Archiv des Autors: Sabine Büttner

Philanthropie als Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Land auf, Land ab ist davon die Rede, dass der Innovationsstandort Berlin verbessert werden müsse. Eine Verknüpfung der Kreativen mit den „Machern“, die Ideen wirtschaftlich umsetzen können, sei notwendig. Es müssten weitere Ausbildungsstandorte und vor allem solche der wirtschaftsnahen Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen geschaffen werden. Es heißt auch, in Berlin müsste eine neue Industrie entstehen.

Für die wirtschaftliche Entwicklung sei es außerordentlich wichtig, Patente zu erzeugen und für weit gefächerte staatliche und europäische Fördermaßnahmen zu sorgen. Wie das alles geschehen soll und welchen Nutzen unser Gemeinwesen von horrenden Investitionen in immer neue Standorte haben wird, hinterfragt niemand. Das wirkliche Ziel ist derart im Nebel, dass es leicht fällt, sich unterzuhaken und gemeinsam zu beschwören, was im Interesse einer wirtschaftlichen Entwicklung unbedingt von Nutzen sei. Da der Zusammenschluss von Kreativität und wirtschaftlicher Ausbeute so verheißungsvoll klingt, wird in Kauf genommen, dass ein solches Vorhaben völlig übersteuert ist, keiner den Nutzen dieses komplexen Gedankens erklären kann und schließlich überhaupt nicht nach den Protagonisten derartiger Überlegungen gefragt wird.

Die Jugend ist heute auch nicht kreativer, als die Jugend es früher war. Kreativität kann man nicht verordnen. Sie ist vielleicht in ihrer Pluralität gar nicht so wichtig, wie sie bedeutungsschwer in den Worten mancher Politiker anklingt. Die Jugend ist daran interessiert, wie alle Generationen davor auch, sich einigermaßen wirtschaftlich zu entwickeln, ein soziales Netz zu pflegen, ein Familienleben zu gestalten und individuellen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Um diesem Lebenszweck gewachsen zu sein, ist die Jugend generell fleißig und betriebsam, lässt mit anderen Worten Industria walten, um sich gemeinschaftlich und auch individuell in diesem Leben behaupten zu können. Das war schon immer so. Unser Leben hat sich aber verändert. Technisch ist es durch die Computerwelt, wirtschaftlich durch Massenproduktion und sozial durch eine sich entwickelnde Bürgergesellschaft bestimmt.

Das ist der Jugend sehr wohl bewusst und deshalb sind sehr viele Jugendliche auch via Internet außerordentlich daran interessiert, das Potenzial philanthropischer Einrichtungen zu ergründen. Eine der ganz großen Möglichkeiten philanthropischer Einrichtungen ist zunächst deren Ungebundenheit und Freiheit von unmittelbarer staatlicher Bevormundung. Der Staat ist für gesellschaftlichen Fortschritt nicht zuständig, sondern seine Bürger, individuell und in der Gemeinschaft. Im philanthropischen Bereich werden eine Fülle von Dienstleistungsformen unterschiedlichster Art entwickelt, auch Werte und Patente geschaffen, die eingesetzt werden können.

Der philanthropische Bereich gewährt Arbeitsplätze, stellt Minikredite, auch Venture Capital zur Verfügung und lässt es vor allem zu, über die Grenzen der Realwirtschaft hinaus multiple Fähigkeiten zu erproben. Die Philanthropie sollte von der Realwirtschaft profitieren, weil Handlungsabläufe verbessert und der Gesamtauftritt effektiver gestaltet werden könnten. Andererseits verfolgt die Philanthropie nicht nur profitwirtschaftliche Gesichtspunkte mit dem Ziel, das Erworbene finanziell zu erhalten und zu mehren, sondern versucht zu vermitteln, dass Geben bereichert, der Einsatz für andere sich auszahlt und die Seinsbestätigung durch Zuwendungen erfolgreich ist. Das erkennen Jugendliche sehr genau und gerade die Verbindung zwischen ideeller Zielsetzung und wirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeit erlaubt es Jugendlichen, ihre gesamten vielfältigen Fähigkeiten und Potenziale, also ihre Kreativität, auszuspielen. Sie können grenzenlos spinnen, neue Erfahrungen normativ bändigen und dadurch für wirkliche Innovationen in unserer Gesellschaft sorgen. Wertvoll ist das, was der Mensch als wertvoll erkennt. Wenn der Mensch die Kraft der Philanthropie zu erkennen vermag, steht die Tür weit auf für ganz neue sinnbildende Erfahrungen für alle Generationen, die jungen und die alten Kreativen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Generation Z

Kürzlich war ich Gast einer Veranstaltung, die sich mit den Chancen und Perspektiven der Ge­neration Z beschäftigte. Generation Z dürften die 16- bis 24jährigen der jetzigen Generation sein. Genau weiß dies allerdings niemand, da Altersabgrenzungen immer problematisch sind. Gespannt dürfen wir natürlich darauf sein, wer nach der Generation Z heranwächst. Vielleicht eine Generation Alpha oder irgendeine Zifferngeneration. Wer kann, wer will das schon wissen.

Eine Generation definiert sich, so will man glauben. Eine Generation wird definiert. Das dürfte näher an der Wahrheit sein. Die Generation Z sei von den digitalen Kommunikationsmitteln geprägt, dadurch gleichzeitig gefordert und überfordert, kooperativ und doch bindungslos. Kurzum: eine Generation in der Wir-Findung, aber kreativ, talentiert, ausgestattet mit hohem Potential. Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, die Talente und Fähigkeiten zu entwickeln, Freiraum zu schaffen und alle kreativen Ansätze dieser Generation zu fördern.

Auch zwei Vertreter der Generation Z waren bei der Veranstaltung, etwas knurrig und selbstbewusst, aber durchaus zufrieden, mit dem, was sie hörten. Sie dachten sich wohl ihren Teil und spekulierten auf den Nutzen der verbalen Angebote für ihre Zwecke. Die Veranstaltung lief in einem etwas breiigen Verständnismodus ab. Wie wir dies auch schon in anderen Diskussionen mit und über Jugendliche erleben durften, geht es immer darum, dass wir sie verstehen, ihre Zukunftsängste begreifen, unser Versagen eingestehen und hoffen, dass die Strafe für uns nicht allzu drastisch ausfällt.

Ein ganz merkwürdiger Ablaufplan für die Entwicklung unserer Generation und der kommenden. Eher beiläufig als zentral ist von Struktur, Ordnung, Verantwortung – auch Selbstverantwortung – und Pflicht die Rede. Dabei schaffen gerade Ordnung und Pflicht diejenigen Organisationen, die geeignet sind, auch junge Menschen dazu zu befähigen, sich unter Zurückhaltung einzubringen in persönliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse, um ausbaufähige Positionen zu erlangen. Kreativität bis hin zum Talent für eine bestimmte Aufgabe kann sich doch nur dadurch entfalten, dass es einen Plan gibt.

Solange Anspruch und Wirklichkeit beziehungslos durch Bildungsplattformen mit öffentlichen Diskussionen geistern, können sie nichts beitragen zu Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit einer Generation Z, Alpha oder eins. Es sind nicht die alten überkommenen Werte, die Hilfestellung leisten können. Erprobte Vorgaben, Rituale und Verhaltensanforderungen schaffen dem einzelnen Menschen und der Gesellschaft das notwendige Rüstzeug für die Zukunft.

Algorithmen sind keine Erfindungen der Neuzeit oder gar der Generation Z, sondern dem Menschen immanent seit jeher. Wir sollten daher nicht in der Disruption, sondern in der reflektierten Kontinuität Chancen für unsere Kinder und auch für uns sehen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Vuka

Vuka bezeichnet Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz. Die Begriffe, die in diesem Akronym stecken, sollen unternehmerische Chancen in der Arbeitswelt bezeichnen. Details hierzu vermittelt unter anderem Wikipedia.

Zutreffenderweise wirken alle zusammenfassenden Wortschöpfungen gleichsam bedeutsam, d. h. der Begriffsempfänger lässt sich beeindrucken, versucht zu verstehen und wiederholt das Akronym solange bis es in seinen Gedanken festsitzt. Ob dies gleichermaßen für die dahinterstehenden Begrifflichkeiten gilt, ist fraglich. Aber selbst dann, trotz Wikipedia und weiterführenden Deutungswerken erschließt sich nicht ohne Weite­res der Sinn und vor allem der Nutzen des Begriffes. Wie verhält es sich mit Unsicherheiten, heute und früher? Wie verhält es sich mit Mehrdeutigkeiten, heute und früher? Verschafft Internet Macht, wie zum Beispiel beim „Generation Clash“ in Honkong? Schafft das Internet Abhängigkeit, wie in China oder weltweiten Anerkennungsfrust? Was werden die Jobs der Zukunft sein? Werden Beschäftigungsverhältnisse, wie wir sie kennen, keine Perspektive haben? Gibt es noch verlässliche Prognosen für das Wirtschaften in bekannten Bahnen?

Es ist schon erstaunlich, wie wir uns an Unsicherheiten abarbeiten, vorhandenen wie erfundenen. Wir versuchen uns in ständiger Selbstreflexion zu behaupten, misstrauen aber jeder Selbstversicherung unserer Wahrnehmung, unseres Urteils und dem Gestaltungswillen künftiger Generationen.

Kein Akronym kann hinlänglich die Wirklichkeit beschreiben, noch uns Rezepte für die Bewältigung der Zukunft liefern. Hilfreich wäre es, sich auf die eigene Kraft der Gedanken und Gefühle zu besinnen, um daraus soziale Muster zu formen, die betreutem Denken widerstehen und „Selbstoptimierung“ in einem verantwortlichen Umgang mit anderen Menschen und den Herausforderungen der neuen Zeit erlauben. Wir Menschen machen sicher nicht alles richtig, sind aber fähig, unpassende Verhaltensweisen zu korrigieren.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Dataismus

Was unter Dataismus verstanden werden soll, muss noch geklärt werden. Was Dadaismus ist, wissen inzwischen etliche Menschen, die sich mit Geschichte und Kultur befassen. Eine der Hauptmerkmale des Dadaismus ist die Dekonstruktion, d. h. die planmäßige oder mutwillige Zerlegung vertrauter Vorgänge, um Bilder zu erzeugen in den Bereichen Kunst, Literatur und Musik, damit sie sich einer geänderten Betrachtung erschließen.

Wie verhält es sich mit dem Dataismus? Auf welcher Dekonstruktionsgrundlage bewegt sich dieser Ismus? Vermögen wir vom Dataismus zu sprechen, weil die Daten die Zerlegung vertrauter Sprache, Bilder und Musik in elektronische Impulse ermöglichen? Aber selbst, wenn man dies bejahen würde, kämen dann nicht Zweifel auf, ob Dadaismus und Dataismus sich vertragen, denn während Dadaismus die Dekonstruktion von Systemen propagiert, beruft sich Dataismus notwendigerweise auf Regeln, sprich Algorithmen.

Dadaismus reflektiert die Form und schafft dort Brüche und Veränderungen, die sich auf die Inhalte auswirken, während Dataismus sich formstreng gebärdet und inhaltlich verwaltet, was an Daten angeboten wird. Allein die technische Dekonstruktion schafft nichts Neues, ist aber in seiner Wirkung weit mehr, als ein reflektiver Dadaismus zulassen konnte.

Die Absurdität des Dataismus beruht in der unendlichen Verfügbarkeit von Daten, die sich systemisch kontrolliert in unermesslicher Vielfalt verbünden, auseinandergehen, sich vertrauen und verraten, Wahrheiten technisch behaupten oder liefern, ohne daran Anteil zu nehmen. Im Sinne einer Entgrenzung des Denkens und Fühlens kommen sich Dadaismus und Dataismus allenfalls asymptotisch nahe.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Genau

Wer kann mir erklären, was „genau“ ist? Die Impulse der Weltzeituhr? Und was teilt sie mir genau mit? Dass die implantierten Algorithmen exakt das erwartete Ergebnis bringen? Das ist erwartbar? Und was erwarten wir so von der Genauigkeit im Alltag? Dass Schichtsirenen oder Kirchenglocken punkt 12.00 Uhr aufheulen bzw. läuten, um die gedachte Hälfte des Tages anzuzeigen?

Aber, was ist dann schon genau? Manchmal geschieht dies etwas vor 12.00 Uhr, das andere Mal mit einer bestimmten Zeitverzögerung, die vielleicht der Mechanik geschuldet ist. In der Realität können wir es mit der Genauigkeit nicht so genau nehmen. Wahrscheinlich haben wir uns daher menschenweit, zumindest in Deutschland, verabredet, fast jeden Satz mit dem Schlusspunkt: genau! zu versehen.

Was ist das für eine Genauigkeit, die wir damit meinen? Ist es eine Form der Bekräftigung oder die Hoffnung, dass das auf die Reise geschickte Argument verstanden wird? Genau dies ist für mich völlig unklar. In einer Welt, wo fast alles ungefähr ist, bis auf vielleicht die Algorithmen, erscheint mir „genau“ wie eine Hilferuf, ein Strohhalm, an dem ich mich klammern kann, wissend, dass ich selbst nichts weiß und ich meine Unwissenheit dadurch mit anderen teile, dass ich diese mit „genau“ bekräftige.

Genau ist die Schwester von „alles klar“. Mit beiden Begriffen vermag ich die Lästigkeit des Verstehens abzuwimmeln, halte Nachfragen für überflüssig, fördere das Vergessen oder ermögliche inhaltsleere Tweets, Blogs oder Whats-App-Nachrichten. Was auch immer.

Mit ´genau´ und ´alles klar´ verlasse ich behänd irgendeine Aussage und eile zur nächsten, um schließlich völlig unbelastet das zu denken, zu machen oder zu fühlen, was mich eigentlich jenseits aller Genauigkeit und jenseits von Klarheit umtreibt. Ich bin wieder frei, zumindest bis zur nächsten Herausforderung. Genau. Alles klar? Hm.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

turn around

Wie wäre es damit, dass wir einmal ganz anders denken. Dies könnte so geschehen, dass nicht wir ein Geschäftsmodell haben, welches wir umsetzen wollen, um daraus für uns Profite zu ziehen, sondern das Modell von denjenigen bestimmt wird, die es angeht: den Mietern, den Pflegebedürftigen, den Verbrauchern und Erholungssuchenden, um nur einen Teil des potentiellen Klientels zu benennen.

Es geht mit anderen Worten um Stakeholder Value „first“, Shareholder Value „second“. Es geht darum, den Akteuren nicht nur ein ausgeformtes Duldungsrecht zu gewähren, sondern sie in das Zentrum des Handelns zu stellen. Wohnen, Essen, Trinken, Arbeiten und Kommunikation sind Primärrechte eines jeden Menschen, die er einfordern kann. Zurückzuweichen haben dabei sämtliche Profitinteressen derjenigen, die in der Lage sind, entsprechende Vorsorgen zu gestalten.

Im Shareholder-Kontext des Kapitalismus sind die Bedürfnisse der Menschen der Impuls für ein Geschäftsmodell, das in erster Linie nicht darauf gerichtet ist, diese Bedürfnisse zu befriedigen, sondern dies der Bedürfnisbefriedigung Gewinne zu erzielen. Viele halten ein solches Modell für alternativlos, weil sie glauben, dass nur dann Menschen bereit sind, etwas zu tun, wenn sie den Eigennutzen, den sie daraus ziehen, vorab kalkulieren können. Dabei schränken sie aufgrund Kurzsichtigkeit die Möglichkeit umfassendere Gewinne zu erzielen, erheblich ein.

Die vorbeschriebene Art der Gewinnerzielung geht oft einher mit Misstrauen, Argwohn und Konfrontation. In einer Verantwortungsgemeinschaft von Stakeholdern dagegen ist es durchaus denkbar, dass die Gewährung von Leistungen rekompensiert wird mit Anerkennung, Verlässlichkeit, Respekt und Ehrlichkeit, um nur einige Aspekte zu nennen. Die Vorteile liegen auf der Hand.

Von den Leistungserwartungen der Stakeholder aus gedacht, verringern sich die Reibungsverluste und werden im konkreten Fall zum Beispiel Abfall vermieden, Wohnraum erhalten, überhaupt eine sozialverträgliche Umwelt gestaltet. Hier wurde bisher wenig erprobt, und zwar deshalb, weil viele immer noch glauben, dass nur die Erwerbssucht der Menschen und das Versprechen eines lebseitigen monetären Zugewinns motivierend sein kann.

Dabei könnte ein Umdenken unerwartete Potentiale freisetzen, Abgrenzungen öffnen und zu einem Miteinander führen, das wir dringend benötigen, um Zukunftsaufgaben zu lösen, für die der jetzige Kapitalismus nicht geschaffen ist.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Inter-Journey II

Vor Jahrzehnten lernte ich, mich in meinem Körper zu bewegen und Kontakt aufzunehmen mit meinen Organen, insbesondere dann, wenn sie vorübergehend gestört waren. Ich nahm so Schmerzen in den Füßen wahr, begab mich mental dorthin, besprach die Situation und wir, also mein Bewusstsein und das Organ, fanden eine Lösung.

Inter-Journey beruht auf einem Bewusstseinstraining und es kann die Frage erlaubt sein, ob wir die Fähigkeit im Körper mit eigenen Organen Kontakt aufzunehmen nicht auch auf unser Bewusstsein, ggf. auf andere Lebewesen und die Natur insgesamt ausdehnen können. Wir sind in unserem Bewusstsein unbegrenzt und auch in der Natur und mit der Natur ein und dasselbe. Immerzu definieren wir aber unsere Grenzen und unsere Abgrenzungen, damit wir wohlgestaltet unser Leben in endlos erprobten Ritualen bewältigen können.

So wie viele es vermeiden, sich selbst in ihrem Körper zu begegnen und zum Beispiel mit dem Darm Kontakt aufzunehmen, nachdem wir gerade einen Doppelcheeseburger gegessen haben. So vermeiden wir auch, uns in das Tier hinein zu empfinden, was getötet werden musste, damit uns der Burger schmeckt. Es geht mir bei dieser Betrachtung gar nicht darum, für Vegetarier oder Veganer zu werben, sondern generell das Bewusstsein für die Vorgänge allgemein zu fördern und darauf zu drängen, dass wir durch Reisen in unser Inneres durch Wahrnehmung komplexer Zusammenhänge mehr erfahren, als nur einen Schmerz, ein Gefühl der Sättigung oder des Überdrusses. Es gilt, immer wieder etwas zu entdecken, vorzudringen in bisher nicht bedachte Räume, die mit einer entsprechenden Selbstermächtigung zu einer reflektierten Reise eröffnet werden können.

Natürlich erfordert dies Mut, weil auf dieser Expedition ins eigene Bewusstsein auch Unangenehmes zu Tage treten kann, aber insgesamt verschafft die Erweiterung von Erkenntnissen Freude und schließlich auch Glück.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Würde

Kaum ein Artikel des Grundgesetzes wird so viel bemüht, wie Artikel 1 GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Diese Bestimmung postuliert nicht nur den Abwehranspruch des Bürgers gegen den Staat und die Rechtsgewährung durch den Staat, sondern entspringt auch einem humanistischen Ideal, dass im Kollektiv die Würde jedes einzelnen Menschen zu erhalten ist.

Nichts ist dagegen zu sagen, aber was bei dieser Betrachtung vergessen wird, ist, dass der Mensch, dem die Würde zuteil wird, auch den Anspruch darauf erheben muss. Selten habe ich gehört, dass ein Mensch von sich sagt, dass er seine Würde beanspruche. Ein Mensch, der das tut, verlässt mit diesem Anspruch den Bereich der Zuweisung im gesellschaftlichen System und gefährdet dadurch die „väterliche“ Aufsicht.

Der seiner Würde bewusste Mensch beansprucht Teilhaberschaft, Freiheit und Verantwortung. Jede staatliche Zuweisung fordert zum Widerspruch auf und jede durch Sinn begründbare Einschränkung seiner Freiheit kann er annehmen oder ablehnen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Verhältnis zum Staat, sondern auch im Verhältnis zu jeglicher Ideologie, Religion und sonstigen Lenkungsstrukturen.

Ein sich seiner Würde bewusster Mensch lässt eine Zuweisung als „abgehängt“ genauso wenig zu, wie die eine „Heuschrecke“ zu sein. Es ist vielmehr seine durch Verantwortung definierte Selbst- und Kollektivwahrnehmung, die sein Bewusstsein und sein Handeln bestimmt. Zweifellos ist ein sich seiner Würde bewusster Mensch schwerer zu manipulieren und zu steuern, als ein solcher, dem die Würde nur noch als Trostpflaster in einer ungerecht empfundenen und vom Konsum, Sozialhilfe und Hartz-IV bestimmten Gesellschaft verbleibt.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Wohnung

Nach meiner Auffassung wird die Geschichte des Wohnens völlig falsch erzählt. Die gängige Geschichte ist, dass es Eigentümer von Häusern oder Wohnungen gibt und diese als Vermieter Wohnungssuchenden ihre Wohnungen zur Nutzung auf Zeit überlassen. Das stellt die Wirkgeschichte des Wohnens eigentlich auf den Kopf. Betrachtet man den Vorgang richtig, ist der Handelnde nicht der Vermieter, sondern der Mieter, der zwecknotwendigerweise Dritte, wie den Eigentümer bzw. Vermieter benötigt, um seine Wohnbedürfnisse zu befriedigen.

Um das Vorhaben des Mieters umzusetzen, stellt sich die Frage, was andere leisten können, sollen oder müssen und was der Mieter selbst zu leisten im Stande ist, um seine Wohnbedürfnisse zu befriedigen. Dabei geht es auch um die Suche einer geeigneten Wohnung, Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse und Interessen, um die zu zahlenden Entgelte, Finanzierung, Darlehen, Ausbau und Unterhaltung.

Es ist wichtig, wie die Geschichte des Wohnens in der Gesellschaft erzählt wird. Der Mieter ist nicht Bittsteller und der Vermieter auch nicht der Despot, sondern es handelt sich um eine Übereinkunft auf gesellschaftlicher Ebene, menschliche Grundbedürfnisse wie Wasser und Energie zu gewährleisten. Es geht aber auch um Glücksmomente, denn Wohnen, das nicht als Belastung empfunden wird und auch nicht in erster Linie der Profitgier von Vermietern dient, schafft Selbstbewusstsein, unternehmerische Bereitschaft und Zufriedenheit.

Wie die Gewährleistung von Bildung gehört auch die Gewährleistung von Wohnen zu den grundlegendsten Verpflichtungen unserer Gesellschaft und kann nicht allein vom Geld, Zufällen und vom Vermieter abhängig gemacht werden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Terror

Was sich täglich in den Köpfen der Menschen und auf der Straße terroristisch entwickelt, ist weit entgrenzt. Dem verbalen Terror in Medien und auf der Straße kann nicht mehr mit Polizeimaßnahmen und Justiz begegnet werden. Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Verachtung anderer Menschen bis hin zur blanken Zerstörungswut haben Besitz nicht nur von einzelnen Menschen, sondern auch Gruppen gewonnen und erobern sich zunehmend Deutungshoheit.

Dies wird verstärkt durch Klüngel und Parteien. Darauf mit Entsetzen und Abscheu zu reagieren, schafft Terrorismus nicht ab, sondern verstärkt nur dessen Auswirkung durch Selbstbestätigung der Protagonisten. Wer in der Gruppe stolz auf sein Verhalten ist, wird durch Angriffe auf dieses soziale Selbstverständnis in seiner Haltung noch bestärkt, anstatt zur Aufgabe bewogen.

Was könnte dann helfen? Möglicherweise der Ansatz, dass die Medien und wir in der Gesellschaft, auf der Straße und in der Politik davon reden, dass nicht nur unsere deutsche, sondern auch unsere europäische Errungenschaftsgemeinschaft ein Erfolgsmodell aller erster Güte ist. Ich persönlich möchte in keinem anderen Land der Welt leben. 70 Jahre ohne Krieg, ein Land, das liberal, offen und in der Lage ist, die Fehler ihrer Politiker zu verschmerzen, sich entwickelt, Einkommen sichert und jedem Menschen unfassbare Möglichkeiten eröffnet.

Es ist es wert, täglich dafür anerkannt und gelobt zu werden, anstatt es mit Hasstiraden zu überziehen. Mögen manche glauben, sie seien das Volk, aber ein Volk ist keine Momentaufnahme und schon gar nicht eine Gruppe, ein Volk sind alle Menschen, die in einem Gebiet leben und Völker in noch mehr Gebieten. Keiner kann sich anmaßen, mehr Volk als der andere zu sein und schon gar niemand ist berechtigt, dem anderen weißmachen zu wollen, er sei mehr Volk als er.

Wer sein Volk liebt, der freut sich an der Bundesfahne, der Hymne und der Vielfältigkeit der Menschen, die hier leben. Sie tun alle etwas dafür, dass es uns so gut geht, sei es im Osten, sei es im Norden, Süden oder Westen. All das, was für Deutschland gilt, gilt auch für Europa, wir verdanken ihm unsere Einheit, unseren Wohlstand, unser Glück und unsere Lebensperspektive.

Wir sollten uns zu Deutschland bekennen aus Respekt gegenüber unseren Vorfahren und aus Achtung gegenüber unseren Kindern, die dafür sorgen werden, dass es mutvoll und glücklich mit unserem Land weitergeht.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski