Wir stehen kurz vor dem Wahljahr 2017. Die Kanzlerin hat erklärt, dass sie alles reiflich bedacht hätte und nun doch entschlossen sei, als Kanzlerkandidatin 2017 anzutreten. Sie scheint alternativlos zu sein, aber Freude kommt nicht auf. Unbestritten sind die Verdienste Angela Merkels um Deutschland.
Es ist nicht wichtig, ob ein Politiker alles richtigmacht, wichtig ist allein, dass er bereit ist zu handeln und dies verantwortlich. Ich meine, dass Angela Merkel dies in aller Unaufgeregtheit sehr gut für Deutschland getan hat. Deutschland hat an Ansehen durch sie gewonnen und blieb wirtschaftlich erstaunlich stabil, trotz aller die Wirtschaft belastenden Entscheidungen, wie beispielsweise den Ausstieg aus der Atomenergie oder internationale Verwerfungen.
Keiner hat Grund, sich aufzuregen, insbesondere nicht darüber, dass sie angeblich Immigranten in unser Sozialsystem geholt habe. Das sind diese Sorten von Lügen, die heute als Wahrheit verpackt eine die Politik lähmende Kraft entfalten könnten. Vielleicht ist es so gewollt und die mehrheitlich sich Ereifernden können vielleicht noch Verstärkung aus den USA erhalten. Von den USA zu lernen, kommt anscheinend wieder in Mode, wer hätte das gedacht.
Würde ich jetzt „keiner“ behaupten, wäre dies falsch. Wir haben das alle so gedacht. Eine Gesellschaft kann gut oder schlecht verwaltet werden. Sie ist sicherungsbedürftig, aber nicht krisenfest. Da könnte ein Problem zu Tage treten: Wir haben keine Pläne. Wir haben keine Pläne, an denen sich eine Regierung orientieren könnte. Wir haben keine Pläne, die Grundlage unseres gesellschaftlichen Handelns insgesamt sein müssten. Es gibt noch nicht einmal Vorschläge für Pläne, die dann diskutiert und in einem Contrat Social mit der Gesellschaft festgeschrieben werden könnten. Wir haben allenfalls liquide Handlungsperspektiven, die je nach Opportunität wieder zur Disposition gestellt werden. Erscheint die dem Chamäleon verwandte Anpassungsfähigkeit der Politiker auch auf den ersten Blick als sehr attraktiv, kann doch nicht übersehen werden, dass bei einer Vervielfachung unterschiedlichster Meinungen und Proteste eine Kakophonie entsteht, die die Gesellschaft insgesamt lähmt. Wir müssen wissen, was wir wollen und dürfen, die Deutungshoheit hier nicht linken und rechten Gruppierungen überlassen, die wohlfeil Pläne vorlegen, deren Realisierung allerdings an der Wirklichkeit scheitern werden.
Der Austritt aus der Nato ist ebenso unsinnig, wie Ausländer wieder vor die Tür zu setzen und schon gar nicht reinzulassen. Eine Gesellschaft, die nur noch gefühlt lebt, aber nicht mehr wirklich, ertrinkt in ihrer Gefühligkeit, anstatt sich selbst durch planvolles Handeln herauszufordern. Geht nicht, gibt es nicht.
Hans Eike von Oppeln-Bronikowski