eindruck, dass Denken allenfalls belohnt wird. Denken als die Narretei einiger unverbesserlicher Streber nach Einsicht und Aufbrüchen. Das Produkt des Denkens erfährt schon deshalb keine Anerkennung, weil die Denker selbst noch nicht bereit sind, notfalls von ihrem Streikrecht Gebrauch zu machen. Wissen und Informationen alleine vermögen nichts. Erst durch das Denken, nicht die Internetverknüpfung, sondern die persönliche Abgleichung der Informationen im Denkprozess selbst wird das Produkt geschaffen, welches andere in die Lage zu versetzen vermag, den Prototypen als handhabbares Gesetz auszuformulieren. Deshalb ist es so wichtig, dass das Denken eine eindeutige Verankerung im Wertesystem unserer Gesellschaft findet, also angemessen bezahlt wird. Ganz egal, ob die Neider dies ungerecht empfinden, sollte jeder, der zu denken bereit ist, sich bei einer Wahrnehmungsgesellschaft registrieren lassen dürfen, Anspruch auf eine Flatfee haben und darüber hinaus noch teilnehmen an den Denkabgaben, die in unserer Gesellschaft gemeinschaftlich erbracht werden müssen. Denken muss sich wieder lohnen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wer wagt, gewinnt!

Wer wagt, gewinnt! Wir müssen grenzenlos spinnen, um aus der Vielfalt der Gedanken und Empfindungen Verwertbares zu gewinnen, daraus Neues entwickeln, um das  so Geschaffene wieder normativ zu ordnen. Wer grenzenlos denkt, ist beileibe kein Ha­sardeur, sondern ein Rea­list, der seine Möglichkeiten nicht beschränkt, sondern seine Potentiale optimal ausschöpft. Jeder, der im Geschäftsleben „seine Frau“ oder „seinen Mann“ steht, weiß, dass ohne Integrität, Wa­gemut, Zutrauen an die eigenen Fähigkeiten und Verantwortungsbe­wusstsein nichts läuft. Zocker und Zauderer kommen nicht sehr weit. Sie verheddern sich im Gewirr ihrer Ansprüche und Ab­wehrstrategien, was sich auch als eine große Belastung unserer Gesellschaft darstellt. Unser Leben hat sich zwar nicht grundsätzlich in diesem Jahrhundert verändert, aber es entwickelt sich viel rasanter und dynamischer weiter als wir dies früher geglaubt und erwartet haben. Dies geschieht einerseits durch äußere Einflüsse, wie sie sich am Beispiel der IT-Technologie abzeichnen, andererseits aber auch durch eine zunehmend persönliche Bereitschaft, neue Wege zur Gestaltung unserer Zukunft zu wagen. Offen und frei für Neues zu sein bedeutet, nicht nur eine Sicht auf die Dinge zu behaupten, sondern die eigenen im Zusammenspiel mit öffentlichen wahrzunehmen. Die Formung des „Wir-Ichs“ ist ein Prozess, der wachsen­den Einfluss auf unsere ganze Gesellschaft gewinnt, denken wir zum Beispiel an „Liquid Democ­racy“ oder Gesellschaftsphänomene wie Facebook. Dabei ist festzustellen, dass jeder Ein­zelne von uns als Individuum wahrnehmbar bleiben möchte, aber auch Wert darauf legt, bei der Entwicklung unserer Gesellschaft mitzusprechen, gestaltend dabei zu sein. Das gilt nicht nur für die technischen Heraus­forderungen, sondern auch für die Veränderungen im Bereich der Warenproduktion und des Dienstleistungs- und Sozialbereichs. Dabei ist zu erkennen, dass bestimmte Produkte im konven­tionellen Warenbereich von Arbeitnehmern auch in anderen Ländern vielleicht sogar besser und effektiver hergestellt wer­den können. Wir sind dagegen womöglich in der Lage, Produkte im Bildungs-, Dienstleistungs- und Sozialbereich weitaus effektiver zu konzipieren und zu gestalten. Die Bedeutung dieser Bereich für die Zukunft unserer Gesellschaft zeichnet sich ab, ist aber noch längst nicht definiert. Dabei hat das Wert, was wir Menschen als wertvoll erachten. Ob dies ein Gemälde von Picasso ist oder das Produkt Pflege­dienst für ältere Menschen, das Bil­dungsangebot im frühkindlichen Bereich oder gar die Entwicklung unserer Städte und Social Communities, insbesondere unter Integrationsgesichtspunkten. Völlig neue Produkte warten dar­auf, dass wir sie entdecken, ihnen Form geben und für ihre Realisie­rung sorgen, wobei als In­strumentarien der Umsetzung nicht nur die herkömmlichen Stiftungen zur Verfü­gung stehen, sondern alle Unternehmenseinsatzformen mit dem Versprechen sozialer und auch finanzieller Renditen. In unserer Gesellschaft gilt beständig der Satz: Was nichts kostet, ist nichts wert. Deshalb müssen in der Umsetzungsphase dieser Produkte Rekompensationsprozesse abge­bildet werden, die dem Anspruch des Einzelnen auf Anerkennung seines Einsatzes dauerhaft Rechnung tragen.

Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben. Oder anders gesagt, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Es liegt an jedem von uns, schon heute alle Möglichkeiten zu visionieren, damit wir uns beizeiten  mit anderen konkur­rierend und ergänzend zur klassischen Warenproduktion mit unseren Fähigkeiten einbringen können, selbstverständlich dabei auch profitieren von unseren bisherigen im herkömmlichen Wirtschaftsverkehr gewonnenen Erfah­rungen.

Um uns auf den Weg zu machen zu neuen Herausforderungen und diese Ziele, soweit wir sie für lohnenswert erachten – auch zu erreichen – benötigen wir die Weitsicht von Men­schen, die ihr Herz in den Ring werfen, mit Sachverstand und Wagemut ihre Kompetenzen zur Verfügung stellen, um für unsere Gesellschaft neue wirtschaftliche und ideelle Gestaltungsräume in den wichtigen Berei­chen der Daseinsvorsorge und Fürsorge zu öffnen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Nix verstanden

Wir sind technisch hoch gerüstet. Wir sind die bestinformierteste Gesellschaft, die es je gab. Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Internet via Computer, Handys und Smartphones versorgen uns während des Tages kontinuierlich mit Informationen zu allen Tagesereignissen. Nachrichtigen im 20-Minuten-Takt. Eilmeldungen in Kopf- oder Fußzeilen während des Spielfilms. Über die Medien haben wir Informationen satt. Hinzukommen eine Fülle von Büchern, Ratgebern und Lebenshilfe nicht nur in Kulturkaufhäusern, sondern auch in Bahnsteigkiosken und auf Tankstellen. Wie in einer Endlosschleife erfahren wir über Finanzkrise, den Krieg in Afghanistan und die merkwürdigen Handlungen eines Bundespräsidenten in Zeittakten, die sogar die 3-Minuten-Schwelle unterschreiten können, wenn wir uns dazu entschließen, die Medien zu wechseln oder bewusst Informationen abzurufen. Wir sind gegen den medialen Overkill nicht mehr gefeit, zumal nicht nur unser Informationsinteresse bedient werden soll, sondern jede mediale Veröffentlichung dem knallharten Auftrag entspricht, dadurch eine Geschichte zu erzählen und Geld zu verdienen. Ob wir es wollen oder nicht, sind die Empfänger Konsumenten, ohne die die Informationsflut sinnlos wäre. Würde der Absatzmarkt stocken, hätten wir nicht nur ein Konsumentenproblem, sondern darüber hinaus auch ein wirtschaftliches Problem mit Auswirkungen auf Werbung, Markmacht und Absatz. Nur, wie viele Informationen verträgt der Mensch? Die Dauerherausforderung führt zur Abstumpfung und zwingt den Informationsproduzenten dazu, über neue und vielleicht sogar auch gewagtere Thesen zu liefern oder auch Ereignisse zu eruieren, die bei gesundem Menschenverstand als solche überhaupt nicht relevant erachtet werden. Natürlich ist der Mensch in der Lage, zwischen verschiedenen Informationen auszuwählen ob die eine oder andere für ihn wichtig ist, das wichtige auszusondern und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das bedeutet aber schon, dass ein Präklusionsprozess in Gang gesetzt worden ist. Dies wiederum bedeutet, dass die Information den Menschen überhaupt erreicht hat. Dieser Präklusionsprozess selbst beinhaltet viel Kraft und Filtermöglichkeiten, die nicht nur viel Zeit zum Beispiel beim Aussondern der wichtigen E-Mails verlangen, sondern zu Ermattungen führen, die dazu angetan sein können, selbst wichtigen Spuren nicht  mehr nachzugehen. Nachdem 100 E-Mails durchgescrollt worden sind, ist der User seines Smartphones nicht mehr in der Lage, sich daran zu erinnern, was er davor eigentlich vorhatte. Da bei den meisten Informationskonsumenten keine realen Aufzeichnungen mehr geführt werden, findet der Erinnerungsprozess auf die selbst ermüdende Art und Weise wiederum in den Medien statt mit der Folge, dass der Prozess selbst schon als Arbeit wahrgenommen wird und sich der Erkenntnisprozess darauf beschränkt, auf die unmittelbar wahrgenommenen Informationen noch zu reagieren. Das Sprichwort: „Aus den Augen, aus dem Sinn“ ließe sich hier ergänzen, und zwar in Bezug auf sämtliche Medien: „Was ich gesehen, gelesen oder gehört habe, gehört im Moment des Wahrnehmens bereits der Vergangenheit an, nur noch ganz wenige existentielle Herausforderungen berühren den Menschen und leiten Reflexionen, reale Auseinandersetzungen und einen Prozess des Commitments ein. Der Mensch ist sich seiner Situation durchaus bewusst, kaschiert den Prozess der Auswahl und des Vergessens mit der Behauptung des Engagements. Wenn für den Menschen die eigene Situation drängend wird, reagiert er in Kenntnis des allgemeinen Verdrängungsprozesses meist hektisch und versucht, alles zu mobilisieren, um in möglichst kurzer Zeit zum Ziele zu gelangen. Der moderne Mensch weiß dabei sehr genau, dass – wenn er nur einen Moment nachlässt, um das für ihn wichtige Projekt zu realisieren – dieses aus dem Sinn gerät, möglicherweise bei ihm selbst sogar, aber vor allem bei denjenigen, die er als Mitspieler benötigt. Erklärungsversuche für diese neue Welt finden sich in zahllosen Publikationen. Es wird abgestellt auf die Komplexität unseres Lebens, die kybernetischen Fähigkeiten, die ein Mensch heute beweisen muss und die neuen Herausforderungen zum Beispiel durch ständige Beteiligungsprozesse und systemische Regelungen. Diese Deutungsversuche erweisen sich aber in der Regel nicht als hilfreich, sondern verstärken sogar den Prozess der Ermüdung. Der Mensch erfährt, dass er den Ansprüchen – seinen eigenen und fremden – nicht mehr gewachsen ist, schüttelt den Apparat bis ihm dieser verkündet: tilt. Aber mit der Erfahrung wieder auf Start zu gehen und neu zu beginnen, ist sehr schwierig, denn der Mensch hat nicht nur ein technisches Problem zu lösen, sondern zu diesem gesellt sich sein Körper, sein Verstand uns seine Seele. Der Mensch stellt sich die Frage, ob es noch sinnvoll ist, was er macht und will gleichzeitig mithalten, nicht ausgegrenzt sein. Nicht nur Burnout, Boreout und andere modische Erscheinungen sind die Folge, sondern auch eine Regression in den menschlichen Möglichkeiten über Fantasie, Distanz zu den Medien und den technischen Möglichkeiten, über Logik und Verstand zur Erkenntnis zu gelangen, die unsystematisch dazu beitragen können, den Fortschritt zu gestalten. Wenn der Mensch sich etwas weigert, aus taktischen Gründen zumindest etwas nicht verstehen will, hat er sich möglicherweise einen Freiraum erobert, den er nach Lust und Laune gestalten kann.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Verrechtlichung des Lebens

Es besteht ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen Bürger und Staat. Der Bürger erwartet vom Staat, insbesondere von den von ihm gewählten Vertretern im Parlament, dass sie Gesetze erlassen, die unser Leben für jeden einsehbar ordnen und gestalten. Formelle Gesetze sind den Volksvertretern vorbehalten. Zusätzlich wird das öffentliche und auch private Leben ergänzend gestaltet durch sogenannte materielle Gesetze, Rechtsverordnungen, Verfügungen und Erlasse, und zwar sowohl national als auch supranational zum Beispiel durch EU und UN. Das Korsett ist eng geschnürt und lässt unser Leben als in Gänze verrechtlicht erscheinen. Wichtig ist es daher zu wissen, ob und in welchem Umfang diese Verrechtlichung aufgebrochen werden kann. Ansatzpunkt ist Artikel 1 GG, für den im Gegensatz zu Artikel 2 GG die sogenannte Kerntheorie nicht gilt, d. h. Artikel 1 des Grundgesetzes kann nicht dahingehend abgeändert oder eingeschränkt werden, dass die Würde des Menschen nur noch im Kern erhalten bleibt. Ferner beinhaltet Artikel 1 GG nicht nur einen Abwehranspruch des Bürgers gegenüber dem Staat, sondern ist Ausfluss des allgemeinen Menschenrechts, welches jeder andere, also auch der Staat zu respektieren hat. Zur Würde des Menschen gilt vordringlich die Freiheit, d. h. sein naturgegebenes Recht, sich umfassend zu bilden, sich zu mehren, Gefühle zu haben und seinen Verstand zu gebrauchen. Seine Freiheit kann nur dort eingeschränkt werden, wo dies aus vernünftigen Gründen zur Ordnung des gesamten Gemeinwesens erforderlich ist. Insbesondere besteht aber das Menschenrecht darin, über sich selbst zu verfügen, Verantwortung zu übernehmen, den Staat zu fordern und alles zu tun, um das eigene Leben zu gestalten und in Würde zu vollenden. In Erkenntnis dieses alles umfassenden Menschenrechtes müssen wir uns die Frage stellen, ob nicht ein Übermaß an Regelungen in die Freiheitsrechte des Menschen nach Artikel 1 des GG eingreifen und es ihm nicht selbst überlassen werden sollte, seine eigenen verantwortungsvollen Grundsätze zu beachten. Hierfür ein Beispiel:

Nicht Politik und Gesetzgeber haben die Kriterien für Good Governance und Corporate Social Responsibility entwickelt, sondern verantwortungsvolle Unternehmen und Menschen, die erreichen wollen, dass auch in wirtschaftlich organisierten Einrichtungen ein Wertekodex verankert wird. Wir kennen dies auch aus anderen Zusammenhängen, zum Beispiel die Grundsätze für „Gute Stiftungspraxis“ oder aufgestellte Nachhaltigkeitskriterien. Jetzt gibt es allerdings Bestrebungen, die Kodizes für CSR und Good Governance gesetzlich zu verankern. Das ist natürlich einerseits attraktiv, andererseits führt eine derartige Sichtweise zur Einschränkung einer sich dynamisch entwickelnden Diskussion zu den Grundsätzen guter Unternehmensführung. Die Verrechtlichung erscheint dort kontraproduktiv und führt zur eher resignativen Haltung unter dem Gesichtspunkt des Müssens, statt des freiheitlichen Bejahens und Wollens. Es ist daher zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, einen dynamischen Entwicklungsprozess in unserer Gesellschaft zu fördern, indem wir auf die Aufstellung von immer mehr Rechtsregeln verzichten und sogar an der einen oder anderen Stelle zurückbauen, um dadurch das Verantwortungsgefühl des Bürgers als Souverän zu stärken und seine Freiheit zu erhalten.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Gesundheit

Dass der Mensch selbst verantwortlich für die Erhaltung seiner Gesundheit zu sorgen hat, dürfte allgemeiner Konsens sein. Es gibt allerdings einige Problemfelder, die dazu zwingen, die Gesundheitsvorsorge für die Bürger, und nicht nur die Bürger unseres Staates, zu überdenken.

Zwar ist es gelungen, schwerwiegende Krankheiten zu beseitigen oder zu marginalisieren, aber in einer global orientierten Gesellschaft ist es naheliegend, dass neue Krankheiten entstehen, die sich dann in Windeseile ausbreiten. Es ist darüber nachzudenken, ob nicht ein Gesundheitsfrühwarnsystem eingerichtet werden muss, welches dann entsprechend der Flugüberwachung grenzübergreifend Maßnahmen einleiten kann, die Krankheitsbelastung unserer Bürger früh erkennt und bereits Gegenmaßnahmen einleitet, bevor sie unmittelbar wahrnehmbar sind.

Eine gesundheitsbewusste Gesellschaft erwartet von Ärzten und Krankenhäusern, dass sie mit Pharmaprodukten versorgt werden, die ihnen nicht schaden und überdies wirksam sind. Dies bezieht sich auch auf Untersuchungsmethoden, Analysen und Einschätzungen zur Beseitigung störender Einwirkungen auf die Gesundheit. Kranke Menschen müssen den ihnen unterbreiteten Angeboten vertrauen, da sie keine Möglichkeiten haben zu prüfen, ob die Mittel wirksam sind oder nicht. Objektive Kriterien sind dabei meist schwer zu erlangen, da große Pharmaunternehmen oder eine gut organisierte Ärztelobby erfolgreich in der Lage ist, die für die jeweiligen Unternehmen oder Ärzte gewünschten Effekte zu organisieren. Es wird daher zu prüfen sein, ob unsere Gesellschaft nicht entschiedener, ggf. auch strafrechtlich auf Marktmacht orientierte Vorhaben im Gesundheitsbereich reagiert.

Dank unserer geänderter Lebensformen haben sich die Lebenserwartungen der Menschen ebenfalls geändert. Dies führt nicht nur zu einer Erhöhung der Altersgrenze bis zum Tode, sondern schafft erhebliche Probleme im gesamten Versorgungsbereich für ältere, aber auch für jüngere Menschen. Unser Körper ist nur unzureichend auf dieses längere Leben vorbereitet, durch Altersdemenz, Diabetes und zum Beispiel Osteoporose wird das erwartete längere Leben behindert. Unsere Gesellschaft muss darauf reagieren, zum Einen durch Aufwertung des Pflegedienstes, zum Anderen durch noch entschiedenere Gesundheitsaufklärung und schließlich durch die Entscheidung, ob und wie lange das Leben eines Menschen erhaltungswürdig ist. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das heißt auch, dass älteren Menschen nicht alles zugemutet werden kann, um ihr selbstbestimmtes Leben zu verlängern. Die Gesellschaft muss auch die Kosten-Nutzen-Anlayse führen und entscheiden, wie sie mit den gewachsenen Ansprüchen der älteren Menschen auch in der Verantwortung gegenüber den jüngeren Menschen umgehen. Dabei sind spirituelle Herausforderungen ebenso zu bedenken, wie technische, finanzielle und kulturelle Aspekte.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski