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Zuversicht

Wird schon werden. „Heile, heile Segen, morgen gibt es Regen, übermorgen Schnee, tut der Finger nicht mehr weh.“ Eltern verstehen, ihre Kinder nicht nur zu trösten, sondern ihnen auch eine Perspektive aufzuzeigen, wenn sie sich zum Beispiel in den Finger geschnitten oder sich mit anderen Kindern gezankt haben.

Diese selbstverständliche Zuversicht scheint manchem in Bezug auf andere Menschen und das Leben abhandengekommen zu sein. Ständig werden zudem Gefahren beschrieben, die uns durch Klimawandel, wirtschaftlichen Verfall und Überbevölkerung drohen könnten. Die Welt ist voller Gefahren, aber kaum noch ein Tröster ist vorhanden, der mit „Heile, heile Segen…“ dafür sorgt, dass Menschen wieder Mut fassen, Schmerzen überwinden und hoffnungsfroh ihre Zukunft gestalten. Werden wir so mangels Perspektive zu Antinatalisten? Ich hoffe nicht.

Alle weltlichen und religiösen Schöpfungsverkündungen wimmeln seit Menschengedenken von gefährlichen Szenarien, die letztlich wieder eingefangen werden könnten durch Versprechen, wie, dass dies doch schon immer so gewesen sei, Veränderungen stets möglich und wahrscheinlich seien, objektive und subjektive Bedingungen sich änderten, Langeweile und Erschöpfung schließlich alles erledige. Niemals, so ist dies historisch bestätigt, wurde das letzte Wort gesprochen, sondern es fand sich stets ein weiterer Ausweg, gab es Gründe, wieder an Aufbruch und Neubeginn zu glauben.

Da seit dem Urknall nichts endlich sein kann, gibt es gute Gründe, die Zuversicht zu hegen und in Momenten der Verzagtheit, andere und sich selbst an später zu erinnern, an eine bessere Zeit.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Punktgenau

Zuweilen wirken politische Entscheidungen, zumindest in Deutschland, wie aus der Zeit gefal­len. Beispielsweise soll hier das Namens- und Geschlechtergesetz erwähnt werden. Während in der Ukraine und im Nahen Osten sich die Kriegsgeschehen massiv weiten und auch die Me­dien über unsere fehlende Verteidigungsfähigkeit spekulieren, die Wirtschaft schwächelt und die Politik zu Sparzwängen angehalten ist, wird erstaunlicherweise die politische Diskussion fast trotzig von den politischen Einschätzungen zum Straßenverkehr, den Blütenstreifen auf Ackerflächen und vom Familiengeld geprägt.

Fraglos sind dies alles Themen, die einer politi­schen Bewertung zugänglich sind, ggf. im Bundestag verhandelt werden müssen, aber mit wel­cher Priorität sollte dies geschehen und zu welcher Zeit?

All dies ist offenbar in einer Agenda aufgeführt, die vor langer Zeit festgelegt wurde. Deren Inhalt ist aber rückbezüglich, stammt aus ehemaligen Parteiprogrammen, leitet sich ab von der DNA heutiger Amtsträger, wurde festgezurrt im Koalitionsvertrag und schließlich den einzelnen Ministerien bzw. deren Amts­trägerschaft zugeteilt. Die Ressortverteilung bestimmt jenseits der politischen Binnen- und Weltlage zudem den politischen Verhandlungsgegenstand. Da die Zuteilung einzelner Ressorts nach Präferenzen der Parteien erfolgt ist, liegt es in der Selbstermächtigung des jeweiligen Amtsinhabers, seine Agenda während seiner Amtszeit nach Gusto umzusetzen. Und, so soll es nach Ansicht der jeweiligen Amtsinhaber auch geschehen, dafür werden sie mit den finanziel­len Mitteln ausgestattet und können sich dabei selbstbewusst auf schriftlich festgelegte Abspra­chen berufen.

Nun aber erfährt unsere Gesellschaft das Weltgeschehen, also all unsere Zustände insgemein, eine ständige und sehr rasche Veränderung. Damit erscheint die genannte politische Agenda sehr oft wie aus der Zeit gefallen, unfähig, situativ auf zeitgegenwärtige Probleme an­gemessen zu reagieren und stattdessen das Drehbuch für Debatten zu liefern, die selbstverständ­lich auch behandelt werden sollten, aber nicht unbedingt jetzt. Wann ist es aber die richtige und wann die falsche Zeit dafür?

Eine Demokratie zeichnet sich nicht nur durch die Vielfältigkeit des politischen Verhandlungsgegenstandes, sondern auch dadurch aus, dass sie zäh dem Zeit­geist trotzt. Dennoch sollte sie in der Lage sein, flexibel mit ggf. notwendigen oder erforderli­chen Verschiebungen im Fokus einer Legislaturperiode dazu in der Lage sein, Prioritäten kon­zentriert zu verabreden und die öffentliche politische Debatte nicht mit Themen zu strapazieren, die als zeitgemäß empfunden werden. Trotz aller Verabredungen und Vorbefasstheiten hin­sichtlich der politischen Agenda, sollten deren Handlungsbevollmächtigten ihr Handeln punkt­genau auf aktuelle Anforderungen ausrichten können.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Veränderungen

Was ist denn so schlecht an den Hipstern? Eigentlich gar nichts. Was ist schlecht an der Zukunft? Gar nichts. Was ist schlecht an Neuem? Gar nichts. Was ist schlecht an Unkonventionellem? Gar nichts. Was ist schlecht an Einseitigkeiten?

Alles! Diejenigen, die Andere dazu ermuntern, alte Zöpfe abzuschneiden, sehen sich dazu legitimiert, da das Leben Veränderungen benötige. Ja, Veränderungen sind nötig, aber ist es dazu erforderlich, radikale Maßnahmen einzusetzen, wie Zöpfe abzuschneiden? Ich bin mir da nicht sicher. Es ist natürlich möglich, sehr schnell das eigene Aussehen, wie auch das Aussehen Anderer zu verändern, aber dient man dadurch der Veränderung des Wesens selbst?

Sich verändern, beinhaltet begrifflich, dass etwas vorhanden ist, von dem man sich entfernen will. Will der Mensch sich verändern? Er wird älter, Jahr für Jahr, aber selbst, wenn er 100 Jahre alt geworden ist, bleiben ihm Geburt, Kindheit und Jugend und natürlich auch sein Alter als ständiger Wegbegleiter. Wird er sich verändern, dies nicht mehr wahrhaben wollen, wird er sich selbst fremd. Verändern bedeutet daher, Entwicklungen zuzulassen, mehr zu erfahren und zu lernen und diese Bereicherungsmöglichkeit zu akzeptieren.

Wie im persönlichen Bereich, verhält es sich auch im gesellschaftlichen. Es gibt auch dort keine Veränderungen, keine Brüche, die eine kulturelle Vergangenheit vergessen machen könnten oder sollten. Sprache, Sitte und Anschauung sind keine alten Zöpfe, die man abschneiden kann, ohne sich auch gesellschaftlich fremd zu werden. Wir können allerdings zusätzlich gewinnen, wenn wir die Haare offen tragen, uns verschönern, wenn wir alle gestalterischen Möglichkeiten des Lernens und Erfahrens nutzen.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski

Falsche Optik/Wortwahl

Deutschland schafft sich ab. So lautet die gewagte These des Erfolgsautors Thilo Sarrazin. Ich halte sie für falsch. Wir Deutschen sind viel zu skeptisch gegenüber Veränderungen und Neuerungen als dass wir das Wagnis eingehen würden, uns selbst abzuschaffen. Aber zu unserem Wesen scheint auch eine Verunsicherung zu gehören, die uns zu drängen scheint, es allen recht zu machen und dabei selbst den Überblick zu verlieren. Vom Altbundespräsidenten Wulff stammt der seltsame Satz: „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Was wollte er mit dieser Aussage bezwecken? Den Religionsfrieden schaffen? Nein, er wollte ausdrücken, dass hier eine Willkommenskultur bestünde, Muslime auch in Deutschland so selbstverständlich seien wie Christen und Juden.

Aber, warum hat er dann nicht gesagt, dass Muslime zu Deutschland bzw. unserer Gesellschaft gehören, soweit sie deren Errungenschaften wertschätzen und unsere Gesetze und Regeln achten? Hierzu sind die Kirchen und Moscheen verpflichtet. Der Religionsausübung kann und darf ein gesellschaftlicher Vorrang vor unserem Grundgesetz nicht eingeräumt werden.

Nicht die Religion, sondern der Staat und unsere säkulare Gesellschaft genießen Priorität und Menschen jeden Glaubens können nur in diesem Rahmen durch Haltung überzeugen und Vorbild sein. Es gilt hier stete Überzeugungsarbeit zu leisten, ob als Christ, Jude oder auch als Moslem. Das ist eine Bringeschuld der Religionen gegenüber unserer Gesellschaft und keinesfalls darf die religiöse Überzeugung oder die Kirche einen höheren Stellenwert einnehmen als die Leitbilder dieser Gesellschaft, damit sich deren Toleranz entfalten kann.

Eine falsch verstandene Toleranz oder sogar die Vereinnahmung von Religion durch die Gesellschaft behindert den Integrationsprozess und sollte dringend abgeschafft bzw. verhindert werden.

Hans Eike von Oppeln-Bronikowski